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Alt 18.10.2002, 12:10
Gast
 
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Standard Morbus Hodgkin-Therapie vergebens..

Liebe Valeska; es ist schon ein wenig Zeit verstrichen und ich hoffe sehr, dass es Dir seelisch etwas besser geht.
Dein Freund hat es überstanden, er hat keine Schmerzen mehr. Das Grübeln, was wäre wenn...bringt nichts, es hilft Dir nicht. Es ist blanke Quälerei.

Ich schreibe Dir nicht als Betroffener sondern als Angehöriger. Wenn ich Deinen Artikel lese, bewegt mich das sehr. Der Verlauf seiner Krankheit
ist typisch für viele Krebspatienten. Ich kenne viele Menschen, die auf gleicher Weise leiden mussten.

Ich musste bei meiner Mutter mit ansehen, wie Freud/Leid und Tod dicht beieinander liegen. Diagnose: Krebs (AML), dann Hochdosis-Chemotherapie, nach 3 Monaten krebsfrei, rezidiv. wieder Chemo, Teilnahme an Studie und dann Hoffnungslosigkeit. Nach einem Jahr Therapie konnten die Ärzte nichts mehr für sie tun. Trotzdem ballerten sie alles möglich in sie ein und bestrahlten, machten Magen-und Darmspiegelungen etc. Aus noch ca. 6 Monaten Lebenserwartungen wurden 2 Wochen.
Gleich am Anfang fragten wir Kinder, ob wir spenden können (Knochenmark oder Stammzellen) was abgelehnt wurde, sie wäre zu alt (? mit 64 Ja.). Wir hätten es uns denken können, dass sie keine Chance hatte. Zum Schluss wurde über eine Stammzelltherapie gesprochen, zum sammeln eigener Zellen kam es gar nicht mehr.
Sei froh, dass die Ärzte Deinen Freund ins Koma gelegt haben, das wurde bei meiner Mutter nicht gemacht. Das Morphium wirkte nicht mehr und sie ist qualvoll vor 2 Jahren gestorben. Ihre Schreie verfolgen mich bis heute und ich denke immer wieder: warum haben die Ärzte nicht anders gehandelt? Wurde uns von Anfang an nicht die Wahrheit gesagt? Warum musste sie so leiden und zum Schluss konnte sie nicht mal friedliche einschlafen.

Nach so langer Zeit als Angehöriger habe ich so viele Menschen kennengelernt, die heute leider fasst alle nicht mehr leben, junge Leute, alte Leute und Kinder.
Es zerreißt einem das Herz. Ich bewundere die Ärzte und Schwestern, die damit zu tun haben. Ich muss aber auch sagen, dass es Verantwortliche gibt, die diese Patienten nicht aufopferungsvoll behandeln, weil sie abgestumpft sind.

Es hilft, mit Angehörigen zu sprechen, die dies auch miterleben mussten.

LG und alle Gute für Dich. Dein Schmerz wird nie ganz weggehen aber glaube mir, er wird leichter zu ertragen sein...wenn Zeit verstrichen ist.
Gönne ihm die Ruhe und sei froh, dass ihm die Stammzelltherapie erspart geblieben ist. Stell Dir vor, er hätte es ertragen müssen und der Erfolg hätte sich nicht eingestellt...

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