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Alt 23.12.2005, 08:03
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Du fehlst mir, und ich möchte von Dir erzählen

Liebe Mami,

gestern wäre Dein 61ster Geburtstag gewesen. Wir waren wieder Essen - wie jedes Jahr. Ich weiss, Du wolltest das nie, so kurz vor Weihnachten, mitten in den Vorbereitungen - aber wir haben immer darauf bestanden und Du hast nachgegeben. Und in diesem Jahr wollten nicht damit aufhören. Auf den Tag 3 Monate vor Deinem Geburtstag hast Du im Hospiz in meinen Armen Deine letzten Atemzüge getan. 4 Monate hatten wir, von der Diagnose bis zum Ende. 4 Monate, in denen wir eine schlechte Nachricht nach der anderen zu verdauen hatten, wenig Zeit blieb für Hoffnung, wenig Zeit, das Schicksal zu akzeptieren. Viel zuwenig Zeit, um noch alles in Ordnung zu bringen - doch immerhin die Möglichkeit zu verzeihen, zu danken, einfach mal für Dich da zu sein.

Ich weiss, Du warst immer stolz auf Deine "wohlgeratenen" Kinder, die Du als alleinerziehende Mutter sicher nicht ohne Schwierigkeiten zu dem gemacht hast, was sie sind. Schade, dass Du selbst nicht sehen wolltest oder konntest, welchen großen Anteil Du daran hattest, welch gutes Vorbild Du mir immer warst.

Mir fehlt Dein guter Rat, den Du immer gabst, ohne Anspruch, dass ich mich daran halten müsstest. Mir fehlt Deine Gabe zuzuhören, Deine Gabe, Menschen einfach so zu akzeptieren wie sie sind. Mir fehlt es, mit Dir jetzt zu Weihnachten Pläne zu machen und zu dekorieren, und über die Hektik und den fehlenden Weihnachtsgeist zu schimpfen. Meine Weihnachtskiste habe ich zwar geholt, die einzige Girlande ist aber um das Bäumchen auf Deinem Grab, dort brennen auch die einzigen Kerzen, die ich dieses Jahr zu Weihnachten angezündet habe. Wir werden morgen in den Urlaub fahren - ich weiss, Du würdest das verstehen.

So vieles ist noch unerledigt. Die Bürokratie war auch nie Deine Stärke, so fühle ich mich Dir oft überraschend verbunden, wenn ich sehe, wie lang die Liste noch ist. Vor ein paar Tagen blinkte mich beim Nachhausekommen der Anrufbeantworter an und mein erster Gedanke war, das müsstest Du gewesen sein, weil wir schon so lange nicht mehr telefoniert haben.

Ich halte mich fest an dem Gedanken, dass da wo Du jetzt bist keine Schmerzen mehr sind, keine Quälenden Entscheidungen zu treffen sind - und ich hoffe, dass Du dort Deine große Liebe wiedergetroffen hast, die Dir so früh genommen wurde.

Ich vermisse Dich so.
Du wirst immer in meinem Herzen sein.
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