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Alt 28.02.2017, 02:24
lotol lotol ist offline
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Standard AW: Hospiz ..und jetzt?

Liebe(r) Stern 249,

es tut mir sehr leid für Dich/Euch, daß ihr beide das so erleben müßt:
Zitat:
Seitdem sie dort eingezogen ist, geht es stetig bergab. Es hat sich vor 2 Monaten schon angekündigt, es kam immer etwas "neues" hinzu. Übelkeit, Schmerzen, Schwindel. Der Schwindel nimmt täglich zu, sie kann kaum etwas essen (möchte auch nicht, was ich gut verstehe)...
Denn nach allem, das Du vorher beschriebst, kommt nun sehr viel zusammen, das (vermutlich) zum Tod Deiner Mutter führen wird.
Schmerzvoll für Euch beide sowie evtl. weitere Angehörige.

Zitat:
Nun ist es seit 2 Tagen wirklich extrem...

... Sie hat geweint, weil sie so schwach ist ...es bricht mir das Herz sie so kämpfen zu sehen, gegen die Schwäche, gegen sich selbst ...ich versuche ihr, so gut es geht zu helfen, will sie aber auch vieles allein machen lassen, um ihr irgendwie die Stärke zurück zu geben ...immer nur mit minimaler Hilfe von mir, damit sie sich nicht so "klein" fühlt. Gibt es in der Situation ein richtiges oder falsches Verhalten? Ich weiß es nicht...ich wünsche ihr - und ich hätte vor Diagnose niemals gedacht, dass ich sowas denke - nur, dass sie endlich erlöst wird. Sie quält sich jeden Tag genau das, was jetzt ist, wollte sie niemals. Niemals die Selbstbestimmung und die Kraft verlieren. Und jetzt...? Ich würde ihr so gerne helfen, irgendwas tun, was es ihr erleichtert. Aber gibt es da was?
Ich denke schon, daß es in dieser Situation ein richtiges Verhalten gibt.
Sowohl aus der Sicht Deiner Mutter, als auch aus Deiner.

Du sagst ganz richtig, daß Deine Mutter weint, weil sie so schwach ist.
Genauer gesagt, weil sie krankheitsbedingt und mangels Essen (Energiezufuhr) einfach nicht mehr dazu in der Lage ist, das, was ihr Geist will, ihrem Körper "aufdrücken" zu können.
Anders ausgedrückt versagt ihr Körper den Dienst, den ihr Geist (noch) will, weil er dazu zu schwach ist.

Damit einher geht das, was uns Menschen wohl allen gemeinsam ist.
Die Erkenntnis, daß das hier:
"Niemals die Selbstbestimmung und die Kraft verlieren."
schlicht und einfach irgendwann beendet sein wird.
Sei es bedingt durch körperliches und/oder geistiges Versagen.

Das jeweilige Versagen führt zwangsläufig früher oder später zu einer "inneren" Kapitulation:
Weil alle Hoffnung auf ein evtl. mögliches Weiterleben stirbt.
Was gleichbedeutend damit ist, daß jeglicher Kampf als sinnlos erkannt und aufgegeben wird.

Du brauchst nicht zu glauben, daß Deiner Mutter das hier nicht klar wäre:
Zitat:
...ich wünsche ihr - und ich hätte vor Diagnose niemals gedacht, dass ich sowas denke - nur, dass sie endlich erlöst wird...
Weshalb ich auch denke, daß Deine Überlegung hierzu:
Zitat:
...ich versuche ihr, so gut es geht zu helfen, will sie aber auch vieles allein machen lassen, um ihr irgendwie die Stärke zurück zu geben ...immer nur mit minimaler Hilfe von mir, damit sie sich nicht so "klein" fühlt...
falsch ist.
Denn es geht weniger darum, Deine Mutter "vieles allein machen zu lassen" oder sie sich nicht "klein" fühlen zu lassen, sondern viel mehr darum, ihre mangelnde Stärke nach Kräften bestmöglich kompensieren zu können.
Denn das ist die einzige Stärke, die Du ihr zurückgeben kannst, weil sie selbst keine Stärke mehr hat, die sie "zusetzen" könnte, um ihren Körper ihrem Geist "gefügig" machen zu können.

So traurig das alles auch klingen mag:
Verschwend bitte keinerlei Gedanken daran, was Du Deiner Mutter wünschst, sondern überlaß ihr, wann sie den Zeitpunkt ihrer "Kapitulation" für gekommen hält.
Begleit sie bitte bis dahin im genannten Sinn mit all Deinen körperlichen, geistigen und emotionalen Kräften und kämpf ihren Kampf mit bis zum bitteren Ende.
Denn mehr kannst Du für Euch beide nicht mehr tun.

Ich wünsche Euch viel Kraft dabei.
Auch letztlich die zum "Loslassen" voneinander.


Liebe Grüße
lotol
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Krieger haben Narben.
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1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
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