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Alt 15.08.2008, 02:16
Norma Norma ist offline
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Registriert seit: 06.11.2005
Beiträge: 1.157
Standard AW: Eingschränkte Leistungsfähigkeit

Tja,

es gibt solche Threads immer mal wieder und immer mal wieder gebe ich die gleiche Antwort (auch wenn ich endlich mal Besseres schreiben würde).

Direkt nach der Diagnose hatte ich einen ausgewachsenen Nervenzusammenbruch; habe mich aber Dank Internet und lieben Frauen dort rasch wieder erholt.
Mein Kopf war frei und ich konnte Entscheidungen treffen (die mir sehr wahrscheinlich mein bisheriges langes Überleben ermöglicht haben).

Aber dann kam die erste Chemo (Taxol/Epirubicin) und als wir abends aus dem KH gingen, wusste ich trotz großer Anstrengung nicht mehr... wo unser Auto stand.
Wäre mein Mann nicht dabei gewesen, würde ich wohl heute noch da herumirren. ;-)

Bis dahin galt ich überall als "Gehirngenie", die auch nach Jahren Einzelheiten über kleinste Vorkommnisse wusste.
Ich war immer gerne besucht, wenn es um Erinnerungslücken bei anderen ging.;-)

Leute, ich sag euch: HEUTE bin ich immer noch meilenweit davon entfernt. Meine früheren Hirnfähigkeiten sind jetzt nur noch ein winziger Rinnsaal an Erinnerungen.

Alle Ärzte haben mir versichert, das würde sich wieder geben und anfangs habe ich mich damit getröstet.

Der Abschied von dieser Hoffnung war dann noch einmal sehr sehr heftig. Vor allem, weil meine Umgebung (nicht Familie!) so "hirnlos" darauf reagiert hat; sprich: mit Unverständnis.

Mein Alltag besteht hauptsächlich aus: SUCHEN.
Obwohl ich ein ausgeklügeltes Ordnungssystem aufgebaut habe (ALLES kommt SOFORT wieder an seinen Platz), passiert es immer noch, dass die Geldbörse plötzlich im Kühlschrank liegt; auf dem Herd die Kartoffeln verkochen und der Blumenkohl unauffindbar bleibt.

Gesunde würden jetzt lachen; mir ist das Lachen aber vergangen.

Hätte ich nicht meinen Mann und unsere Tochter hier, würde die Situation noch schlimmer aussehen. Aber die Beiden erinnern mich immer wieder an Dinge, die ich vergessen könnte.
Was mir außerdem auffällt: das Langzeitgedächtnis funktioniert noch recht gut.
Es ist das Kurzzeitgedächtnis, welches mich immer wieder im Stich lässt.

Psychisch dagegen geht es mir gut; mein soziales Umfeld ist ok; große andere Probleme sind nicht vorhanden.

Arbeiten gehen ist aber seitdem nicht mehr möglich. Die Konzentration ist einfach nicht mehr da.

Für mich persönlich steht außer Frage, was zu meinem "Matsch-Hirn" geführt hat.
Täter sind die verabreichten Chemotherapien... ohne die ich allerdings hier kaum noch schreiben könnte.

Ganz egal, was Ärzte mir bisher an Gegenteilen erzählen wollten. Ich habe Zeugen; meine Familie... :-)

Nein, leicht ist es nicht, mit so einem Handycap klar zu kommen; schließlich macht das Gehirn den Hauptteil des Menschen aus.

Aber wenigstens kann ich inzwischen schon manchmal lachen, wenn mir unsere Tochter mal wieder den vergessenen Prothesen-BH ins Bad hinterher wirft. ;-)

Alle, die ebenfalls unter den geschilderten Symptomen leiden: ich verstehe euch voll und ganz!

Und nun mach ich mir schnell noch ein leckeres "wie heißt das noch? Brötchen." ;-)

Mjam mjam... ;-)

Liebe Grüße
Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann
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