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Alt 04.07.2012, 16:42
Dirk1973 Dirk1973 ist offline
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Standard AW: Organspenden - Für und Wider

Liebe(r) Eos,

bitte korrigiere mich, aber Du erscheinst mir ein wenig beratungsresistent und festgefahren.
Auf jeden Fall verwirbelst Du Fakten mit gefährlichem Halbwissen um dann passende Argumente zu finden, die Dich befriedigen. Vielleicht glaubst Du auch das, was Du schreibst. Nur muss ich jetzt einfach mal wieder dazwischen gehen und ganz klar schreiben: ganz so wie Du es hier schilderst, ist es eben nicht. Bis hierhin habe ich mich bewusst etwas bedeckt gehalten, aber offensichtlich muss man jetzt der Ehrlichkeit halber etwas offener werden.

Bis überhaupt eine Hirntoddiagnostik eingeleitet wird, muss der vermeintliche Spender schon sehr üble Probleme haben. Dieses Patientenklientel erfährt in aller Regel bereits in der Aufnahmephase in der Klinik die Maximaldiagnostik, weil sie schon jetzt mit einem haarsträubenden Zustand eingeliefert werden. Alleine ein Schädel-CT kann schon sehr deutlich im Zusammenhang mit der jeweiligen Klinik des Patienten zeigen, was so alles kaputt ist und wohin die Reise geht. Gibt es auch nur ansatzweise eine reelle Wahrscheinlichkeit für einen Therapieerfolg, so wird diese Therapie auch begonnen. Zeigt sich im weiteren Verlauf, dass es eben doch nicht gelingt den Menschen zu retten und die Hirnschädigungen mit einem Leben unvereinbare Ausmaße annehmen, kann an eine Organspende gedacht werden.
Ja, grundsätzlich können Patienten mit sehr schlechter Prognose schon mal bei der DSO oder Eurotransplant in Aussicht gestellt werden. Dies soll Zeitverzug vermeiden, wenn es denn so ist.
Aber deswegen wird bei niemandem eine Therapie abgebrochen. Das hat nicht nur etwas mit dem von Dir so gerne zitierten Hippokratischen Eid zu tun. Vielmehr drückt die Last des Strafgesetzbuches. Der Hippokratische Eid ist zwar ganz nett und sicher auch eine Grundmoral des Ärztetums..... aber nicht wirklich verpflichtend. Du sollst auch am Zebrastreifen anhalten, wenn Fussgänger rüber möchten. Übrigens in einer rechtlich verbindlichen Verordnung festgeschrieben. Und wann hast Du das letzte mal am Zebrastreifen angehalten ?

Die von Dir angerissenen Hirntod-Diagnostiken sind wissenschaftlich stand der Dinge. Es scheint mangels glaubhaft belegbarer Fakten bewiesen, dass das Erlöschen der elektrischen Hirntätigkeit über einen längeren Zeitraum als irreversibles Ende des Lebens darstellt.
Ich schrieb es schonmal: Hirntote "leben" nur weiter, weil sie von "außen" Sauerstoff (mittels Beatmung, die das "tote" Hirn sonst auch nicht mehr steuern würde) und diverse Medikamente erhalten, damit das (autark funktionierende) Herz-Kreislauf-System aufrecht erhalten wird.
Alleine schon ohne die Beatmung wäre der Hirntote auch "richtig" tot, denn das Hirn steuert die Atmung.

Warum Narkose / Sedierung bei der Organentnahme?
Auch das schrieb ich schon. Hier geht es um Reflexe die im Rückenmark oder direkt als Eigenreflex verarbeitet werden. So kann es z.B. durchaus vorkommen, dass beim Eröffnen des Bauchraums der Spender zusammenzuckt etc. Grund ist die Durchtrennung der entsprechenden Nervenbahnen z.B. in der Bauchdecke. Das hat nichts mehr mit dem Gehirn zu tun, da diese Reflexe ohnehin gar nicht dort verarbeitet werden. Derartige Patientenbewegungen sind aber unerwünscht, da sie die Gefahr von Organschädigungen während der Entnahme massiv erhöhen.
Auch bedeutet ein unkontrollierter Blutdruck ein massives Blutungsrisiko. Eine Entnahme dauert oftmals mehrere Stunden. Und alle Organe sind auf eine ausreichende Durchblutung angewiesen. Wenn der Patient durch die OP nun aber mit dem Blutdruck hochgeht und es zu unkontrollierbaren Blutungen kommt, wird es für die später zu entnehmenden Organe vielleicht eng. Im schlimmsten Falle werden die Blutungen unbeherrschbar und die Entnahme muss abgebrochen werden, weil die Organe durch die Mangelversorgung bereits Schaden genommen haben.
Patienten in Narkose sind viel einfacher stabil zu halten.
Nicht zuletzt analgesiert und sediert man aus ethischen Gründen. Getreu dem Motto: es kann ja nicht schaden.

Ob Dich das jetzt nun überzeugt hat und in Deine Anschauung zum Thema Organspende ist oder nicht..... so ist es nun mal.

P.S.: bis vor wenigen Jahren völlig exotisch und heutzutage schon gängige Routine: Patienten mit sog. Heimbeatmung. Das sind Menschen, die wg. schwerer Hirn- bzw. Nervenschädigungen nicht mehr selbständig atmen können. Allesamt bis vor wenigen Jahren potentielle Organspender, hätte man bei der Diagnostik und Therapie nicht doch alles Menschenmögliche versucht. Jetzt leben diese Menschen wenn möglich sogar Zuhause oder in speziellen Pflegeeinrichtungen.
Und jetzt bin ich mal unverhohlen ehrlich, auch wenn es geschmacklos anmutet und diesen Menschen gegenüber absolut unfair ist. Und ich möchte an dieser Stelle nicht falsch verstanden werden, sondern nur deutlich machen, dass Geld an der Stelle nämlich auch keine Rolle spielt: als Organspender wären diese beatmeten Menschen deutlich "billiger". Ihre Pflege und Therapie verschlingt immense Summen über oftmals noch viele für diese Menschen gut lebbare Jahre. Eine Organspende nicht, da zahlen nämlich die Empfänger-Kassen.......

Also: wenn Du etwas gegen Organspende hast, dann ist das gut und richtig so. Es ist Dein gutes Recht, nicht spenden zu wollen. Aber hier Menschen mit gefährlichem Halbwissen zu verunsichern, hat nichts mit einer verantwortungsvollen Aufklärungsarbeit zu tun. Da kann ich auch die Bild lesen.....
Nur mal so meine gaaaaaaanz private Meinung
So denn: Feuer frei.... ich geh schon mal in Deckung

@ Kiki
Nur weil ein vermutlich Hirntoter noch keine HT-Diagnostik durchlaufen hat und somit als Kompatienten gilt, hat er noch lange keine Empfindungen. Komapatient ist eine reine Definition, Erlöschen der Hirnaktivität traurige Wahrheit.
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Geändert von Dirk1973 (04.07.2012 um 16:48 Uhr) Grund: Gerade Kiki gelesen.... :-)
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