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Alt 20.02.2011, 02:09
ZtGabi ZtGabi ist offline
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Standard AW: Wer traut sich ohne Chemo?

Hallöchen Zimtsocke,

ich denke mal,es wird im Prinzip egal sein, wieviel Meinungen ihr hört, lest und Euch einholt. Im Endeffekt wird Deine Mutter das dann nach ihrem "Bauchgefühl", eben ihrer inneren Überzeugung entscheiden. Denn es wird keiner trotz guter Argumente, trotz positiver Erfahrungsberichte sich dafür entscheiden, wenn sich das "Innere" dagegen sträubt.
Man kann versuchen, diese innere Einstellung zu beeinflussen, aber es wird schwer, wenn sie fest "zementiert" ist.

Mir ging es nach der ersten großen OP (und die war wirklich groß, weil sie neben den "üblichen" Organen auch noch große Teile des Darmes mit Anlage eines Anus Praeter, Teile der Leber, einen Teil des Magens, die Milz sowie das Blasenperitoneum entfernt hatten) doch relativ schnell wieder gut. Ich habe nicht einen Augenblick gezögert, der Chemo zuzustimmen, um auch den letzten verbliebenen Krebszellen den Garaus zu machen. Dass es mir dabei schlechter gehen könnte als nach der Krankenhausentlassung war mir klar, aber die Aussicht, danach evtl. krebsfrei zu sein, war mir ein lohnendes Ziel. Zudem hatte ich mir immer gesagt, dass alles nur vorübergehend ist, also Übelkeit, Erbrechen, Haarverlust. Und so war es ja auch.
Ich weiß ja nicht, ob es bei Deiner Mutter "nur" die Bedenken sind, dass es ihr dann wieder schlechter gehen könnte als jetzt oder ob es eine grundsätzliche Abneigung ist.
Klar wird das Immunsystem geschwächt, die körperliche Kraft lässt in dieser Zeit nach - (ich habe z. B. beim Treppensteigen oder anderen Aktivitäten immer geschnauft wie ne alte Dampflok und musste zwischendurch Pause machen, was ich ja von mir gar nicht kenne) - aber nach Beendigung der Chemo erholt sich der Körper auch wieder. Wie schnell , das ist unterschiedlich und hängt auch ein bißchen von jedem selbst ab (meine Meinung).
Vielleicht noch meine Erfahrung von meiner Chemo nach dem Rezidiv im letzten Jahr. Im Juli erfolgte die Rezidiv-OP, eine Woche danach eine Not-OP, Dieses Mal habe ich mich nicht so schnell erholt. Nach drei Wochen wurde ich auf mein Drängen hin entlassen, obwohl ich absolut noch nicht so auf dem Posten war, aber ich hielt es bei der Hitze damals einfach nicht mehr im KH aus. Zu Hause musste ich mich oftmals übergeben, obwohl ich nur wenig gegessen hatte und habe eine innige Beziehung zu meiner Couch entwickelt . Das lag sicher daran, dass sie 2/3 des Magens entfernt hatten und ich meine Essgewohnheiten erst darauf einstellen musste. Also mit den Kräften war es nicht weit her, zumal ich 8 kg Körpergewicht im KH gelassen hatte, wog nur noch 51 kg bei 1,73 m Körpergröße. Trotzdem begann die Chemo eineinhalb Wochen später und da hatte ich auch mal ein klein wenig Zweifel. Aber im Endeffekt habe ich nicht gewollt, dass länger gewartet wird. Während der 6 Zyklen hatte ich noch mehr zu kämpfen gehabt, weil Übelkeit, Erbrechen (trotz Medikamente) und Schmerzen sehr oft meine Lebensqualität erheblich eingeschränkt haben. Aber seit ca. 3 Wochen geht es mir wieder richtig gut. Kann auch "normal" essen (muss ja wegen meinem Magen aufpassen) und habe auch schon 1,5 Kilo zugenommen.
Also, auch wenn der Körper geschwächt ist, steht man es durch und erholt sich hinterher wieder.
Wichtig war bzw ist für mich das Gefühl, mit dieser Chemo selbst etwas gegen den Krebs tun zu können und mir keine "Vorwürfe" machen zu müssen, nicht alles versucht zu haben.
Ach ja, auch wenn das Immunsystem geschwächt ist, so vernichtet ja die Chemo noch verbliebene Krebszellen, wenn sie denn anschlägt.
Ach so, noch eins - auch wenn im CT nichts zu sehen ist, so heißt das nicht, dass nichts mehr da ist. Mein Tumormarker war bei meinem Rezidiv schon ein dreiviertel Jahr immer leicht angestiegen, erst dann war im CT was zu erkennen.

O weija, nun habe ich einen Roman geschrieben, aber vielleicht konnte ich aufzeigen, dass die Chemo einen zwar schwächt, aber nicht vernichtet und die Chance auf "Heilung" oder einen Wachstumstillstand und damit eine Lebensverlängerung bietet.

Egal zu welcher Entscheidung Deine Mutter kommen wird (und nur sie kann im Endeffekt entscheiden), wichtig ist, sie ist mit dieser im seelischen Gleichgewicht.

Das wünsche ich ihr und ganz viel Lebensmut und Kraft...Gabi.
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