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Alt 15.08.2006, 10:33
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Jelly Jelly ist offline
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Standard AW: Leben zwischen Hoffnung und Angst

Lieber Norbert,

Du hast ja bis hierher schon einen sehr langen Leidensweg hinter Dir, es tut mir leid, daß Du nun auch noch mit dieser Diagnose umgehen mußt. Mein Professor an der Uniklinik FFM hat mir eine Lebenserwartung bis Weihnachten 05 gegeben, da ich seine überalterte Standard-Chemotherapie abgelehnt habe, er meinte nur "dann lassen wir der Krankheit ihren natürlichen Verlauf", das hat natürlich reingeschlagen, hatte ich doch gehofft, daß er das Verbindungsstück zu allen anderen Disziplinen sein könnte. Aber nun haben wir bereits August 06 und ich bin derzeit tumorfrei ! Ärzte, die solche Angst verbreiten, versuche ich, auf Distanz zu halten, glaube an Deine Stärke und Du schaffst auch die Leber-OP und wirst Dich davon gut erholen. Wichtig ist, daß Du Dir die besten Ärzte suchst, die es in Deiner Region gibt, eine Leber-OP ist kein leichter Eingriff, doch leider trauen sich zu viele Ärzte soche Eingriff zu und als Patient hat man dann diesen Größenwahn auszubaden. Ich habe mich im September 04 für meine Leber-OP den besten Arzt ausgesucht und er hat seine Sache gut gemacht (er hat die rechte Leberhälfte entfernt).

Ich habe mich früh auf meine eigenen Beine gestellt, habe heute keinen festen Onkologen, der mir fortwährend eine Chemo verkaufen möchte. Ich trage die Verantwortung für meine Untersuchungen und die Schritte, die zu tun sind, für mich selbst - aber NICHT allein, ohne den Beistand meines Mannes hätte ich das nicht geschafft ! Einen so wunderbaren Mann an meiner Seite zu haben, ist mir immer wieder Motivation, eine nächste Operation durchzustehen. Ich möchte einfach noch nicht gehen, bzw. ihn alleine lassen, dafür möchte ich kämpfen solange es geht. Und so lange es die Möglichkeit einer Operation gibt, nehme ich diese auch wahr, auch wenn es immer wieder ein schwerer Weg ist, der begleitet wird von Verzweiflung, Traurigkeit und Schmerzen. Ich habe keine Kinder und daher drückt mich nicht die niederschmetternde Verantwortung auch für meine Kinder leben zu müssen, das wiegt bestimmt sehr schwer, meine Verantwortung gilt meinem Mann und mir -und unseren zwei Katzen

Ich habe akzeptiert, daß es einen Punkt geben kann, an dem ich erkennen muß, daß es keine Möglichkeiten mehr gibt. Habe für diesen Augenblick viele Konflikte aus der Vergangenheit bereinigt, habe bezüglich inneren Friedens auch hart gearbeitet und kann heute sagen, daß ich bis auf zwei Aktivitäten, die noch zu tun sind, alles getan habe, um auch gehen zu können, ohne offene Punkte zurückzulassen. Die zwei verbliebenen Punkte muß ich noch anfassen, aber dafür ist die Zeit noch nicht gekommen.

Ja Norbert, was soll ich sagen, ich habe hier im Forum sehr viel Liebe und Unterstzüng erfahren, die mich auch durch viele schwere Tage getragen hat. Auch meine Selbsthilfegruppe (Frauenselbsthilfe nach Krebs) ist mir eine große Hilfe. Alleine wäre ich diesen Weg nie gegangen, hatte immer liebevolle Menschen, die mich weitergetragen haben. Vielen Dank dafür an alle lieben Menschen hier im Forum !!!

Wenn ich mich gut fühle, so wie jetzt, dann versuche ich, schöne Tage mit meinem Mann zu verbringen, Kraft zu tanken, um für evt. Rückschläge stark zu sein. Die Angst ist ein Begleiter in meinem Leben geworden, aber sie beherrscht mich nicht, weil ich akzeptiere, daß auch mein Leben ein Ende haben kann.

Bleib bei uns hier im Forum, erzähle von Dir und Deinen Gefühlen und erfahre die Fürsorge dieser lieben Menschen hier und Du wirst spüren, daß sie auch Dich durch die nächste schwere Zeit tragen.

Ganz liebe Grüße und laß Dich mal drücken !!
Jelly
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Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden. (Mark Twain)