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Alt 23.11.2013, 14:49
Betty28 Betty28 ist offline
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Standard Meine Eltern... Gekämpft und doch verloren....

Hallo ihr Lieben....

Ich war vor einigen Jahren hier kurz aktiv zum Thema Lungenkrebs, als meine Mama erkrankt ist.
Nun möchte ich meine Geschichte erzählen. Ich bedanke mich schon mal fürs lesen. Ich bin 28 Jahre alt, habe meine Eltern an Krebs verloren. Mein Daddy starb als ich 11 Jahre alt war an Prostatakrebs.
Nun 1 1/2 Jahre her, dass auch meine Mama, mein Fels in der Brandung, meine beste Kollegin mich verlassen hat. Noch immer bin ich noch nicht darüber hinweg. Wie oft sehne ich mich danach, sie anzurufen, dass sie mich in ihre Arme nimmt, sie zu hören wie sie sagt dass alles gut wird und sie mich lieb hat.
Seit meinem letzten Geburtstag vor 3 Wochen ist es ganz schlimm. Ich sah mir die Geburtstagskarten an, von den letzten Jahren und konnte nicht aufhören zu weinen. Seither ist auch der Tod von meinem Vater wieder ganz nah. Die ganzen Bilder sind wieder präsent. Er hatte zum Schluss Metas überall, die CT Bilder waren übersät mit weiss makierten Punkten, die den Krebs zeigten. Wie er kaum noch essen und trinken konnte, wie dünn und ausgemergelt er aussah, wie Schmerzen er hatte, sogar seine Zähne bröckelten ab, er spuckte regelmässig Teile aus.
Meine Mama und ich kümmerten uns bis zum Schluss zu Hause um ihn. Mama lernte sogar Morphium zu spritzen. Ich weiss noch, wie er sie am Abend einmal anflehte, sie solle ihn doch bitte erlösen. Das war so unglaunblich grausam, ich habe meinen Daddy bis dahin nie weinen gesehen.
Um so schlimmer traf es mich, als im September 2008 bei meiner Mama ein nicht kleinzelliges BC (Adeno) diagnostiziert wurde.
Alles fing im Sommer an, sie verspürte immer wieder ein Stechen im unteren linken Rippenbogen, in der Herz Region. Ich wollte meine Mama dazu bewegen ins KH zu gehen, da ihr Hausarzt keine Ahnung hatte, was es sein könnte. Er schickte sie zum Herz-Spezialist, EKG alles ok. Blutwerte auch alles in Ordnung, röntgen der Lunge auch keine Auffälligkeiten.
Bis im September dann ein starker Hustenreiz einsetzte, nächtliches Schwitzen und das Stechen sich dann in starke Schmerzen umwandelte.
Sie ging dann wieder zum Hausarzt, Blutwerte waren nicht gut, Entzündungswert war hoch, sie bekam Breitband Antibiotika, das ging 2,3 Tage gut, dann fing sie an hellrotes Blut ab zu husten. Er organsierte dann ein Thorax CT mit Kontrastmittel im KH. Meine Mama wollte das Ergebnis natürlich wissen und blieb noch länger im KH um auf den Bericht zu warten. Statt dessen bekam sie sofort eine Überweisung in die Uniklinik. Wasser in der Lunge und verdacht auf ein BC.
Ich war total schockiert. Meine Welt brach zusammen, ich versuchte stark zu sein, doch auf der Arbeit war ich nur am heulen. Immer wieder kreisten meine Gedanken um das Wort Krebs. Bitte, bitte nicht auch noch meine Mama.... Wie grausam kann das Leben noch sein???????
Ich besuchte sie am Abend , am Tag der Lungenpunktion (1,5 Liter), sie war gerade mal 2 Tage im KH doch ihr Anblick schockierte mich extrem. Sie hatte deutlich abgenommen, (sie war schon immer sehr zierlich gebaut) ihre Gesichtsfarbe hatte einen gräulichen Ton angenommen und sie war sehr kurz atmig. Da kam auch schon Ihr Arzt und wir hatten die traurige Gewissheit, es wurden bei der Punktion Krebszellen gefunden.
Für den nächsten Tag stand dann eine MRT an, Thorax und Kopf plus Lungenspiegelung, damit man weiss mit welcher Sorte nun der Kampf aufgenommen werden soll.
Auch da, keine guten Nachrichten.
Nicht kleinzelliges BC (Adeno) im linken Unterlappen(4x4 cm), inoperabel, mit mehren Metas auf beiden Lungen, Zwerchfell, Leber und 1 betroffener Lymphknoten (alle ca. 1,5cm gross) Kopf jedoch unauffällig.
Sie wurde dann entlassen, mit den schönen Worten des Allgemeinmediziners : Wir können hier leider nichts mehr für sie tun! (wie verdammt unsensibel manche Ärzte sind, echt zum kotzen!!!!!!!!!!!)
Wir hatten 3 Tage später einen Termin auf der Ambulanten Onkologie beim Oberarzt. Ich ging mit meiner Mama mit, da ich viele Fragen hatte.
Nun auf der Onkologie ein völlig anderes Bild, als auf der Allgemeinen. Alle sehr lieb, nett , fürsorglich und menschlich. Ich fühlte das meine Mama hier sehr gut aufgehoben ist. Auch der Oberarzt nahm sich sehr viel Zeit für unsere anliegen und fragen. Sprach uns Mut zu. Er erklärte uns, das es nicht heilbar sei und dass man ihn im Sommer nicht auf den Röntgenbilder gesehen hat, liege daran, dass er im Schatten des Herzes gewachsen sei, bei einem CT hätte man den Tumor gesehen.
Ich war natürlich für den ersten Moment richtig sauer auf meine Mama. Warum hat sie kein Druck gemacht damals beim HA??? Warum hat sie nicht auf mich gehört??? Ich war so depremiert, hilflos, verzweifelt… Hätte, wäre, wenn…
Er hat uns aber auch gesagt, wenn wir nun mit der Chemo beginnen, dass wir noch etwas Zeit rausschlagen können. Ich weiss noch wie ihn meine Mama ihn damals angeschaut und gefragt hat, ob 4-5 Jahre machbar wären. Er meinte darauf, dass er und sein Team das Beste geben wird. Wir einigten uns das wir dann gleich zu Wochenbeginn mit der 1. Chemo beginnen (alimta/carboplatin) und so wurde sie auch gleich vorbereitet mit Vitamin B12 und Vitamin Spritze.
Das aber war meiner Mama zu wenig und wollte sich unbedingt noch eine 2. Meinung einholen. Sie konnte und wollte nicht wahr haben, dass es keine Heilung geben wird.
So ging sie 1 Tag später in eine Privatklinik, wo sie zu aller erst div. Papiere unterschreiben musste. Dann ihr Arzt, ein allgemein Mediziner, wollte dass sie sofort mit der Einahme von Tarceva beginnt. Ich habe mich dann übers Inet schlau gemacht und gelesen, dass die Tabletten nicht für erst Behandlungen bestimmt sind. Ich habe ihn am gleichen Abend noch aufs Handy angerufen und ihn damit konfrontiert. Worauf er ziemlich pampig wurde und mir gesagt hat, ich soll ihm die Tabletten zurück schicken, da die sehr teuer wären. (Wollte wohl nur Geld an meiner Mama verdienen)
So ging dann meine Mama zur 1. Chemo in die Uniklinik….
Die Zyklen mit Alimta und Carboplatin waren eine Achternbahnfahrt. Am Anfang ging es ganz gut, sie bekam gute Medis gegen Übelkeit, die Schmerzen wurden besser und auch das Atmen. Doch dann fing es an mit Lungenentzündungen, Blutwerte waren im Keller, einmal war es so schlimm dass sie Blutkonserven brauchte. Ich hatte richtig Angst, sie war so müde und wollte oft nicht aufstehen. Versuchte ihr gegenüber aber immer positiv zu sein und hab ihr immer wieder gesagt, dass es dem Krebs noch viel schlimmer gehen muss. Sie fing dann auch plötzlich an mit zu kämpfen. Informierte sich über Ernährung ( Krebs mag keine Beeren ect.) schränkte auch das Rauchen ein und wollte LEBEN!
Dann kam der grosse Tag, Kontroll CT stand an.
Es war ein Teil Erfolg, die Metas auf Leber und Lymphdrüse waren weg, Metas auf Zwerchfell und den beiden Lungenflügel auch weniger und geschrumpft (auf Stecknadelkopf grösse), aber der Tumor hatte immer noch die gleiche grösse wie zu beginn. Kopf immer noch unaufällig.
Meine Mama war traurig, sie hatte sich mehr erhofft. Aber sie wollte nicht aufgeben. Die Kämpferin war nun erwacht.
Es ging weiter mit Tarceva. Obwohl wir sehr,sehr skeptisch waren. Nebenwirkungen hatte sie unter Tarceva praktisch keine, sie hat mir nur erzählt, dass der Haupttumor manchmal zwickt. Sie war in der Zeit auch sehr aktiv, Freundinnen besucht, Kaffee trinken, ihren Garten gepflegt. Sie sah auch viel besser aus, hat zu genommen und man hat ihr die schwere Erkrankung gar nicht mehr angesehen. Ich habe die Zeit mit ihr sehr genossen.
Dann kam wieder der grosse Moment des Konroll CTs.
Leider auch nur wieder einen Teil Erfolg. Die Metas auf Lunge und Zwerchfell waren gewachsen (alle ca 1cm gross). Dafür war der Haupttumor auf 2x2cm geschrumpft. Kopf unauffällig.
So holte man die nächste Chemiekeule raus.
Cisplatin/Gemzar alle 2 Wochen, dazwischen Gemzar mono Therapie. Meine Mama war total in kämpfer Stimmung. Müsli mit viel Beeren waren jeden Tag auf dem Speiseplan, sowie 3 Liter grün Tee am Tag und das Rauchen hatte sie nun total eingestellt. Ich war so stolz auf sie!!!!!!!
Am Anfang ging es recht gut. Übelkeit hatte man dank den Medis im Griff, Blutwerte waren auch immer ok, keine Entzündungen, doch plötzlich fing der Hustenreiz wieder an. Meine Mama würgte grosse, weisse und stinkende Klumpen mehr mals am Tag raus. Ich redete mit ihrem Onk Doc, der meinte es wären die Metas in der Lunge die nun Zerfallen würden.
Aber sonst ging es ihr gut. Sogar der Lungenfunktionstest war gut. Sauerstoffsättigung von 98%.
Darum erwarteten wir am 31.12.2010 mit Spannung die Ergebnisse vom Kontroll CT…
ALLES WEG! Ich konnte es fast nicht glauben… Mir liefen Tränen der Freude.
Sogar unser Onk Doc, der Oberarzt war sehr überrascht und ausser sich vor Freude. Was für ein toller Silvester! Was bei meiner Mama dann geschah, weiss niemand. Sie liess sich in den kommenden Monaten völlig gehen. Ihre Depressionen hatten sie wieder im Griff, sie rauchte und trank wieder. Ernährung war ihr völlig egal. Kontrolle waren bis mitte März ohne Krebs Befunde, jedoch hat man dann bei ihr COPD festgestellt. Auch das war ihr völlig egal. Ich stand da, neben ihr und musste zu schauen wie sie nun alles wieder kaputt macht. Ich war tief traurig und verzweifelt. So verzweifelt, dass es in Wut ausartete. Wir hatten in der Zeit oft Streit, weil ich nicht wollte dass sie sich so kaputt macht. Es tat mir so weh. Aber sie wollte nicht, niemand konnte sie auf den richtigen Weg zurück bringen. Nicht mal ich.
Im November 2011 dann die Botschaft, Rezidiv mit Metas in Lunge, Leber, Zwerchfell, Nieren…. Kopf unaufällig.
Der Onk Doc setze dann nochmal eine Chemo an, in der Hoffnung das der Krebs nochmal zurück gedrängt wird. Novalbine kam dann zum Einsatz. Aber es brachte nichts… Auch COPD zerstörte unaufhaltsam die ganzen Lungenbläschen.
Meine Mama verlor ihre Haare zum ersten und letzten mal, wurde immer schwächer, schlief den ganzen Tag, nahm immer mehr ab bis auf 37kg bei 1.58cm, hatte grosse Schwierigkeiten beim atmen und laufen.
Wir bekamen im Mai 2012 ein Sauerstoffgerät, das ihr das atmen erleichtern sollte, Sie wurde dann auch immer wirrer… Wenn das Telefon geklingelt hat, nahm sie ihren Klappspiegel in die Hand, in der festen Überzeugung dass es das Telefon wäre, wusste nicht mehr ob die Pflegerin da war und konnte kaum noch trinken, weil sie sich immer verschluckte und so Atemnot bekam. Wenn man mit ihr sprach schlief sie ein. Sogar beim Essen schlief sie mit dem Löffel in der Hand ein. Obwohl sie eigentlich immer essen wollte. Das Sprechen viel ihr auch immer schwerer. Sie wollte, aber sie bekam kam kein richtiger Ton mehr raus.

Am 22. Juli 2012 als ich am Morgen aufwachte und zu meiner Mama ins Zimmer ging, fragte ich sie wie immer, ob sie ein Hörnchen und Kaffee möchte (das liebte sie, auch wenn sie nicht alles gegessen und getrunken hat) meinte sie nein… Das fand ich sehr komisch…. Kaum war ich aus dem Zimmer, war sie auch schon wieder eingeschlafen. Knapp 2 Stunden später hörte ich wie sie wach wurde und zur Toilette ging (sie wollte immer alleine aufs WC) doch sie liess dieses mal die Türe offen. Zum Glück, denn sie konnte alleine nicht mehr aufstehen und zurück ins Bett.
Zurück im Bett sagt sie zu mir, ich soll den RTW holen, sie stirbt, sie spüre es. Sie möchte nicht zu Hause sterben und sie möchte auch nicht dass ich dabei bin, ich solle sie Lebendig in Erinnerung behalten. Denn wenn sie ginge sei ihr Körper sowieso nur eine leere Hülle, aber ihre Seele immer bei mir. Genau so hat sie es zu mir gesagt.
Als wir im KH ankamen und der Notfallarzt sie Untersucht hat, hatte sie schon violett marmorierte Haut am Rücken. Er meinte auch, dass es ein wunder ist, das sie überhaupt noch ansprechbar ist. Sie hätte einen unbändigen Willen.
Sie bekam ein Zimmer in der Privatabteilung mit wunderschönem Blick auf See und Alpen.
Ich blieb bis 19.00Uhr bei ihr, hab sie gestreichelt, war einfach da. Sie war noch immer ansprechbar und verabschiedete sich mit den Worten, das sie mich liebt.
---- Um 20.25Uhr ist meine Mama für immer friedlich eingeschlafen----
Ich wäre gerne bei dir gewesen, liebe Mama… Aber du wolltest deine letzte Reise alleine antreten.

Ich vermisse dich und Daddy so sehr….
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