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Alt 06.03.2014, 17:12
IrisA88 IrisA88 ist offline
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Standard AW: Gekämpft, gehofft und doch verloren

Hallo,

Montag war es wieder soweit, der 3. des Monats. Drei Monate ist Mama nun schon nicht mehr da und so langsam fange ich an, gerade ihre letzten Wochen zu verarbeiten. Grade abends, wenn ich im Bett liege, verfolgen mich die Bilder. Wie sie hilflos im Krankenhaus liegt, wie sie aussah, als sie tot war, aber auch die anderen Bilder, wie wir zusammen im Foyer des Krankenhauses gesessen haben und uns ein Stück Apfelkuchen geteilt haben, während wir die Leute, die an uns vorbei kamen, beobachteten. Das haben wir immer so gerne gemacht.
Das Haus steht leer, eigentlich muss ich die Blumen mal wieder gießen, aber ich mag einfach nicht dahin. Alles riecht immer noch nach ihr, ihre Jacken hängen an der Garderobe, ihre Hausschuhe stehen auf der Heizung als würde sie jeden Augenblick wieder kommen...
Jede Kleinigkeit erinnert an sie. Es ist so schwer.
Dazu kommt noch die Sorge wegen meiner "kleinen" Schwester. Sie war schon vorher eher instabil, was ihre Emotionalität anging, doch nun fehlt ihr der Anker, den sie in Mama hatte. Ich habe ihr schon so oft gesagt, dass sie sich psychologische Hilfe suchen soll, nur verdrängt sie dann wieder alles. Sie macht sich Vorwürfe, dass sie nicht genug für Mama da war. Natürlich versuche ich ihr das auszureden, aber wenn man ehrlich ist (und das würde ich ihr niemals sagen), hat sie Mama und mich schon öfters im Stich gelasse. Ich bin alle zwei Tage ins Krankenhaus gefahren (eine zeitlang sogar jeden Tag) auch wenn das 120km waren und sie vor Ort wohnt. Und wenn Mama zu Hause war, bin ich jeden Tag bei ihr vorbei gefahren. Ich hab ihr mit den Ärzten, den Medikamenten, den Behördengängen und auch sonst bei jeder Kleinigkeit geholfen. Ich habe mein Leben komplett zurück gestellt (und ich bin so froh, dass ich das alles für sie gemacht habe). Aber ich bin auch anders als sie, was die innere Stärke angeht und ich weiß, sie hat getan was sie konnte. Sie hat (wie auch ich) nicht damit gerechnet, dass Mama sterben könnte. Das dieses schwere Jahr wirklich unser letztes sein könnte. Ich glaube trotzdem, dass Mama nicht böse mit ihr ist und Stolz auf uns ist und darauf, was wir geleistet haben und wie wir die Dinge regeln. Das sage ich ihr dann auch, wenn sie anruft und wieder weint, aber ich weiß nicht, ob das reicht. Ich bin dann immer so hilflos.
Papa ist leider auch keine große Hilfe. Mama und Papa sind seit über 10 Jahren geschieden und das Verhältnis zu ihm war immer eher sporadisch und distanzierter. Das war nie schlimm, denn wir hatten ja Mama, doch nun, wo sie nicht mehr da ist, fällt es nur noch mehr auf, wie unzureichend es ist, was er tut. Seine "Pflichtanrufe" alle zwei Wochen (er bezeichnet sie selber so, nachdem meine Schwester meinte, er könnte sich auch ruhig öfter melden) dauern immer höchstens 10 Minuten und kratzen emotional höchstens an der Oberfläche. Das Interesse an unserem Leben besteht halt nicht so. Leider wird einfach nach jedem Gespräch dadurch umso deutlicher, wie sehr Mama fehlt.
Morgen hat die Mutter von meinem Freund Geburtstag. Sie wird 62 (glaub ich). Warum ist Mama nur 54 geworden? Warum durften wir sie nicht noch ein wenig behalten?

Es ist immer noch so unbegreiflich und so schwer, dass es sich nicht in Worte fassen lässt. Trotzdem ist sie längst aus dem Alltag der anderen entschwunden. Keiner fragt mehr ehrlich nach, wie es geht. Teilweise habe ich das Gefühl die Menschen um mich herum haben längst vergessen, dass Mama gestorben ist, das sie nicht mehr wieder kommt. Das meine Schwester und ich einen Verlust erlitten haben, der nicht in Worte zu fassen ist. Wir waren immer zu dritt. Sie war unser Fels...
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Mama 05.04.1959 - 03.12.2013

Das Licht der Liebe ist immer heller als der Schatten des Todes.

Mama, ich liebe dich! Du fehlst...
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