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Alt 25.07.2003, 10:11
Gast
 
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Standard Heilung durch Radio/chemotherapie ohne OP?

Hallo Carmen,

mein Freund hatte sich so entschieden und ich muß sagen, ich habe das auch voll unterstützt. Ein Leben ohne Kehlkopf konnte er sich einfach nicht vorstellen (und ich muß ehrlich sagen, ich mir eigentlich auch nicht für ihn). Er wollte sich nicht mal mit jemanden vom Kehlkopflosen-Verband überhaupt unterhalten. Das war eigentlich kein Thema für ihn. Er hätte sich operieren lassen, wenn nur diese Schlundtasche betroffen gewesen wäre, dann hätte man es noch mit Laser machen können, aber der Tumor (Plattenepithel-Karzinom) wächst eben schon an der Rückseite des Kehlkopfes rum, so daß dieser hätte vollständig entfernt werden müssen - und danach auch Bestrahlung.
Bei ihm sind wohl auch schon Lymphknoten im Hals betroffen, das vermuten die Ärzte aufgrund der Vergrößerung, die man im Ultraschall deutlich sehen kann. Er hat also daher einen sehr großen Bestrahlungs-Radius und es wird einiges zerstört werden dadurch.
Er bekommt 29 Bestrahlungen, 9 hat er schon hinter sich. Die Chemo bekam er stationär im Krankenhaus, die hat er sehr gut vertragen, keinerlei Nebenwirkungen. Die FU-5 bewirkt auch KEINEN Haarausfall. Er muß auch jeden Tag zur Bestrahlung und eben dann in der fünften Woche nochmal stationäre Aufnahme für die 2. Chemo.
Für mich war die Diagnose des Tumors allerdings nicht allzu überraschend. Er hatte ja vor 6 Jahren schon mal einen Tumor (auch Plattenepithel-Karzinom) am Mundboden, das dann aber operiert wurde, da sehr früh vom Zahnarzt erkannt, vor 3 Jahren ein Rezidiv, das wieder operiert wurde. 1 1/2 Jahre nach der ersten OP fing er Rauchen wieder an trotz ausdrücklicher Warnung der Ärzte, daß MIT Rauchen der Krebs wieder kommen könne und dieser Tumor hauptsächlich durch Rauchen ausgelöst wird.
Von daher war es für einen logisch denkenden Menschen nur eine Frage der Zeit, WANN dann eben der nächste Tumor auftritt.
Hatte ihn damals auch mit Trennung gedroht, wenn er nicht wieder aufhört (aber er wußte ja wohl, daß ich das sowieso nicht tun würde, wir leben also inzwischen seit 24 Jahren zusammen, also schon ein "altes" Ehepaar, nur eben nicht verheiratet), hat daher also nichts gefruchtet. Man steht da wirklich hilflos daneben und muß zusehen, wie sich jemand selber Stück für Stück selber umbringt.
Ich habe selber 20 Jahre lang geraucht (habe damals nach seiner ersten Krebs-Diagnose zusammen mit ihm aufgehört), weiß daher, daß es nicht einfach nicht. Aber daß man lieber stirbt als rauchen aufhört, ist mir für einfach nicht mehr nachvollziehbar.

Er bemerkt jetzt schon die ersten Nebenwirkungen der Bestrahlung. Hatte jetzt schon vermehrten Speichelfluß, bevor die Speicheldrüsen dann ihren Geist aufgeben.
Er sagte dann, SO habe er sich das nicht vorgestellt, dabei hatte ich ihn schon vorgewarnt (eben durch die ganzen Informationen hier, daß das alles ziemlich schlimm werden wird). Er weiß wohl noch gar nicht, was da noch alles auf ihn zukommt. Ist vielleicht auch besser so.
Gestern hatte er dann auch Schmerzen beim Schlucken, hat aber Tropfen bekommen von der Klinik, die wohl noch gut helfen.
Momentan kann er eigentlich noch alles essen.

Das trifft mich jetzt schon hart, daß Du schreibst, daß die Raucherei nicht aufhören wird. Ich hatte mir gedacht, wenn mein Hals brennt wie Feuer und ich kaum schlucken kann vor Mundtrockenheit, dann würde man ganz automatisch aufhören, weil doch Rauchen den Mund noch mehr austrocknet. Daß die Sucht selbst in dieser Situation noch größer ist, schockt mich jetzt schon etwas, das gebe ich zu.
Aber kann man dann wohl nicht ändern. Letzten Endes ist jeder Mensch für sich selber verantwortlich und muß wissen, was er dadurch riskiert. Auch so eine Entscheidung muß man dann respektieren, auch wenn man's nie verstehen wird. ER sagt auch immer, er hört auf, aber er tut's nicht (von daher kommt mir das sehr bekannt vor).

Daß Dein Mann dermaßen viel an Gewicht verloren hat, ist ja schon echt Wahnsinn. Haben die Ärzte ihm nicht diese Magensonde vorgeschlagen? Da kann man ja wohl dann mit der Astronautennahrung einigermaßen gut bei Kräften bleiben und die braucht man ja wohl dringend bei diesem harten Kampf. Die Ärzte sagten ihm, es sei ganz wichtig, daß er eben nicht soviel abnimmt, damit er das alles gut durchsteht.

Eigentlich war auch mal geplant, daß er 2 x täglich bestrahlt wird, aber davon sind sie wohl wieder abgekommen, warum weiß ich jetzt nicht. Bin aber eigentlich froh drüber, denn 2 x ist ja sicher eine noch größere Belastung.

Mein Freund ist erst 45 Jahre, also wirklich noch viel zu früh zu sterben, obwohl es meiner Meinung nach eigentlich für jeden Menschen zu früh ist, weil ja jeder so lange leben will wie möglich, auch ein 70-Jähriger will sicher nicht sterben. Mußte mit ansehen wie mein Pflegevater mit 73 Jahren an Prostata-Krebs mit Metastasen schon in den Knochen jämmerlich und unter furchtbaren Schmerzen gestorben ist, der wollte aber auch noch soooooo gerne leben und ist soooooo schwer gegangen, trotz seiner ganzen Schmerzen und seiner totalen Bewegungsunfähigkeit das letzte halbe Jahr hat er bis zum letzten Atemzug (im wahrsten Sinne des Wortes) gekämpft.

Ich danke Dir sehr für Deine guten Wünsche, man leidet ja doch wahnsinnig mit mit dem Menschen, den man gerne hat, auch wenn man ja selber jetzt die Schmerzen nicht ertragen muß. Mir fällt eigentlich gar keine Krankheit ein, vor der ich mehr Angst hätte als Krebs.

Ich hoffe aber, daß er noch einige gute Jahre vor sich hat. Nach den Aussichten bei einem Tumor Stufe T4 habe ich allerdings gar nicht gefragt, ich will es eigentlich gar nicht wissen, wie lange die Ärzte meinen, daß er noch leben wird.
Bei meinem Pflegevater "schwebte" immer dieser vorhergesagte Zwei-Jahres-Zeitraum über uns. Und fast genau nach 2 Jahren ist er dann auch gestorben. Finde das furchtbar, von daher will ich einen Zeitraum auch gar nicht wissen.

Liebe Carmen, ich wünsche Dir und Bill wirklich alles erdenklich Gute und daß die nächste Untersuchung ohne Befund bleibt.
Bei meinem Freund wollen sie mal nach der 15. Bestrahlung nachschauen, ob der Tumor schon kleiner geworden ist, jetzt sei es noch zu früh. Falls es nicht angeschlagen hat, werden sie ihm wohl nochmal OP vorschlagen, obwohl ich denke, daß er auch diesmal ablehnen wird.
Ich hoffe ganz inständig, daß sich diese verfluchten Krebszellen doch dann verkleinert haben und die Therapie anschlägt.

Ich werde Euch auf alle Fälle auf dem Laufenden halten und vielleicht könnt Ihr uns ja dann auch einige Tips geben, wie man den Zustand erträglicher gestalten kann. Werde Euch auf alle Fälle auf dem Laufenden halten.

Finde es auch wirklich gut, daß ich auf dieses Forum gestoßen bin, irgendwie fühlt man sich dann nicht mehr ganz so alleine. Und Männer sind ja meistens nicht ganz so "mitteilungsfreudig", zumindest nicht, wenn's um Gefühle geht.

Dann hoffentlich bis auf bald, können uns ja gegenseitig so ein bißchen auf dem laufenden halte, wäre wirklich schön.

Liebe Grüße auch an Bill (und jetzt müßte es doch eigentlich wieder bergauf gehen, oder?)
Eva
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