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Alt 03.12.2010, 16:44
JeanineK JeanineK ist offline
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Standard AW: Verlorenes Gefühl...

Hallo,

auch ich nehme Dich mal ganz lieb in den Arm

Ich kann Dich gut verstehen. Ich fühle mich auch im Moment so, als ob ich keine Familie mehr habe. Mein Freund steht zu mir. Wenn ich ihn nicht hätte, weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich es geschafft hätte. Oder, vielleicht hätte ich einfach funktioniert. Ich weiß es nicht.

Meine Mutter ist am 02.07. nach noch nicht mal 3 Monate nach der Diagnose an Nierenkrebs gestorben. Meine ganze Familie hatte Krebs und ist an Krebs gestorben.

Als ich mit ihr am 11.04. zum Arzt fuhr (Sonntag, Notdiensthabender Arzt) dachten wir, es wäre eine Blasenentzündung. Doch er überwies uns ans Krankenhaus. Nierenkrebs. Nicht mal eine Woche später OP. Mama hatte angst. Ich werde nie ihren Blick vergessen, der ängstlich wie ein Kind war. Im Auto, auf dem Weg zum Krankenhaus sagte ich zu ihr, dass ich noch nie was von Nierenkrebs gehört habe. Sie meinte, sie schon. Ich sagte, dass man auch mit einer Niere leben kann. Leider noch nicht mal mehr 3 Monate. Es kamen ca. 8 neue Tumore nach nur 1 Monat.
Kurz vor ihrem Tod wurde sie wegen einem Pilz (Immunschwäche durch Therapie) ins Krankenhaus eingeliefert. Ich dachte, so einen blöden Pilz werden die ja wohl behandelt kriegen. Nein, montags sagte man mir, dass ich mir überlegen müsse, wie ich Mama begleite. Schock. Ich hatte immer angst, aber dachte doch, sie schafft es. Der Onkologe sagte uns, dass er es hinauszögern kann. UNd er redet nicht von Wochen sondern von Monaten. Ich drehte mich da zu Mama uns sagte: Dann sind es auch Jahre.
NEIN.
Wir hatten ein sehr enges Verhältnis. Sie hat alles für uns getan.
Meine älteste Schwester hat seit über 20 Jahre MS und musste vor Weihnachten ins Pflegeheim, weil mein Schwager die Pflege nicht mehr schaffte. Sie hat direkt neben Mama gewohnt. Mama ist jeden Tag zu ihr. Dann hatte ich meinen Freund kennengelernt. Und ich habe das GEfühl, als ob Mama ihre Aufgabe hier auf Erden erledigt hätte und darum gehen konnte. Sie wollte aber nicht gehen. Sie wollte leben und kämpfen.

Ich habe seit da an funktioniert. Aber ich nehme auch ein Antidepressiva. Habe es jetzt reduziert... Ergebnis: Jeden Abend bekomme ich Weinkrämpfe. Mir ist richtig schlecht.

Aber ich gebe nicht auf. Und auch Du darfst nicht aufgeben.

Ich weiß nicht, wie schlimm Deine Erkrankung fortgeschritten ist. Meine Schwester ist ganz schlimm dran und das seit Jahren. Und sie hat sich nie aufgegeben. Sie hat nie gejammert und ist so stark. Ich hatte angst, dass sie einen Schub bekommt, wenn sie erfährt, dass Mama krank ist. Wir haben die OP, die gut verlaufen war, abgewartet und haben es ihr gesagt. Sie war so stark. Und das bewundere ich. Mein Freund kam eines Tages auf die Idee, meine Mutter, als sie zur Kurzzeitpflege im Heim war, mit ihrem Rollstuhl mit zu meiner Schwester ins Heim zu nehmen. Da haben sich beide zum letzten Mal gesehen. Aber auch jetzt ist meine Schwester so stark, obwohl sie nichts mehr selber kann.
Meine andere Schwester hat ein kleines Mädchen von mittlerweile 3 Jahre. Sie tat immer stark.... aber nach Mamas Tod ist sie bald zusammengebrochen.

Ich habe auch das Gefühl, mein zu Hause ist weg. Schwester im Heim und Mama Tod. Ich musste ihre Wohnung räumen.
Nichts, wo ich sie suchen kann.
Alles hat sich seit letztem Jahr verändert.

Aber ich gebe nicht auf.

Und Du bist jetzt für Deinen Hund da. Und auch Deine Familie wird Dich brauchen. Sei bitte weiterhin stark. Und wenn Du Antidepressiva nimmst.

Denk bitte immer daran, dass Deine Mama Dich auf die Welt gesetzt hat, damit Du LEBST. Und sie hätte nicht gewollt, dass Du so Gedanken hast.

Ich glaube auch, dass wir uns alle wiedersehen werden. Ich weiß es.

Ich wünsche Dir alle Kraft, die Du brauchst.

Liebe Grüße
Jeanine
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