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Alt 06.04.2006, 18:39
Ane Ane ist offline
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Registriert seit: 01.03.2006
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Standard AW: Aufgebrochenes/offenes Brustkarzinom

Hallo ihr alle,

ich muss Euch sagen, es betrifft nicht nur die "ältere Generation".
Vor ca. 6 Wochen wurde bei meiner Schwester (48) Brustkrebs festgestellt, im fortgeschrittenen Stadium. Sie hat bereits Knochen-, Hirn- und Lungenmetastasen. Ich erzähl Euch mal, wie es überhaupt zur Diagnosestellung kam:
Im Sommer 2005 fing meine Schwester an leicht zu humplen und "schief" zu gehen. Na ja, es fiel natürlich auf und meine Mutter und ich sowie auch andere sprachen Sie darauf an. Sie meinte aber nur, "sie hätte sich wohl verhoben oder wäre umgeknickt". Dieses "Humpeln" wurde aber langsam immer schlimmer. Aber die Antworten waren immer gleich: "Rückenschmerzen vom vielen Sitzen am Schreibtisch", "falsch gelegen", "umgeknickt" etc. Meine Mutter und ich (ich wohne 400 km entfernt) haben Sie immer wieder darauf angesprochen und gesagt, sie sollte doch mal zum Arzt gehen - aber: keine Chance: "So schlimm wäre es ja nun auch nicht!" - war die Antwort. Das ging so bis Anfang Februar 2006. Dann fiel meiner Mutter auf, dass meine Schwester mit der linken Hand ißt (sie ist Rechtshänderin). Nach Rückfrage hieß es dann: "ich weiss auch nicht, irgendwie habe ich keine Kraft in der Hand, wenn es nicht besser wird, muss ich mal zum Arzt gehen!" Das ging dann bis Mitte Februar so. Da war es dann so schlimm, daß sie nicht zur Arbeit fahren konnte (mit dem Auto) und nun gezwungen war, zum Arzt zu gehen wegen der Krankmeldung. Der Orthopäde hat geröngt, aber nichts festgestellt und sie zum Neurologen überwiesen. Der Neurologie hat sie dann direkt zum Kernspin geschickt. Ja, und da kam dann die Diagnose. Meine Mutter und ich sind aus allen Wolken gefallen - aber meine Schwester in dem Moment: völlig cool. Sie wurde dann direkt ins Krankenhaus überwiesen, wo ihr am nächsten Tag die rechte Brust abgenommen wurde. Ich fand das dann sehr schnell und stellte natürlich Fragen. Erst dann erzählte sie mir, dass sie schon vor ca. 3 Jahren einen Knoten in der Brust gefühlt hätte, der dann immer größer geworden und aufgebrochen ist (im Sommer 2005!). Die OP wurde jetzt so schnell gemacht, weil der offene Bereich wohl ca. Handtellergroß war. Ich konnte und kann es eigentlich bis heute nicht glauben, dass sie nicht zum Arzt gegangen ist. Ich hab sie auch gefragt, warum. Jetzt im Nachhinein sagt sie, es war wie ein Teufelskreis: erst den Knoten ertastet; dann die Angst es könnte Krebs sein; nicht zum Arzt gehen - weil solange es nicht sicher ist - kann man es verdrängen und so tun als wäre es was anderes; dann wird der Knoten größer und größer und platzt, die Angst auch und jetzt auch noch die Angst vor der Frage, warum sind sie nicht schon früher gekommen; dann die Lügen vor allen Anderen; usw.
Man muss sich das mal vorstellen: ca. 3 Jahre hat niemand etwas gemerkt. Sie hat ein perfektes Lügengerüst vor sich selbst und vor allen anderen aufgebaut! Einfach aus Angst vor der Wahrheit!
Ich hab dann auch lange mit ihrem Arzt darüber gesprochen und der hat mir erzählt, dass das gar nicht mal so selten vorkommt, dass Frauen erst dann zum Arzt gehen, wenn die Schmerzen unerträglich werden oder so wie bei meiner Schwester sie aufgrund von Krankmeldungen etc. dazu gezwungen sind. Oft ist dann das Karzinom schon aufgebrochen.
Mittlerweile ist meine Schwester in einer Strahlenklinik und wurde am Kopf bestrahlt (Hirnmetastase - deshalb auch der Funktionsausfall des rechten Armes) und wird jetzt am Becken bzw. Oberschenkel bestrahlt (Knochenmetastase - deshalb auch die Schieflage und das Humpeln.

Die Diagnose bzw. Prognose ist eher schlecht. Aber natürlich unterstützen wir sie als Familie so gut es geht und machen ihr auch keine Vorhaltungen o. ä.

Euch habe ich diese kurze Zusammenfassung geschrieben (es waren noch viele andere Dinge, die aber einfach zu lang wären, um sie alle aufzuführen, hier ein paar Stichworte: Vorgeschichte-Vater an Krebs gestorben, Geruch, schwarze weite Kleidung), weil ich denke, es gibt viele verschiedene Motive, nicht zu einem Arzt zu gehen. Man sollte diese Menschen nicht verurteilen!!!

Ich auf jeden Fall liebe meine Schwester, helfe ihr und werde ihr beistehen, egal, warum und weshalb sie nicht zum Arzt gegangen ist.

Euch allen wünsche ich für die Zukunft alles Gute und finde es klasse, dass es dieses Forum gibt. Es hilft ungemein, mit anderen Menschen darüber zu sprechen, die ebenfalls betroffen sind und einen deshalb einfach besser verstehen können.

Liebe Grüße

Ane
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