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Alt 20.06.2002, 13:42
Gast
 
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Standard Bauchspeicheldrüsenkrebs

Hallo Petra!

Wir haben auch grade drei heftige Wochen hinter uns. Meine Mutter hat knapp drei Wochen nichts bei sich behalten. Dazu kam starker Durchfall. Der Arzt hatte vermutet, dass der Krebs so weit gewachsen ist, dass er auf den Magen drückt. Letzten Dienstag wollte mein Vater für einige Tage eine dringend notwendige Reise machen. Ich hatte meine Kinder bei meinen Schwiegereltern untergebracht, um bei meiner Mutter übernachten zu können. Ich war an diesem Dienstag das erste Mal im Krankenhaus dabei. Natürlich weiß ich, dass es meiner Mutter in den letzten Monaten nicht so gut ging. Aber ich habe es nie bemerkt, sie war für mich immer die alte. Meine Mutter, sooft ich an sie denke, ist nie älter als 40 und hat immer nur graue Strähnen im schwarzen Haar. Aber an diesem Dienstag war sie wirklich schwach. Sie wog nur noch 52.4 kg und hatte in einer Woche fünf kg abgenommen. Der Arzt verordnete eine endokrine Ernährung (in der Nacht 12 Stunden durch den Port). Meinen Eltern war wohl nicht klar, dass diese Ernährung das letzte Mittel ist, meine Mutter am Leben zu erhalten. So frug ich, wie lange das denn vorgesehen ist. Ein halbes Jahr, war die Antwort. Ich bin von zwei bis drei Wochen ausgegangen, mein Vater von zwei bis drei Tagen. Uns wurde ausserdem eine Ärztin vermittelt, die zu meinen Eltern ins Haus kommt. Mein Vater hat die Reise natürlich abgesagt, doch er braucht dringend Erholung.
Und nun kommt das, was für mich ein Wunder ist: seit Montag hat meine Mutter kein Erbrechen mehr, der Durchfall ist auch verschwunden. Sie isst von Tag zu Tag mehr und kann auch wieder trinken. Ich bin so erleichtert, dass es ihr besser geht, eine ganze Wand aus Kalksandstein ist weggebrochen und im Meer der Gefühle versunken.
Aber natürlich lauert im Hintergrund die Angst: lebt sie nur noch einmal auf um dann endgültig zu gehen, wie es in vielen Berichten hier zu lesen ist? Diese Berg- und Talfahrt der Gefühle, wie oft steht sie uns noch bevor? Mein Vater hatte so schreckliche Angst um meine Mutter, dass er endlich seinen Geschwistern von der Krankheit erzählt hat. Ich bete so oft, dass sie durch ein Wunder gesundet. Sie hat jetzt erst einmal die Chemo für nächst Woche abgesagt, um wieder Kraft zu sammeln. An Medikamenten nimmt sie nur noch die Thrombosespritze, das Morphiumpflaster wechselt sie in grösseren Abständen als vom Hersteller empfohlen. Die Ärztin geht davon aus, dass meine Mutter alle paar Tage einige Stunden ohne Schmerzmittel ist.

Liebe Petra, in Deinen Mails hier im Forum scheinst Du oft sehr heiter und positiv. Wenn ich schon als Angehörige so unter dem Auf und Ab der Krankheit leide, wie mag es erst Dir gehen, Du bist Dir der Krankheit ja ganz bewusst. Meine Mutter ist sich nicht bewusst, wie krank sie ist. Ihrer Meinung nach liegt es an der Kunst der Ärtzte, dass sie nicht gesundet. Ich wünsche Dir die Kraft, weiterhin auch aus Dir selbst den Krebs zu bekämpfen, denn nur wer die Verantwortung für sich, seine Seele und seinen Körper mitsamt seiner Krankheiten übernimmt kann gegen diesen inneren Feind kämpfen und nur wer kämpft kann gewinnen. Und Du scheinst mir ein Siegertyp zu sein. Ich hoffe, es war nicht zu esotherisch.

Ich muss los, ich bin bei meinen Eltern zum Essen eingeladen. Sonst isst mir meine Mutter alle Nudeln weg. Zum Geburtstag meines Sohnes hat sie sich Buletten bestellt. Vor einer Woche noch hätte sie sich schon bei dem Gedanken an Gegrilltes übergeben.

Hoffnungsvoll und dennoch ängstlich

Nidra
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