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Alt 20.11.2012, 22:31
Mamakinder Mamakinder ist offline
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Standard Glioblastom im Endstadium

Hallo

ich muss mir jetzt einfach mal ein paar Dinge von der Seele schreiben, und vielleicht kann mir die/der Eine oder Andere weiterhelfen...
Unsere Mama hat seit letztem Frühjahr die Diagnose Glioblastom bekommen.
Nach einer "erfolgreichen" OP, wo es hieß man konnte den Tumor "vollständig" entfernen musste sie 6 Wochen Bestrahlung /Chemo in Tablettenform ertragen. Dann folgte 12x Chemo (ebenfalls in Tablettenform) im Abstand von 4 Wochen.
Da es ihr, bis auf die üblichen Nebenwirkungen, ganz gut ging dachten wir, Sie hätte das ganze "überstanden"
Dieses Jahr im Mai hatte Sie dann einen Epileptischen Anfall, da ihr den ganzen Tag komisch war, erlitt sie ihn direkt in der Notaufnahme. Daraufhin wurde sie Stationär aufgenommen und ein paar Tage später wieder entlassen, da auch das MRT unauffällig war.
Durch die "Notfall" Tabletten und täglichen Anti-Epileptika Tabletten ging der Alltag für sie wieder ganz normal weiter. Wir haben Sie oft besucht und sie meinte immer es passt alles, nur manchmal hat Sie die Notfalltabletten benötigt wenn sie gemerkt hatte, das ihr "komisch" wurde.
Im August wurde sie dann wieder im Krankenhaus aufgenommen, wieder epileptischer Anfall. Dann wurde wieder MRT gemacht und dann kam die niederschmetternde Nachricht: es sind nun 3 Tumore ca. 3 cm groß, inoperable, Lebensdauer 4-6 Wochen
Dann ist sie wieder heim, hat ihre Beerdigung und alles Mögliche weitest gehend versucht zu organisieren / mit uns besprochen. Sie hat dann auch noch eine Chemo gemacht, was aber nur Placebo war, so wie ich das mitbekommen habe...
4 Wochen später hat sie dann ihren 54. Geburtstag mit der Familie und den engsten Freunden gefeiert, weil sie meinte: von einem Leichenschmaus hat sie selber nichts. (Den Humor hat sie bis dahin nicht verloren)
Das Fest war sehr bewegend. Es wurde viel gelacht und geweint und ein Stück Abschied genommen....
6 Wochen später ist mein Baby auf die Welt gekommen. Sie hat die ganze Zeit gehofft ihr erstes Enkelkind noch zu erleben....
Kurze Zeit später wurde Sie wieder ins Krankenhaus eingeliefert, da sie gestürzt war und sich eine Platzwunde zugezogen hatte. Daraufhin haben wir Kinder beschlossen, dass es nicht mehr möglich ist sie daheim zu pflegen, da es stetig bergab ging und wir uns eingestehen mussten, dass wir mit der Situation schlichtweg überfordert sind.
Wir haben ihr einen Heimplatz gesucht. die letzten Wochen wurde sie zunehmend verwirrter, extrem wesensverändert und teilweise aggressiv
Seit letzter Woche erkennt sie teilweise Personen nicht wieder und stürzt immer wieder aus dem Bett...und hat Todes-Angst.
Wir haben wirklich absoluten Respekt vor dem Heimpersonal. Sie sind freundlich, sehr sehr hilfsbereit und so weiter, aber nun leider auch überfordert mit so einem todkranken Menschen. Da meine Mama über Schmerzen im Rücken klagte wurde Sie heute wieder im Krankenhaus auf der Palliativ eingewiesen.

Jetzt zu unserem Problem: ein Hospiz gibt es bei uns in der Nähe nicht, ich sag jetzt mal grob: das Heim ist überfordert. Die Palliativ sagt sie sind kein Hospiz und können unserer Mama auch nur wieder eine kurze Zeit aufnehmen. Für das einzige Hospizzimmer in unserer Stadt stehen wir schon seit Wochen auf der Warteliste... Und jetzt?
Was mich wütend macht: Irgendwie wird unsere Mama von Einem zum anderen geschoben und keiner kann uns richtig weiterhelfen... weil jeder irgendwie überfordert ist oder eben nicht "darf". Das ist doch kein Leben mehr und was noch viel wichtiger ist: das ist doch kein würdevolles Sterben! Es weiß doch nur der liebe Gott wann er unsere Mama zu sich nimmt, soll sie noch 5x sich irgendwo eingewöhnen / verlagert werden? Das ist doch auch keine Lösung...
Ich wünschte wir wären emotional / nervlich / räumlich in der Lage sie zu uns zu holen.
Aber ich/wir können nicht und ich will und kann mir und auch meinem Bruder keinen Vorwurf machen...
Heute hatten wir ein Gespräch in der Palliativ, die unsere Ängste und Sorgen verstehen, und unsere Mama nun doch länger sprich 1-2 Wochen behalten können weil sie mit neuen Medikamenten (keine lebensverlängernden Maßnahmen, nur damit sie ruhiger wird…) eingestellt wird.
Ich bin so traurig weil sie von uns geht,
so wütend weil ich irgendwie das Gefühl habe das unser System nicht mehr funktioniert,
so hilflos weil uns keine Lösung einfällt,
so ängstlich, weil uns keiner hilft bei diesem schweren Weg und ich nicht weiß ob wir die richtige Entscheidungen treffen,
so irritiert das Fachpersonal überfordert ist und die Angehörigen nach Rat fragt,
einfach so überfordert…..
ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich das hier alles schreibe… um mir Luft zu machen? Um meine Trauer zu verarbeiten? Um Gehör zu finden? Um zu wissen, dass das ein trauriges Einzelschicksal ist oder um zu wissen, dass das leider unser Gesellschaft ist, die so eine Geschichte „würdevolles Altern und Sterben“ nennt? Ich weiß es nicht, ich würde gerne was ändern /tun, wünschte es würde anders laufen, aber eins ist gewiss unserer Mama wird das auch nichts mehr helfen, sie wird weder wieder gesund, noch kann sie so in Ruhe einschlafen wie man es sich für einen geliebten Menschen wünscht, wenn dieser so todkrank ist….
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