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Alt 22.03.2014, 15:01
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Taziana Taziana ist offline
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Standard AW: Mit dem Tod auseinandersetzen???

Hallo!

Immer wieder traurig sowas zu lesen. Auch wenn man nicht beteiligt ist.

Meine Mama ist unheilbar an LK erkrankt und hat sich trotzdem für eine Chemotherapie entschieden. Der Tumor hat sich auch verkleinert. Im Dez. wurde die Chemo beendet. Sie hat die ersten 2 Chemotherapien überhaupt nicht gut vertragen, aber weiter gemacht. Die anderen hat sie kaum noch bemerkt, sie war müde und angeschlagen aber keine Übelkeit, Erbrechen, Schwindel oder Appetitlosigkeit mehr - wie noch beim 1 und 2ten Mal.
Sie erhält seit beginn diesen Jahres eine Erhaltenstherapie - auch hier hat sie die ersten beiden nicht so gut vertragen, nach der 3ten wurde es langsam besser. Sie hat gesagt, dass die Chemo besser war als die aktuelle Therapie...

Der Arzt hat ihr damals 10 Monate gegeben (mit Chemo). Momentan sieht es positiv aus, dass es mehr wird (aktuell Monat 9). Die Blutwerte sind gut. Die Beschwerden sind zu ertragen. Vor allem über ihr "neues" Haar freut sie sich. In ca. 2 Wochen steht eine Reha an. Es gibt immer wieder Probleme mit der Blutgerinnung. Das Blut wird sehr stark verdünnt, da sie schon einige Infarkte hatte, dadurch tritt vermehrt Nasenbluten auf. Sie sagt allerdings, dass ihre Lebensqualität dadurch nicht verringert wird...

Meine Mutter hat sich sehr "früh" mit dem Thema "eigenes Ableben" beschäftigt und auch im Laufe der letzten Woche ihre Beerdigung zusammen mit einem Institut geplant, sich eine Urne ausgesucht und einen Finanzierungsplan aufgestellt... Ich persönlich finde das etwas... drastisch, aber sie sagt, dass sie alles geplant haben will und sich selbst aussucht wo sie begraben wird... Für mich ist das ein bisschen bitter.
Ich finde es natürlich gut, dass sie versucht sich zu ordnen und damit so umgeht - aber ich weiß nicht, ob ich auch so handeln würde.

Am Ende sterben wird alle. Deshalb finde ich es nie falsch sich mit dem Tod, auch seinem eigenen, auseinander zu setzen. Ich habe lange geweint und war total traurig. Ich wusste ja nun, dass meine Mama sterben wird... Und das das nicht mehr ewig auf sich warten lassen wird (auch bei ihr liegt eine Metstisierung vor). Ich habe mich ein bisschen an den Gedanken gewöhnt. Klingt ein bisschen kacke. Aber ich habe mir vorgenommen, dass ich die Zeit die mir mit meiner Mama noch bleibt so schön wie möglich verbringen will und einfach akzeptieren muss, dass diese Tatsache nun zu meiner Realität gehört.
Dennoch habe ich vorallem in Zeiten wo ihr Gesundheitszustand schlechter ist (übliches up and down) - häufig Albträume... Die zum Teil sehr real wirken und mich wenn ich aufwache, auch echt erschrecken

Ich will dann immer bei meiner Mama anrufen... Einmal war's so schlimm... Da saß ich Nachts um 5 vor dem Telefon und hab gedacht: Wenn ich jetzt anrufe und sie lebt nicht mehr - wie schrecklich wäre das.
Ich kam mir total dumm vor, stellte mir als Gegenszenario vor, dass meine Mutter Nachts um 5 aus dem Bett hechtet ans Telefon geht ... und...? was sag ich dann? "Ich hatte angst du seist tot... Schön das dem nicht so ist, bis morgen?" ...

Ich denke, am Ende muss jeder seinen eigenen Weg finden - ob Angehöriger oder Erkrankter. Ich kann nur für mich sprechen. Ich rede offen mit meiner Mutter, versuche es zu akzeptieren - habe mich auch irgendwie damit arrangiert. Dennoch hat keiner von uns aufgegeben. Sie kämpft und sagt: Auch wenn ich es nicht überlebe, will ich solange wie möglich ein schönes und erfülltes Leben führen. Und wenn der Arzt sagt, ich hhabe 10 Monate - dann schaff ich auch leicht 20. Ich finde das total gut - denn hängen lassen ist keine Lösung... Wie real das ist kann man nicht einschätzen. Ich genieße, dass es ihr aktuell ziemlich gut geht.
Trotz allem habe ich aber leider nicht weniger Angst vor diesem Tag.

Ich hoffe, dass ihr einen Weg findet gut mit der Situation umzugehen.

Liebe grüße Tazi
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Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot. Der ist nur fern. Tot ist nur, wer vergessen wird.

Mama (Bronchialkarzinom) 05.05.1949 - 27.06.2014
Oma (Nierenzellkarzinom) 24.08.1925 - 03.01.2004
Opa (Bronchialkarzinom) 24.07.1929 - 06.10.2001

Geändert von Taziana (22.03.2014 um 15:08 Uhr)
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