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Alt 17.03.2012, 08:19
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Papa hat schlecht differenziertes Adeno-Ca der Lunge mit Fernmetastasen :((

Liebste Jessy,

das ist für euch alle drei ganz besonders schwierig. Ich denke genauso wie du. Wahrscheinlich muss dein Papa das Thema Sterben und Tod ein wenig "karikieren", damit er den Gedanken daran überhaupt ertragen kann. Niemand von uns weiß letztlich, was "danach" geschieht und deshalb finden wir die Vorstellung ja auch alle bedrohlich, beängstigend. aber weißt du, so schlimm es ist, dass ihr jetzt darüber sprecht, es ist auch sehr gut, dass dein Vater sich damit auseinander setzt und euch daran teilhaben lässt. Er öffnet sich und ihr habt die Möglichkeit, mit ihm zu reden. Ich habe am Mittwoch in der Trauergruppe davon erzählt, dass mein Vater gleich nach der Diagnose mit mir über seine Beerdigungswünsche sprach und darüber, was er sich von mir wünscht, wenn er nicht mehr da sein sollte. Es hat damals so weh getan und da saßen wir beide auf der Terrasse und haben anfangen müssen zu weinen. Das war das zweite Mal in meinem Leben, dass ich meinen Vater weinen sah und das war schrecklich für mich, denn ich konnte ihm ja nicht einmal sagen "Alles wird gut", weil ich genau so große Angst hatte wie er. Ich hatte Angst, ihn zu verlieren und er hatte Angst davor, dass er uns zurück lassen muss und davor, dass meine Mama nicht zurecht kommen würde. Und am Mittwoch erzählte ich aber auch, dass ich im nachhinein so froh bin, dass ich mit ihm über dieses Thema sprechen durfte. Denn so konnten wir nach seinem Tod die Trauerfeier genauso gestalten, wie er es sich gewünscht hatte und alles in seinem Sinn organisieren und durchführen.
Ich glaube, dass es gut ist, dass dein Papa sich mit dem Thema auseinander setzt. Auch das nimmt ihm ein wenig von dem Druck und der Angst, die auf ihm lasten. Zumindest sagte mir das mein Vater, als er auf der Palliativstation lag. Und das Buch "Der Tod und das Leben danach" habe ich auch gelesen. Allerdings in einem sehr viel späterem Krankheitsstadium meines Vaters. Ich hatte so wahnsinnige Angst davor, dass wenn man stirbt, man eben ganz allein ist und in dem Buch schildert Elisabeth Kübler-Ross die Phasen sehr detailliert. Und es ist gerade nicht so, dass der Sterbende allein ist. Jeder von uns habe einen Schutzengel, einen Geistführer, der uns unser Leben lang begleitet und über uns wacht. Und dieser Schutzengel weicht nicht von unserer Seite. Außerdem hätten viele Sterbende berichtet, dass "Vorausgegangene", zu denen sie eine innige Beziehung hatten, auf sie warten würden am Sterbebett. Und die helfen ihnen dann beim Übergang. Für mich war genau das sehr tröstlich. Du musst das Buch jetzt auch noch nicht lesen, wenn dir so komisch dabei zumute ist. Du wirst wissen, wann der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist.
Ich glaube auch, dass schwer kranke Menschen wohl unterschiedliche Gefühlsphasen durchmachen müssen. Von Traurigkeit, Fassungslosigkeit über Wut, Nicht-akzeptieren-wollen, Verleugnen bis zur Depression. Da ist bestimmt alles dabei. Und vielleicht geht es uns, da wir diese Menschen begleiten ähnlich. Ich finde, dass du deinen Vater ganz wundervoll in seiner Krankheit begleitest! Du bist da und versuchst immer, dich in ihn hineinzufühlen. Und das hilft ihm ungemein, dieser Rückhalt, den er von euch bezieht.
Also meine liebe Jessy, ich hoffe, dass heute wieder die Sonne scheint und dass du den Tag genießen kannst!!!
Ich umarme dich ganz fest,
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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