Liebe Heike,
Herz und Verstand gehen getrennt Wege! Das trifft wirklich zu, wenn man einen lieben Menschen so leiden sehen muß! Man will helfen, kann nichts machen außer für ihn da zu sein, kämpft für ihn um Linderung und weiß genau, das Ende ist nahe. Man wünscht ihm die Erlösung, weiß genau, es ist das Beste für unsere Lieben, aber verlieren will man ihn auch nicht! Diese Zerrissenheit hat bei mir auch lange gedauert. Heute nach 13 Wochen konnte ich zum ersten Mal wieder einen roten Pullover tragen, es ging einfach vorher nicht! Zu groß war der Schmerz, die Zerrissenheit und Traurigkeit! Aber ich sehe den Verlust meiner Tochter heute immer mehr aus Karins Sicht. Sie konnte nicht mehr leben, es war keine Lebensqualität mehr da, ich "wünschte" ihr die Erlösung (wie kann man als Mutter einem Kind den Tod wünschen, dass habe ich mir oft vorgeworfen!) und nun ist sie erlöst und ich will es nicht verstehen, obwohl es gut ist wie es ist für Karin. Und für mich? Es tut so weh, das Kind leiden zu sehen und nicht helfen zu können, dann war ich dankbar für die Erlösung und nun vermisse ich sie so sehr. Karin hätte nie gewollt, dass ich so traurig bin. Sie hat genau gewußt, wieviel Angst ich um sie gehabt habe, hat gespürt wie ich mitgelitten habe und ich konnte ihr in den letzten Stunden sagen, dass sie gehen darf. Liebe Heike, Deine Schwiegerma wird immer bei Euch sein, in Gedanken wird sie den ganzen Tag an allen möglichen Orten und bei Tätigkeiten bei Euch sein. Und Ihr werdet so oft mit ihr reden, sie in Eurer Mitte spüren, es ist so. Du hast so viel für sie getan, und nun kommt für Dich das Loch, sie fehlt! Die Zeit, die Du mit ihr verbracht hast mußt Du anderweitig ausfüllen! Und dann kommt die Traurigkeit dazu. Ich wünsche Dir viele Menschen an Deiner Seite, die Dich einfach in den Arm nehmen und ein wenig trösten können.
Ich versuche es, Dir ein wenig Kraft und Trost zu geben.
Sei gedrückt von mir
Hedwig