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Alt 29.01.2009, 10:56
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Kleinzelliger Bronchialkrebs mit vielen Metastasen

Liebe Anastra,

Zitat:
Meine Mutter sagt zu mir sie könne nicht mehr - ich auch nicht. Da meint sie nur sie verliere schliesslich ihren Partner mit dem sie über 30 Jahre zusammen ist und ich "nur" den Vater. Das tat so weh. Ich konnte nichts mehr sagen.
Mir geht es wirklich sehr schlecht deshalb, und ich falle irgendwie immer mehr in ein Loch. Stelle mir seit Tagen vermehrt die Frage ob ich das alleine schaffe oder ob ich mir Hilfe holen soll. Ich weiß nicht ob Psychoonkologen auch Angehörige betreuen oder nur Betroffene.
Man ist gänzlich überfordert mit der ganzen Situation. Man will allem gerecht werden, möchte den Erkrankten schützen und am liebsten behandeln wie ein rohes Ei. Darüber hinaus vergisst man sich selbst sehr oft. Zumindest nach außen hin. Hat man dann eine ruhige Minute und lässt die Ereignisse und die unterdrückten Gefühle und Gedanken Revue passieren, dann erkennt man für sich selber, wie tief das Loch wirklich ist, in dem man steckt.

Dann reflektiert man die eigenen Perspektive. Die Aussage Deiner Mutter zeigt ja wie tief auch ihre Verzweifelung ist, und wie aktiv ihr "Kopfkino" zur Zeit routiert. Ich denke dieses Aussage, die sie da gemacht hat, die sollte weniger eine Wertigkeit darstellen, als vielmehr Ausdruck dessen sein, wie sehr sie das schmerzt.

Man kann Trauer, Kummer, Verzweifelung niemals gegeneinander gewichten, weil man nicht in der Haut des jeweils anderen steckt. Sieh es ihr nach. Ich selber werde an manchen Tagen, wo ich so traurig bin über die Erkrankung meiner Mama, so ungerecht. Dann höre ich von Beispielen meiner Freundin, deren Vater an den Augen operiert werden muss, und denke:"Ja, wenn das nur alle meine Sorgen wären!" Das ist auch nicht gerecht und nicht richtig, und das weiß ich auch. Und dennoch schießen einem mitunter Gedanken durch den Kopf, für die man sich selber ohrfeigen könnte.

Psychoonkologen sind auch für die Betreuung von Angehörigen da. Wichtig ist, dass man sich selber bei all dem nicht aus den Augen verliert. Insofern finde ich es gut, dass Du darüber nachdenkst, Hilfe von außen anzunehmen. Ich kenne Deine derzeitige Gefühlslage so gut und auch die Verzweifelung die Du verspürst. Ich wünsche Euch vielleicht mal in aller Ruhe die Gelegenheit zu einem innigen Gespräch, in dem auch Du Deinen Gefühlen besser Ausdruck verleihen kannst. Die Seele verschafft sich manchmal Luft, um allen Anforderungen besser gewachsen zu sein.

Liebe Grüße und Kopf hoch

Annika
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