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Alt 29.10.2012, 10:24
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Am 25.07.12 haben wir verloren

Liebe Moni,

danke, es ist lieb, dass du an uns denkst. Ich brauchte hier ein wenig Abstand. Ich hab gemerkt, dass es mir schlechter ging, wenn ich immer geschrieben hab und auch die Geschichten anderer gelesen hab. Tut mir leid, dass ich euch nicht geschrieben hab, ich konnte einfach nicht. Bitte seid nicht böse.

Es geht uns nicht so gut. Mama weint viel, wenn ich bei ihr bin. Wir reden viel über Papa. Mama hält es im Haus nicht mehr aus. Sie will so schnell als möglich da raus. Nun ist aber noch ein Kredit drauf und sie kann es nicht parallel mit Miete und Haus gleichzeitig. Zum Glück gibt es da eine LV zur Absicherung. DIe wird ja hoffentlich nun einspringen, so dass der Kredit weg ist und wir Mama so schnell als möglich eine Wohnung suchen können. Aber die Mühlen mahlen langsam. Beim Notar haben wir wegen dem Erbschein auch erst Anfang November einen Termin bekommen. Das dauert alles, mannomann.

Meine Kette ist nun zum Glück nach 6 Wochen eingetroffen. Erst wollte ich sie gar nicht ummachen, da ich wusste als sie den Fingerabdruck von Papa genommen haben, war er ja bereits tot. Und nun? Mache ich sie nur noch zum duschen ab. Es ist ja das einzig körperliche, was mir von ihm geblieben ist. Ich bin wenigstens 2x die Woche bei ihm. Die Jungs sind immer so süss. Reden mit ihm und kratzen das Laub weg. Ich bin körperlich im Moment am Ende, sodass ich beschlossen hab (auch auf Drängen von Alex hin) eine Mutter-Kind-Kur zu beantragen. Ich muss hier raus. Ich werd verrückt und bin so verbissen. Ich wollte nie zu Glucke mutieren und nun muss ich meine Jungs jede Minute bei mir haben. Ich mag sie kaum mal weg geben, wenn ich zur Therapie fahre und auf Arbeit fühl ich mich ohne sie auch nicht wohl.

Mittlerweile hatten wir 2 Wochen Urlaub. Haben auch mit den Jungs einiges unternommen, waren im Heide Park, im Zoo usw. Vorher war ich dann immernoch bei Papa, hab es ihm erzählt was wir an dem Tag gemacht haben. An diesen Tagen war ich sogar ein bisschen fröhlich, weil meine beiden Lieblinge so viel Spaß hatten. Danach war es aber als hätte ich keinen Urlaub gehabt. Eine Kollegin fragte mich danach und bist gut erholt. Ich sagte dann nur, nein bin ich nicht. Da sah sie mich mit großen Augen an und konnte das gar nicht begreifen. Mir auch egal.

Nun kommt die dunkle Jahreszeit. Das ist besonders schlimm. Ich wünschte, das Jahr wäre endlich vorbei. Die Geburtstage von Ronny und mir stehen auch noch an Ende November und Anfang Dezember. Dann diese blöde Adventszeit und Weihnachten. Am Liebsten würde ich alles ausfallen lassen, aber was können meine Zwerge dafür? Sie freuen sich ja so drauf. Mein Mann fragte mich letztens wie es dieses Jahr mit Weihnachten laufen soll, wann wer zum Essen wohin geht usw. Ich war richtig böse und sagte "Das weiss ich doch nicht, am liebsten gar nicht. Frag mich nochmal ne Woche vorher" Was kann er dafür? Im Moment lass ich es an jedem aus. Außer meine beiden, die verwöhne ich zu sehr. Aber ich kann auch nicht anders. Ich bin so dankbar, dass ich sie hab. Ohne die beiden wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin. Was weiß ich wie es dann wäre. Bestimmt nicht besser.

Mama und ich haben festgestellt, je länger es her ist umso schlimmer wird es. Ich hab da einen ganz tollen Spruch gelesen, der trifft so zu

" Ich habe gelernt, Schmerzen zu verbergen
Leid zu ertragen und mit Tränen in den Augen zu lachen,
nur um andere glücklich zu machen und ihnen
zu zeigen, dass es mir "gut" geht"

Ich versuche meine Fassade wieder aufrecht zu halten, was mir auch soweit ganz gut gelingt. Aber innerlich bin ich am Boden und ich merke auch dass ich köperlich an meine Grenzen gelange. Ich vergesse viel, wenn mir Alex was erzählt und ich dann wieder mecker, dass er es mir nicht gesagt hat, sagt er immer nur dass er es erzählt hat. Und das passiert immer öfter auch bei anderen Dingen bin ich nicht wirklich mehr anwesend.

Andere denken, man es ist doch jetzt 3 Monate her, die soll sich mal nicht so anstellen und wieder anfangen zu leben. Aber ich hab einen der liebsten Menschen verloren und kann mich einfach damit nicht abfinden. Klar ist es nun schon einige Zeit her aber es wird einfach nicht besser. Ich sitze in einem tiefen, schwarzen Loch und ab und zu kommt mal ein Sonnenstrahl durch. Auch in meinen Träumen geht es nicht besser zu, oft hab ich Alpträume und träume alles durcheinander. Wahrscheinlich auch eine Art, meine ganze Situation zu verarbeiten.

So nun hab ich mich wieder ausgeheult und mich wieder im Selbstmitleid gebadet.

Liebe Grüße
Jäcky
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mein liebster Papa
seit 2006 Multiples Myelom
seit 2009 Myelodysplastisches Syndrom

Nach langem, schmerzvollem Kampf am 25.07.12 um 15.00 Uhr im Kreise seiner lieben Familie eingeschlafen.

Papi, wir lieben dich so sehr! Für Immer und Ewig!

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!!!
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