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Alt 03.08.2005, 20:05
Gast
 
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Standard Schlaf gut Papa...

Hallo Leute,

ich hatte mich ganz am Anfang hier mal gemeldet. Mein Vater ist am 19.03.05 mit 64 Jahren an Darmkrebs gestorben. Mittlerweile sind schon wieder fast 5 Monate seit dem vergangen. Wie schnell doch die Zeit vergeht...All die organisatorischen Dinge sind längst erledigt. Auch ich habe die leidige Erfahrung mit einer Unmenge von Trauerkarten gehabt. Ihr habt Recht. Alles nur pure Oberflächlichkeit. Das Leben geht weiter, sie finden was anderes zum Tratschen. Sorry meine Ausdrucksweise ist manchmal etwas bissig, aber ich habe das Ganze schon mal vor ungefähr 9 Jahren mitgemacht, als meine Mutter starb, Selbstmord. Man lernt unheimlich daraus. Ich kenne zwar jede Menge Leute, aber die auf die ich immer zählen kann, kann ich an einer Hand abzählen. Merke ich jetzt auch wieder.
Bei meinem Vater wurde im Juli 2002 Darmkrebs festgestellt. Der hatte aber schon Metastasen in Lunge und Leber gebildet. Die OP am Darm war zwar erfolgreich, mir wurde aber gleich gesagt, daß eine Heilung nicht mehr möglich ist. Dann bekam er eine Chemo nach der anderen, alles ambulant. Obwohl er sofort Rentner wurde hat er natürlich weitergearbeitet. Irgendwann, Ende 2003 ging es dann aber nicht mehr.von da an ging es ihm immer schlechter. Einsetzender Dauerhusten und Gewichtsverlust. Ende letzen Jahres wollte er selbst ins Krankenhaus. Die niederschmetternde Diagnose kam kurz vor Weihnachten. Tumor im Knie und die Lunge voll mit Metastasen. Die Ärztin gab ihm noch 3 Monate und sollte recht behalten. Bis zum Schluß hat mein Vater gekämpft und gehofft, daß er den Krebs besiegen wird. Er hat es einfach verdrängt. Und ich habe auch gehofft und gehofft, aber die letzte Diagnose....Er ist im Krankenhaus gestorben. Ich war die letzten 2 Tage bei ihm. Allerdings habe ich die allerletzte Nacht aufgegeben, ich konnte einfach nicht mehr. Ich war seelisch und körperlich am Ende. Jedem der sowas durchhält, zolle ich unwahrscheinlichen Respekt. Niemand kann dir sagen, wie lang das dauern wird, Stunden, Tage.....Ich glaube aber, ich wollte eigentlich nicht sehen, wie er seinen letztn Atemzug macht. Sorry, das war meine Entscheidung. Es ist grausam jemand so sterben zu sehen, der keine Luft mehr bekommt, weil keine Lunge mehr da ist. Er hat Morphium bekommen, daß er es nicht bei vollem Bewußtsein mitbekommt.Er hat gekämpft und gekämpft, wollte gehen, aber es ging einfach nicht. Samstag früh um 5 Uhr ist er eingeschlafen.
Wenn ich das jetzt schreibe, ist alles wieder da. Das vergißt man nie. Vielleicht muß ich noch sagen, daß das Verhältnis zu meinem Vater nicht ganz so gut war, aber wenn man das erlebt ist alles Vergangene nebensächlich. Er fehlt mir einerseits unheimlich, andererseits ist ein großer Druck von mir gefallen. Ich glaube, er schaut von oben zu und begleitet mich überall hin.
Ich weiß, wie sich viele hier fühlen, wenn man merkt, daß Leben geht einfach so weiter. Übrigends bin ich 32 Jahre und habe schon wieder viel zu viel geschrieben. Denke aber, daß das ganz gut tat.
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