meine geliebte kleine Mutti.
Ich hab Dich so lieb.
Liebe Mutti,
ja heute muss ich gleich zweimal schreiben. Ja, du fragst dich bestimmt warum, es ist Samstagabend und ich bin zu Haus. Ich bin schon lange Samstags zu Hause aber nicht immer habe ich die Kraft Dir zu schreiben. Die Kraft läst mich im Stich und ich muss versuchen alles irgendwie zu verarbeiten.
Du weist ich mache eine Weiterbildung und diese läuft auch sehr gut, es gibt keine Probleme, ich bin sogar nach der Schule noch zusätzlich 3 Stunden dort und lerne noch Stoff nebenbei. Es ist als müsse ich mich mit Wissen zuschütten um an nichts anderes denken zu müssen. Es ist wie eine Sucht oder vielmehr vor der Verarbeitung mit Dir und deinen Tod davon zu laufen. Ich weiss, es ist nicht der Richtige Weg,aber ich finde zur Zeit keinen anderen. Eigentlich könnte ich zu Hause bleiben, weil ich den Stoff schon kann aber ich gehe trotzdem.
Das Leben muss irgendwie weitergehen, ich muss ständig an deine letzten Worte denke. " Das Leben geht weiter auch wenn du einen geliebten Menschen verloren hast. Du bist nicht tot, du lebst."
Deine Worte geben mir Kraft um jeden verdammten Tag irgendwie zu überstehen. Die innere Leere ist so groß, wie kann ich sie ausfüllen.
Die Weihnachtszeit wird grenzenlos schwer, ja sogar unerträglich. Ich weiss, ich muss dadurch aber es wird schwer, verdammt schwer. Die Zeit, sagt man heilt die Wunden aber der Schmerz wird für immer in unseren Herzen bleiben, er wird irgendwann schwächer aber es dauert so verdammt lange.
Die Blätter sind alle gefallen und der Winter kommt, erbarmungslos. Es ist die Zeit des Nachdenkens und der Einsicht. Es ist wahr, ich bin anderes geworden seit du von uns gegangen bist.
Manche sagen, ich sei sehr hart zu mir selbst gewurden, erwarte immer das nicht erreichbare aber wozu soll ich sonst noch auf dieses Erde sein, wenn nicht das Beste, das Höchste zuerreichen.
Auch meinen Mitmenschen gegenüber sei ich anders geworden, viele sagen ich sei zu Fürsorglich mache mir um jeden Gedanken aber das habe ich früher auch schon getan, nur nicht so intensiv. Aber wozu sind wir sonst da, wir müssen doch einander helfen und uns gegenseitig stützen, oder etwa nicht.
Ja,vielleicht erdrücke ich die anderen mit meiner zu sozialen Ader aber ich nur Angst sie zu verlieren, wie ich Dich verloren habe.
Die Zeit ist zu kurz die wir alle haben auf diese Erde um sie zu verschwenden. Jeder sollte wissen wozu er in der Lage und welche Fähigkeiten er hat um anderen Menschen zu helfen.
Ich war noch nie ein Gotteskind, weil ich dieses nie kenngelernt habe. Heute habe ich eine seltsame Beziehung zum Himmel und verspüre auch das Bedürfnis am Heiligabend in die Kirche zu gehen. Bestimmt hat es damit zutun. dass ich um 3.20 uhr die Kirchenglocken gehört habe wo du liebe Mama eingeschlafen bist, obwohl es hier garkeine Kirche gibt. Ich bin Gott so nah, wie nie zuvor in meinen Leben. Wahrscheinlich muss man erst seine eigenen Erfahrungen machen um diesen Weg zu finden.
Ach Mutti, die Weihnachtszeit, Vati stellt in euren Haus nichts auf, reingarnichts. Er kann es einfach nicht und es ist o.k..
Ich hab mir ne Flasche Wein aufgemacht, du weist schon meinen Lieblingswein , den wir so gern gemeinsam genossen haben. Nun sitz ich hier allein, meine beiden sind ausgeflogen und ich kann mich ganz entspannt zurücklehnen und dir lieben Mutti schreiben. Eigentlich brauch ich dir nicht zu schreiben, ich habe immer das Gefühl das du meine Gedanken auch von da oben lesen kannst. Aber du weist ich liebe es schwarz auf weiss.
Ja, mit meinen Geschwistern konnte ich bislang noch nicht reden, es ist eine Blockade, ich den Hörer und kann die Nummer nicht wählen. Ich habe einfach Angst. Es ist fast 6 Monate her, das ich sie alle gesehen und gehört habe. Ob ich jemals wieder mit Ihnen reden kann?????????????
Zu Ilona und Annelise und auch Giesela habe ich einen guten Kontakt auch zu Gertrud, es sind einfach liebe Tanten, die es leider auch nicht einfach haben.
Wir telefonieren und reden sehr viel über Dich über alte Zeiten auch über die Onkel und noch vieles mehr. Naja ich glaube du bekommst das alles auch mit, irgendwie.
Ich glaube an das Gute im Menschen und an seine Fähigkeit das Gute auch an andere Menschen weiterzugeben. So wie du mir auch beigebracht hast, nicht immer nur das Gute zu sehen sondern auch die Probleme und die Ängste die die anderen fast mutlos dastehen lassen. Du bist für mich heut wie damals immernoch ein Vorbild Mutti in höchster Vollendung. Du bist, warst so eine Liebe und dein eigenes Schicksal hat dich so hart herrausgefordert, dass ist einfach nur unbegreiflich für den normalen Menschenverstand.
Nur so kurze Zeit,von der Erkennung bis zum Schluß ist uns geblieben, kaum Zeit für den Abschied, der Trennung und des Begreifens. Es ging alles so verdammt schnell. Mutti du fehlst uns. Die Tränen sie laufen und laufen, ich kann kaum noch die Buchstaben erkennen aber ich schreib weiter,
Ich liebe dich Mutti und werde Dich niemals in meinen ganzen Leben vergessen.
Die Stimme versagt, aber die Finger schreiben weiter, schreiben das auf, was einen auf dem Herzen liegt. Es ist soviel man kann es kaum beschreiben und doch versucht man es irgendwie in Worte zufassen. Die Weite, die unendliche Weite wie soll ich sie nur ausfüllen. Das was gewesen ist , wird nie wieder so sein wie einst. Ich muss umdenken ob ich will oder nicht, danach fragt keiner, ich muss allein den Weg finden.
Schlaf schön, meine kleine liebe Mutti
In Liebe und Dankbarkeit deine Dich immmerliebende Tochter Antje
