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Alt 23.10.2007, 01:57
SinnlosesLeiden SinnlosesLeiden ist offline
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Frage Wie kommt der Tod?

...ich schneide hier ein Thema an, mit dem sich niemand wirklich befassen möchte, aber ich habe Angst vor dem unabwendbaren Schicksal...

Zu erst möchte ich mich Euch vorstellen:

Mein Name ist Sonja und ich wende mich an Euch, da mein Vater (57 Jahre, Astrozytom III links insulär) nach 10 Monaten brutalem Auf und Nieder den Kampf gegen den Tumor aufgibt.

Kurzbeschreibung Krankenverlauf:
2006: beginnende Persönlichkeitsveränderung, Introversion, Depression, Abgeschlagenheit, Empfingungstörungen rechte Hand
08-12/06: massive Zunahme der vorbeschriebenen Auffälligkeiten plus plötzliche Sprachprobleme
01/07: Neurologentermin, V.a. Schlaganfall
CT-Termin Ergebnis "3-4-5cm große Raumforderung", MRT, PET, Biopsie, molekularbiologische Untersuchung Ergebnis "Astrozytom III" niedrige Zellteilungsrate
Medikation: hochdosiert Fortecortin innerhalb weniger Tage massive Verschlechterung Gesundheitszustand 100% Pflegefall
03/07: Bestrahlung mit 60Gy im Klinikum GAP
04/07: in Planung AHB, in der Reha wird schwere Lungenentzündung festgestellt - Einlieferung in die Klinik (Prognose: 3-4 Tage) hoch dosiert Kortison u. Antibiotika - wir rechnen mit dem Schlimmsten
jedoch leichte Verbesserung, Entlassung nach Hause, vierteljährliche MRT-Kontrolle, immer up's und down's (leider mehr down's)
08/07: neuer Tumor im Thalamus, Biopsie, immer noch AstroIII, niedrige Zellteilung, Therapieempfehlung Chemo mit Themodal oder PCV
09/07: Notfall ab ins Klinikum, Kontroll-CT: Ödem ist fast so gross, wie die komlette linke Gehirnhälfte, V.a. Zyste oder Nekrosen oder Glioblastom - mein Vater verweigert seitdem jede weitere Untersuchung.

Meine Mutter und ich haben ein sehr inniges Verhältnis zu meinem Vater und pflegen ihn, entgegen aller Ratschläge (Ärzte, Krankenkasse, Pflegekasse, Hospiz) und bei weitem über die eigene Belastungsgrenze hinaus, zu Hause. Er ist bettlägrig, kann weder selbst essen, sich waschen, zur Toilette gehen oder sonst was. Das Sprechen ist bis auf kurzfristige Besserung sehr schlecht, wirr, unverständlich, aber wir verstehen uns blind. Geistig ist er (leider) voll da, bis auf immer häufigere Aussetzer. Er wehrt sich mit aller Kraft gegen Schmerzmittel und verweigert bis auf Kortison alle Medikamente. Es ist sein innigster Wunsch, zu Hause bei uns zu sein - und er war die ganze Zeit positiv gestimmt und motiviert den Kampf gegen den Tumor zu gewinnen. Wir haben von den Ärzten immer sehr vage Prognosen erhalten (1-3 Jahre, 3-4Tage, max. 3-6 Monate, ...) niemand konnte/wollte uns sagen, was alles auf uns zu kommt. Wir haben dem Schicksal ins Auge gesehn und uns der Herausforderung gestellt, aber seit dem "Notfall" vor ein paar Wochen ist die Motivation meines Vaters auf den Nullpunkt gesunken. Er spricht in "wachen Momenten" sehr ruhig mit uns, und hat uns häufig unter Tränen gestanden, dass er nicht mehr kann und endlich sterben möchte. Die kleinen zwischenzeitlichen Besserungen hat er nie bewusst wahrgenommen und sagt uns, er wäre bei Beginn der "Krankheit" schon gestorben...

Es sind sehr harte, aber wahre Worte, die ich hier niederschreibe: Ich kann meinen Vater verstehen und habe akzeptiert, dass er nicht mehr will. Wir geben ihm täglich das Gefühl, dass wir seine Entscheidung mit ihm tragen und ihn dabei unterstützen - wie lang es auch dauern mag.

Nun meine Fragen an Euch: Ich weiss, viele (alle?) sind hier um trostspendende Worte anderer zu hören, oder sich mit Erfahrungen/Behandlungsmethoden auszutauschen... aber ich hoffe, dies hier lesen auch diejenigen unter Euch, die ihrerseits bereits leider einen geliebten Menschen verloren haben...

Wie kann ich meinen Vater/meine Eltern in diesen schweren Stunden/Tagen/Wochen begleiten?
Wie kann man Trost spenden, Mut machen "los zu lassen", ihm das Gefühl geben, das es gut ist, wenn er "geht"?
Auf was müssen wir achten, wie erkennt man beginnendes Sterben?
Und nun die schwierigste Frage: Wie kommt der Tod?
Ich habe gelesen, dass in vielen Fällen einfach die Atmung aussetzt?
Wer kann und will mir seine Erfahrungen mitteilen? Ich vergewissere Euch, alles vertraulich zu behandeln.


Ich bin so unendlich traurig, dass ich meinem Vater immer unnötig Hoffnung gemacht haben und ihm versichert habe, dass wir gemeinsam diesen Kampf gewinnen... Wir waren sehr zuversichtlich und hatten starkes Gottvertrauen.
(Ich für meinen Teil haben den Glauben jedoch verloren)

Vielen Dank für Eure Hilfe!
Sonja
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