Einzelnen Beitrag anzeigen
  #75  
Alt 15.03.2004, 04:25
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Plattenepithelkarzinom

hallo Petra,
hab dein gesamtes forum gelesen und bin immernoch ganz benommen....es tut mir leid, dass du so schnell abschied nehmen mußtest von deiner mutter. mein vater hat seine diagnose auf ein plattenepithel im dezember bekommen, er macht jetzt auch chemo und auch bestrahlung. die erste chemo hat er gut vertragen, was mich hoffen läßt. heute geht es los mit bestrahlung und ab ende diesen monats kommt die nächste lage chemo dazu. bis auf eine art krabbelhusten hat er keine beschwerden und bis jetzt wurden auch keine metastasen gefunden - wollen wir hoffen, dass es so bleibt.
dass dich die ganze sache ziemlich aus der bahn geworfen hat kann ich gut verstehen, mir geht es nicht anders. bin nun mal ein absolutes papakind und hänge mit herz und seele an meinem vater. die ersten wochen bin ich wirklich die wände hochgegangen und hatte die schlimmsten visionen. zum glück war ich in dem moment weit weg von ihm, sodass ich diese unruhe und angst nicht auf ihn übertragen konnte. zur ersten chemo bin ich nach hause gefahren und habe vierzehn tage mit meinen eltern verbracht, in denen viel geredet wurde und zum glück ist mein vater eine robuste natur und geht mit seiner krankheit gut um.
er will nicht sterben und redet über die zukunft, was er gerne noch sehen möchte, aber auf der anderen seite sichert er meine mutter ab und arbeitet darauf hin, dass es ihr irgendwann gut geht, wenn er nicht mehr da sein sollte. Es ist alles sehr gemischt und eine emotionelle Achterbahnfahrt.
der behandelnde arzt meines vaters hat mir auch eine ziemlich harte prognose an den kopf geworfen, maximal zwei jahre, er vermutet eher eins, wenn nicht weniger. der tumor sitzt direkt auf der aorta, da kann natürlich eine menge passieren. mein vater ist auch erst 65 jahre alt, da fragt man sich natürlich nach der göttlichen gerechtigkeit. es wäre müßig jetzt nach warum oder wer ist schuld zu fragen, das hier und jetzt ist wichtiger. jeden tag einen schritt voran und nicht "jeden tag ein bißchen sterben". ich bin selbst pharmazeutisch-kaufmännische-assistentin und ich weiss was noch alles kommen kann, aber nicht muss. auf kleine wunder hoffen soll man immer und sich wieder freuen an kleinigkeiten. meine mutter hat mir einen vogel gezeigt als ich einmal im februar einen sonnenuntergang fotografiert und mich über die dollen farben gefreut habe. ich hab ihr dann gesagt, dass ich mich über so eine sache freuen kann, so wie ich mich über jeden tag freue, in dem es papa gut geht, er im garten sein kann und spazierengehen kann.
das ist ein plustag. minus wird noch häufig genug kommen....
krebs schockiert und ich bin entsetzt darüber wie viele bekannte und freunde erkranken und leider auch sterben. ich versuche mir immer zu sagen : ein lebenskreis öffnet sich und ein anderer schließt sich, der schluss ist immer anders, früh, zu früh oder spät nach einem erfülltem langem leben. ich habe mit 21 meinen verlobten verloren, er war erst 30 jahre alt, eine freundin ist mit 35 an leukämie gestorben, innerhalb eines halben jahres...auf der anderen Seite: meine mutter hatte vor sechs jahren einen bösartigen Tumor hinter dem rechtem ohr, der hatte schon in die Schildrüse gestreut. Sie ist geheilt worden und lebt wieder völlig normal. Meine Tante auch. Diagnose Hautkrebs und wurde geheilt.
So geht es halt hin und her. Auf der einen Seite Krankheit und Tod und auf der anderen Seite der Kampf und das Leben. Ich weiss, daß mein vater nicht achzig jahre alt werden wird und dass sein weg sicherlich nicht einfach werden wird, aber ich sauge jeden moment auf, jeden plustag für mein seelisches fotoalbum, dass ich nicht nur die schlimmen tage in erinnerung behalte. er will nicht, dass wir traurig sind und er will nicht, dass wir, seine familie, den faden verliert, wenn er irgendwann nicht mehr da sein sollte. "es geht vorran!!" wie er immer so schön sagt. für dich ist es sicherlich viel härter, weil deine mutter deine familie gewesen ist, ich habe schwestern und noch meine mutter, meine eigene kleine familie, tochter und mann. aber hätte deine mutter gewollt, dass du dich so in deiner trauer eingräbst? mein verstorbener verlobter hat immer zu mir gesagt: krümel, du bist ein sonnenkind, bleib auf der sonnenseite und sei glücklich. ich will dich nicht auf dem friedhof sehen.
klar geh ich an sein grab und jedesmal habe ich einen riesenkloss im hals, aber dann erzähle ich ihm, daß ich auf der sonnenseite stehe, eine familie habe und glücklich bin, so wie er es gewollt hat.
schatten kommen, aber es kommt auch immer wieder licht und wärme!!!
liebe grüsse
mitshi
Mit Zitat antworten