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Alt 10.11.2005, 15:30
Andrina Andrina ist offline
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Standard AW: Diagnose erhalten - Wann Ausmass ersichtlich?

Hallo ihr lieben

In letzter Zeit lese ich wieder sehr viel im Forum, manchmal stundenlang. Gerade heute bin ich wieder im Forum für Angehörige und Hinterbliebene hängengeblieben. Dabei ist mir aufgefallen, dass die meisten meiner Postings sehr sachlich sind, wenn ich über meinen Vater und seine Erkrankung schreibe und das Verhältnis zwischen meinem Vater und mir wohl für euch schwierig einzuschätzen ist. Dies möchte ich nun gerne ändern...

Meine Eltern und meine Schwester, also die Familie, sind, nebst meinem Freund, die wichtigsten Menschen in meinem Leben. Ich bin in einer sehr harmonischen Umgebung aufgewachsen... meine Eltern sind schon seit 1971 zusammen, seit 1975 verheiratet und lieben sich noch wie am ersten Tag. Das haben sie mir und meiner Schwester auch immer vorgelebt, obwohl auch bei uns natürlich manchmal die Fetzen geflogen sind. Ich hatte eine wahnsinnig schöne Kindheit und schon seit jeher ein super Verhältnis zu meinen Eltern. Besonders zu meinem Vater. Ihm habe ich mich schon immer sehr nahe gefühlt, er hat mich immer verstanden und mir Geborgenheit geschenkt. Ich denke, wir sind uns auch in vielen Dingen ähnlich. Meine Mutter hatte die Rolle der vernünftigen, strengen Erzieherin, während mein Vater eher wie ein Kamerad, ein guter Freund für uns war. Wir haben viel mit ihm gespielt oder etwas zusammen unternommen, dabei, und das ist auch heute noch so, ist ihm der Schalk immer im Nacken gesessen. Manchmal haben wir meiner Mutter auch mit ihm zusammen Streiche gespielt. Auch heute noch kommt mir mein Vater ab und zu wie ein kleines Kind vor, ein kleines Kind das nie ganz erwachsen geworden ist und das auch gar nie ganz erwachsen werden möchte. Meine Eltern sind inzwischen für mich nicht "nur" Eltern, sondern auch Freunde. Menschen, denen ich 100% vertraue, die immer für mich da sind, die mich unterstützen, die bedenkenlos hinter mir stehen, die stolz auf mich sind und mich einfach so lieben, wie ich bin.

Als mein Vater im letzten Jahr die Diagnose bekam, ist für mich eine Welt, meine kleine, heile Welt zusammengebrochen. Schon als ich noch klein war, habe ich mich immer davor gefürchtet, dass meinen Eltern oder meiner Schwester etwas passieren könnte... der grösste Alptraum überhaupt. Nun ist dieser Alptraum eingetreten und ich lebe am 16. Dezember 2005 schon eineinhalb Jahre in diesem Alptraum. Ich habe gelernt zu funktionieren, die Sache im Griff zu haben und das ist wohl auch der Grund, warum ich vielfach sehr sachlich schreibe. Ich kann und will nicht immer darüber nachdenken, wie es ist, wenn mein Vater einmal nicht mehr da sein sollte.

Doch jeder soll wissen, wieviel mein Vater mir bedeutet, wie sehr ich ihn von ganzem Herzen liebe und wie stolz ich auf ihn bin, wie er mit der ganzen Sache umgeht.

Ganz liebe Grüsse an euch alle und einen schönen Abend!
Andrina
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