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Alt 06.01.2018, 22:08
xap xap ist offline
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Standard AW: Absicherungschemo nach HIPEC

Hallo zusammen, hier schreibt Dagmar die Ehefrau von Thomas.

Thomas ist am 05.01.2018 verstorben.

Bis Weihnachten hatte Thomas, trotz Müdigkeit und Schwäche, noch eine "gute Zeit". Vor den Festtagen bekam er, trotz eines (guten) hb von 9,9 noch zwei Blutkonserven, damit er auf jeden Fall gut über die Feiertage kommen würde. Das war auch soweit der Fall. Zwischen den Jahren ging es dann zusehends abwärts. Er hatte plötzlich massiv viel frisches Blut im Stuhl und mußte auch mal frisches Blut übergeben (normalerweise oxidiert die Magensäure frisches Blut recht schnell, so dass es nicht mehr rot ist, aber durch seinen Magenstent merkte er wie Flüssigkeit vom Darm in den Magen lief, die er dann erbrach). Er wurde immer blasser, schlapper. Am 02.01. ging es zur Blutkontrolle (8,3 hb), am 03.01. gab es wieder zwei Konserven (da war der hb schon auf 7,8 und der CRP auf 333). Die Blutkonserven hat man kaum gemerkt.
Die Nächte ab Neujahr waren auch sehr unruhig und Thomas war ruhelos. Ab dem 03.01. veränderte sich auch sein Körperduft (unsere Tochter wollte nicht mehr so in seine Nähe, Kinder haben das sehr feine Antennen), er sagte auch zur Palliativärztin das er sich bereit für die letzte Reise fühlt. In der Nacht zum 04.01. bekam er einen blauen Strich am ganzen Unterbauch und an seiner OP-Narbe entlang, das waren für uns dann die sichtbaren Einblutungen im Bauch.
Mittags am 04.01. bekam er Morphium angehangen, den er als Bolus bekommen sollte. Schon nach der ersten Bolus-Dosis wurde er sehr, sehr müde und schlief nur noch. Sein Atmen, der sein Wochen eher kurzatmig war, wurde wieder tiefer, aber auch deutlich langsamer. Die Nacht vom 04. auf den 05.01. wahr sehr gut und ruhig. Am Morgen des 05.01. setzte er sich noch einmal auf die Bettkante und trank mit meiner Hilfe zwei Schluck Wasser, er hatte aber die Augen dabei geschlossen und war einfach nur müde. Er war so kraftlos, daß er auch das Glas nicht alleine halten konnte. Er wußte auch nicht mehr, wie er das Glas alleine an die Lippen führen sollte. (Das war irgendwie hart für mich, da er vor einem halben Tag noch so selbständig war....)
Danach legte er sich wieder mit meiner Hilfe hin und schlief. Wobei Schlaf vielleicht das falsche Wort ist, er war irgendwie schon in einer anderen Ebene/Zeit/Ordnung. Einmal war er unruhig, Bein streicheln hat nichts gebracht, aber die Hand nehmen und etwas fester drücken und das Gesicht streicheln (das mochte er sehr gerne) ließ ihn wieder ganz ruhig werden. Er war die letzten Tage wahnsinnig geräuschempfindlich.
Am 05.01. ging alles ziemlich schnell, Thomas ist um 12:30h über die Regenbogenbrücke gegangen. Um 10h verfärbten sich schon seine leicht grauen Füße blau, gegen 12h verfärbten sich die Fingerspitzen blau. Dann wurde der Atem schwerer, ich gab ihm noch einmal Morphium. Gegen 12:22h hatte er für kurze Zeit eine sehr schwere, krampfige Atmung, seine Augen waren weit aufgerissen, leicht nach oben verdreht und sein ganzer Körper war plötzlich angespannt. (Das war und ist für mich der schwierigste Teil des Sterbens gewesen - ich hoffe er mußte nicht so leiden, wie ich das alleine schon beim dem Gedanken an diese Minuten mache - mir kommen schon wieder die Tränen). Er schwitzte plötzlich sehr stark (kalter Schweiß), seine Haare an den Armen waren aufgerichtet. Ich hielt seine Hand und habe im leise Mut gemacht zu gehen, im gesagt, daß es ok ist, das er jetzt gehen soll, das er das schafft, das wir uns bald wiedersehen...
In dieser Zeit hörte das Herz auf zu schlagen (aufgrund seiner niedrigen Kilozahl konnte man schon Tage vorher immer die Herzspitze schlagen sehen unter den Rippen) und er senkte seinen Kopf wieder. Ich sprach weiter zu ihm (der Hörsinn hört wohl als letztes auf) und seine Augen bewegten sich zu mir und fixierten meine Augen und es kam soviel Liebe und Dankbarkeit daraus (von diesem Moment zehre ich so). Gleichzeitig "flatterte" etwas am Ellbogen und unter dem Schlüsselbein. Dann hörte das "Flattern" auch auf und seine Augen bewegten sich noch ein Stück weiter, er schaute aus dem Fenster. Das wars. Ich hielt seine Hand und seinen Unterarm. Dann hatte er es endlich geschafft. Es ist ok.

Thomas hat das Forum hier viel Mut gemacht und er freute sich über Eure Anteilnahme, Euer Dasein. Danke dafür.

Ich freue mich, daß er es geschafft hat. Zuhause zu sterben war sein Wunsch, wir haben das zusammen gemacht. Wir haben eine ganz wunderbare ehrenamtliche Sterbebegleiterin, danke an Dich Beate. Sie kam nach dem Tod von Thomas, wir haben uns etwas Zeit gelassen, nochmal mit Thomas geredet, Abschied genommen, angefangen zu begreifen.
Dann haben wir ihn zusammen gewaschen und zurecht gemacht. Er blieb bei mir fast 24 Stunden. Dann durfte die sterbliche Hülle vom Bestatter geholt werden. Es war gut für mich und auch für unsere 2,5 Jahre alte Tochter.