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Alt 30.07.2006, 17:51
Anja21493 Anja21493 ist offline
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Unglücklich Wie kann ich ihm helfen?

Hallo!

Krebs ist ein sehr umfangreiches und emotional sehr intensives Thema.
Ich bin davon nunmehr indirekt betroffen.

Vor einigen Monaten lernte ich einen Kollegen näher kennen. Wir tauschten uns viel via interner Mails aus. Irgendwann gingen wir aus und er erzählte mir mehr. Ich verliebte mich in ihn und er sich in mich.
Am Abend unseres ersten Rendezvous schrieb er mir, dass er das erste Mal nach langer Zeit wieder leben durfte. Ich erkannte die Bedeutung dessen nicht sofort.

Er ist gerade 27 Jahre jung. Seine Mutter leidet an Lungenkrebs. Der Krebs wurde vor circa einem Jahr diagnostiziert. Sie unterzog sich bereits einer Chemotherarpie. Die Haare sind ihr bereits alle ausgegangen. Sein Vater hält leider vieles von ihm fern. Er meint es gut und will ihn nur so wenig wie möglich belasten. Jedoch bekommt mein Schatz alles doch mit und es belastet ihn mehr, dass er "ausgeschlossen" wird, als dass es ihn "schützt". Seine Mutter verkriecht sich zuhause und will niemanden sehen. Nicht einmal ihre eigene Mutter. Diese wiederum muss aus der Ferne zusehen und leidet darunter. Mein Schatz fährt am Wochenende zu seinen Großeltern, um diesen unter die Arme zu greifen. Seine Oma ist inzwischen ein Nervenbündel und hat sonst niemanden außer ihm, bei dem sie sich ausweinen kann. Das belastet ihn natürlich zusätzlich.

Vor einigen Tagen war er 3 Tage bei mir. Seine Mutter war in der Zeit zuhause gestürzt. Sein Vater ist ja bei ihr, erzählte meinem Schatz aber nichts davon. Er erfuhr es erst, als er wieder zuhause war und fühlte sich schlecht, weil er bei mir war. Er redet sich ein, dass er es dann vielleicht hätte verhindern können.

Er sagte zu mir, dass er sehr gerne seine Zeit mit mir verbringt, weil er mich liebt und ich ihm die Kraft gebe, das zumindest irgendwie durchzustehen. Aber wenn er bei mir ist, dann fühlt er sich wiederum schlecht, dass er nicht bei seiner Mum ist. Denn er weiß nicht, wie lange er sie noch für sich haben wird.
Er redet mit mir darüber. Ich versuche für ihn da zu sein, es mir anzuhören, ihn in den Arm zu nehmen, ihm Verständnis entgegen zu bringen. Aber wenn er sich dann öffnet, fühlt er sich gleich wieder schlecht, weil er alles bei mir ablädt und mich damit belastet. Dass er Grund dafür ist, wenn ich traurig bin. Ich sage ihm jedes Mal, dass meine Kraft für ihn und mich ausreicht. Dass ich es ja möchte, dass er bei mir ablädt. Er wird es einfach nicht schaffen, wenn er es weiter in sich frisst. Er hat sonst niemanden, mit dem er wirklich darüber reden kann. An diesem Wochenende sollte ich ihn eigentlich zu seinen Großeltern begleiten. Er sagte mir erst im letzten Moment, dass er allein fahren möchte, weil das vielleicht das vorerst letzte Wochenende ist, an dem er mal ganz mit sich allein sein kann. Er hatte Angst, dass ich sauer oder enttäuscht bin. Ich sagte ihm, dass ich dafür Verständnis habe und versuchte ihm mein schönstes Lächeln zu schenken, damit er sich besser fühlt.

Morgen hat seine Mum einen Arzttermin. Dort wird sich wohl entscheiden, inwieweit die Ärzte noch helfen können.

Er redet manchmal davon, dass er sich für beziehungsunfähig hält, eben weil er mir nicht die zeit mit ihm schenken kann, die mir seiner meinung nach zusteht. Weil er vieles bei mir ablädt. Ich versuche unentwegt, ihm das schlechte Gewissen zu nehmen, was mir aber leider nicht immer gelingt.

Ich habe Angst, dass er aus "Rücksicht" auf mich, alles hinwirft und sich wieder zurückzieht. Ich habe ihm gesagt, dass das schlimmste für mich wäre, ihn zu verlieren. Alles andere schaffe ich.

Ich weiß nicht, wie ich mit ihm umgehen soll, ohne ihm das Gefühl zu geben, für mich verantwortlich zu sein. Ohne dass er ein schlechtes Gewissen hat.

Ich hoffe, ihr habt einen guten Rat für mich.

Gruß,
Anja
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