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Alt 20.07.2013, 13:24
berliner-engelchen berliner-engelchen ist offline
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Standard AW: 2. OP- ich würde mich über eure meinung und Hilfe freuen

Liebe Kathrin,

ich möchte Dich herzlich willkommen heißen bei uns. Du bist zwar schon richtig angekommen, wie ich lesen kann, aber ich war jetzt 4 Wochen nicht da bzw. online. Schön, dass Du zu uns gefunden hast. Klar, der Anlass ist besch.... aber kein Grund, den Lebensmut zu verlieren, auch wenn Du gerade manchmal das Gefühl hast.

Du beschreibst so intensiv und für mich so gut mit-fühlbar, wie es dir geht - ich fühle mich so sehr an mich selbst erinnert, in der Zeit vor 3 Jahren.

Zu so vielen Dingen, die Dir durch den Kopf gehen, möchte ich Dir Dinge schreiben und mitteilen, hoffe ich schaffe das nach und nach. (bin immer noch nicht endlich wieder zuhause).

Ja, es ist so endlich traurig, was dir passiert ist. Immer wieder ist das so, dass diese nicht spezialisierten KH "minderwertige" OPs machen. Es ist so, dass die R0 Rate in diesen Krankenhäusern manchmal nur bei 20-30 % liegen, ein guter Operateur, der ausschließlich diese Krebsform operiert, erreicht eine Rate von 70-80%. Das ermutigt dich nicht, ich weiss, und ich sollte wohl eigentlich mit Tröstlichem anfangen.
Aber es ist nun mal so, dass DEIN Status quo das ist, was Du verarbeiten, betrauern, akzeptieren musst. Eigetnlich ist es eine Riesen-Ungerechtigkeit, dass nicht jede Frau in deiner Situation direkt "weitergereicht" wird in ein Zentrum. Warum das so ist, ist ein ärztliches Politikum. ,..... Lassen wir das.

Du musst das erst mal akzeptieren.
Eine erneute OP, um den Fehler sozusagen wieder gut zu machen, geht nicht. Denn während einer Chemo kann und soll man nicht operieren, da die Wundheilung nicht funktioniert. das macht man nur in Akutsituationen.

Was kann ich Dir Aufbauendes geben? Ich weiss und glaube fest daran, dass diese Erkrankung sehr individuell verlaufen kann. Es gibt nichts, was es nicht gibt im Krankheitsverlauf. Das ist bedrohlich und tröstend gleichermaßen.
Ich selbst bin von einer der erfahrendsten Operateurinnen Deutschlands RO operiert worden. Bin jung, sportlich, glücklich und eine Kämpfernatur.
Trotzdem hatte ich ein Frührezidiv. Das konnte keiner verstehen.
Alle Prognosen waren total schlecht. Und trotzdem habe ich wieder Tumorfreiheit erreicht und das längere Zeit - das erstaunt alle Ärzte immer wieder.
Ich habe gelernt, auf meinem individuellem WEg zu bestehen. Und das Ergebnis gibt mir recht. Ich glaube daran, alleine mit meinem Willem und meiner Lebenseinstellung die Krankheit stark zu beeinflussen.
Habe alle Prognosen nun überlebt, und einen ganz und gar ungewöhnlichen Verlauf erkämpft.

Das wirst Du auch schaffen.
Das was ich lese von Dir zeigt mir eine Frau mit starkem mentalem Willen und einem streitbaren eigenen Kopf. Momentan fehlt Dir die Kraft das zu sehen und dafür zu kämpfen. Aber das wird nach der Chemo anders.

Niemand kann Dir sagen, wie DEIN Verlauf sein wird. Und es gibt durchaus Frauen, die nicht R0 operiert sind und damit gut und lange weiterleben. Wer will Dir sagen, dass nicht DU genau das erreichen kannst ????
Jede Prognosekurve hat - etwas unprofessionell - eine mehr oder weniger gleiche Ausprägung: sie hat ein breites Mittelfeld und einen "Schwanz", der nach hinten weg, in Richtung sog. medianer Überlebenszeit immer dünner wird. Dort tummeln sich die wenigen Frauen, bei denen der Verlauf "ungewöhnlich" im Sinne von langer Lebenszeit bis hin zu Spontanremission (quasi Heilung) ist. Auch der von Dir zitierte Artikel von Prof. S. hat bestimmt eine dergestalte Datenbasis.

WEr sagt Dir, dass DU nicht diejenige bist, die dort ganz hinten angesiedelt ist? Und ist es nicht schöner, das zu glauben, dass man es schaffen kann, dorthin zu kommen? Wir wissen doch eh nicht, was das Leben bringt. Ein Schlaganfall mit 55? Ein Hirnhautentzündung mit fatalen Gehirnschädigungen mit 58? Ein Autounfall?

O.k. wir alle haben einen besch.... Schicksalsschlag erhalten.
Es ist gemein, unendlich traurig, ungerecht, ....
Aber es ist so, wie es ist. Die Frage ist, was wir schaffen, daraus zu machen.

Du kannst mit vielen Dingen Deine Krankheit beeinflussen. Zu allererst mit Deiner eigenen inneren Haltung. Das dauert eine Zeit, sich das zu erarbeiten und immer wieder gibt es immense Ängste, immense Rückschläge.
Und doch - mit der Hilfe anderer Menschen - können wir es schaffen, ein so schönes, glückliches Leben zu führen. Intensiv, weil wir wissen, welch ein Geschenk es ist.

Vielleicht klinge ich jetzt zu poetisch, schönmalerisch, vielleicht sogar esoterisch. Und erreiche Dich gar nicht.
Aber ich möchte Dir gerne Mut machen, die Krankheit anzunehmen. Und etwas daraus zu machen.

ich denke mir immer: ich glaube jetzt einfach mal das beste. ich weiss ja eh nichts von dem, was passieren wird. ich habe eine 50% Chance auf alles. Egal was Statistiken sagen. Mein persönlicher Verlauf als Individuum ist doch so: etwas den Statistiken entsprechend oder aber auch nicht.
Und wenn ich dran glaube, dass ich die Möglichkeit habe, etwas zu schaffen, dann geht es mir einfach besser. und wenn nicht? dann so what? Dann hatte ich eine gute Zeit mit guten Gefühlen und habe bestmöglich gelebt.
Was soll ich daran glauben, dass alles entsetzlich laufen kann? Damit mache ich mir nur meine Tage kaputt.

Ich habe zwar Krebs, aber ich lebe trotzdem ein sehr, sehr glückliches und normales Leben.

Und wenn das dann mal anders werden sollte, und meine Lebensqualität schlecht ist, kann ich dann immer noch sehen, was ich dann mache.


Faktisch kann ich noch damit trösten: die erste Zeit der Diagnose ist die schlimmste. Die Chemo war auch bei mir die Hölle. Ich habe fast ein Jahr gebraucht, bis ich mich halbwegs erholt hatte.
Glaub mir: es wird wieder besser.
solltest Du wirklich nochmals eine Therapie machen müssen: die nächste Therapie ist OHNE Haarausfall (gemäß leitlinie ist das entweder Caelix oder Gemzar, beide habe seltenst Haarausfall).
Es ist dieses Taxol, das so die Hölle ist. Und weisst Du: bei mir redeten die Ärzte beim Frührezidiv von Platinresistenz, aber das stimmte gar nicht. derzeit sprechen sie von platin-hochsensibilität.
So Ärzteaussagen sind äußerst individuell. Ich hole mir immer mehrere Meinungen, oft von 3 oder 4 Ärzten, und entscheide manchmal auch was gegen "Spezialisten-Meinung". Das war schon zweimal absolut richtig


Noch zu Deinem Hund. Ich wollte immer eine Katze. hatte ich früher. und dann dachte ich auch: nein, bei deiner Prognose. Aber ich hatte gelernt, es findet sich immer eine Lösung. und wenn ich das JETZT brauche, dann mach ich das auch. Gegen Widerstände. Nun lebt Luna, die silbergraue Mini-Löwin bei uns und alle sind glücklich.

HOl Dir Deinen Hund. Du willst das, Du brauchst das, also mach das auch. JETZT. Dann wird es auch gut sein.

keiner weiss, ob Du nicht zu den Langzeitüberlebenden gehörst und älter als ein Hundeleben wirst. Und wenn nicht: es wird jemanden gebe , der den Hund nimmt. Ganz sicher.

Chemo - jeder Zyklus schlimmer.... ja, das kenne ich gut. Dein Allgemeinzustand wird halt immer schlechter. Die Anreicherung der Chemo im Körper immer höher. ich hatte das bei meiner 2. Chemo auch. Kurz vor dem 6. Zyklus ging gar nichts mehr. Damals habe ich den Rat aus diesem Forum erhalten: Mach auf jeden Fall noch den letzten. Dann hast Du das Gefühl, alles getan zu haben. Sonst quält man sich damit: hätte ich doch ....
Ich lag nach dem letzten 10 Tage im Bett. Konnte kaum aufs Klo. Aber es ging vorbei. Man muss irgendwie alles Nachdenken, alles Ausschalten und nur warten, bis es besser wird.

Du bist Stark Kathrin, stärker als du dich selbst einschätzt. Du wirst das schaffen. Ehrlich. Es ist nur noch einer.

Zum Thema Diagnostik: am Anfang war mir das auch sehr wichtig.
Dann habe ich die Erfahrung machen müssen: im MRT und im CT war nichts zu sehen. Aber der TM stieg wieder. Ich habe auf einer erneuten OP bestanden. Und: der Bauchraum war voll von MINI-Stippchen von Peritonealkarzinose. Nicht darstellbar, nicht operabel. Aber überall. Alles, alles war befallen. Soviel zu sicherer Diagnostik.

Ich würde an Deiner Stelle jetzt mal herausbekommen, ob auf Deinen TM Verlass ist. Die Bestimmung des CA 125 kannst Du bei einem guten Arzt immer einfordern. Die Ärzte sind diesem Wert gegenüber skeptisch. Aber wie gesagt: ganz individuell kann er diagnostisch belastbar sein. Da musst Du halt etwas dickköpfig sein.

Avastin? Hm. Du kannst derzeit nicht herausbekommen, ob Avastin verantwortlich für die Nebenwirkungen ist. Warte doch erst mal ab, was passiert, wenn C und T 2 MOnate vorbei sind und im Körper etwas abgebaut sind.
Es gibt Studien, die zeigen, dass A. die Zeit verlängert bis zum Wiederauftreten. Das ist gut und umfassend validiert worden ....

Perücke ??? Jetzt im Sommer??? hab mir den Staubwedel machen lassen und dann exakt einmal getragen.... Hatte immer Tücher. Ich schick Dir mal einen Link, wo ich die bestellt habe. WEnn ich wieder zuhause bin.
Du hast Krebs? Na und. Es gibt Schlimmeres. Und wenn die Leute gucken müssen - ist das nicht unrelevant??? Ich bin damals teilweise sogar ganz ohne gegangen, wenn es so heiss war ...
Ich komme gerade von 3 Wochen Urlaub wieder. Wie in alten Zeiten bin ich im Bikini an den Strand. Mit dem Bauch voller Narben. Am Anfang war es komisch und ich war sehr unsicher .... Aber dann habe ich gemerkt, dass es mir ganz egal war. Entscheidend war, die Sonne, den Sand und das Wasser überall zu spüren.


So, meine Familie nörgelt und drängelt und hat schlechte Laune, ich muss mich mal wieder einklinken.


für dich viel Durchhaltevermögen.


allles liebe
Birgit
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