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Alt 03.04.2003, 14:39
Gast
 
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Standard Interferon-Therapie

Liebe Pelle,

an einem Melanom erkrankt zu sein ist wirklich kein leichter Job, jedenfalls nicht, wenn man einen metastasierungs- oder rezidivbedrohten Befund hat. Die Schulmedizin weiß, dass Melanomzellen i.d.R. gegen Chemo und Strahlen resistent sind, lediglich mit der Immuntherapie durch Interferon hat man selten kleine Effekte gesehen, aber eben nur ab und zu Verlängerung des rezidivfreien Zeitraumes. Die Überlebenszeit ist dabei für behandelte und nicht behandelte Patienten meistens gleich (habe diese Informationen aus den „Empfehlungen zur Therapie“ des Tumorzentrums München).
Man kann sich also als Betroffener genauso gut gegen diese harte Behandlung entscheiden. Manche können das für sich auch unter dem psychischen Aspekt vertreten, andere brauchen das Gefühl, „alles“ getan zu haben, um psychisch nicht abzustürzen. Diese Entscheidung ist eine ganz schwere und ich meine, ohne Hilfe, am besten auch professionelle Hilfe kann man sie kaum allein tragen.

Du schreibst, Deine Ärztin habe Dir erklärt, wie das Interferon wirkt, aber nichts von der konkreten Fragestellung der Studie. Wie Interferon im Prinzip wirkt wissen sie Mediziner. Mittels Studien sollen aber eben immer noch konkretere Fragestellungen erforscht werden. Die Fragestellung einer Studie könnte z.B. sein: Wie lange kann man eine bestimmte Dosis geben, bis die toxischen Nebenwirkungen einen bestimmten (z.B. lebensqualitäteinschränkenden) Pegel erreicht haben? Oder die Frage könnte sein: Ist der rezidivfreie Zeitraum bei hoch dosierten oder bei niedrig dosierten Therapien länger als bei nicht behandelten Patienten?
Welche Firma unterhält diese Studie und weißt Du, wie sie heißt, bzw. welche Einschlußkriterien sie hat? Ich würde gerne mal versuchen, näheres darüber herauszufinden.

Mir persönlich hat damals die Erkenntnis, dass die Schulmedizin bei MM keine Erfolge zu verzeichnen hat, großen Antrieb zu eigenen Aktivitäten gegeben, denn tatenlos auf einen neuen Befund warten wollte ich nicht. (Ich habe damals ja auch 13 Monate niedrig dosiertes Intron A gespritzt, erträgliche Nebenwirkungen gehabt - später auf dem Deutschen Krebskongress niederschmetternde Ergebnisse zu diesem Behandlungsschema gehört und trotzdem gibt es mich noch. >>>Statistiken sind eben auch nicht alles)

Wir haben die letzten Wochen immer mal wieder davon gesprochen, wie wichtig auch eigene Aktivitäten für die Stabilisierung der Selbsthielungskräfte sind (eigene Verantwortung für meine Lebensqualität übernehmen, mein Immunsystem auch über andere Wege stärken – Ernährung, seel. Wohlbefinden, körperl. Stärkung, Freude, psychische Stabilisierung, kleine Veränderungen der Einstellung zu bestimmten Dingen in meinem Leben, zu meinen Zielen, Lebensstil, ...) Mit dem Gedanken im Hinterkopf „Ich habe nichts zu verlieren“ hatte ich ein Gefühl von „deswegen kann ich jetzt auch tun was ich will“ und habe vieles ausprobiert - versucht, heraus zu finden, was eigentlich „mein Leben ist“. Immer mit dem Wissen im Hinterkopf, es könnte auch mal schnell wieder ein Rückfall kommen, habe ich versucht, unmittelbare Wünsche, Vorhaben, etc. umzusetzen und dadurch mehr im „Hier und Jetzt“ gelebt, sozusagen mitzunehmen, was ich sofort bekommen konnte. Das hört sich jetzt vielleicht sehr locker und leicht an – aber das war es nicht, denn im Prinzip ist dieser Weg ein lebenslanger Job, eine stetige Entwicklung mit vielen Pausen, in denen mein Alltag auch gewohnt lief wie sonst. Ich kann diese Aussage jetzt so in dieser Form nur im Rückblick auf die vergangenen 10 Jahre machen.
Ich finde, es lohnt sich allemal, den hohen Preis für Deine Lebensqualität zu überdenken. Schau Dir, wenn Du magst, das eigentliche Ziel der Studie noch mal an. Vielleicht hilft es Dir bei der Entscheidung weiter.

Soweit erstmal Gruß von Birgit
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