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Alt 25.10.2005, 12:22
Benutzerbild von Geli-Emilie
Geli-Emilie Geli-Emilie ist offline
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Standard AW: Halslymphknotenmetastasen bei CUP - keine Freude mehr am Essen

Guten Morgen, liebe Renate,

ich freue mich, dass Du so schnell geantwortet hast. Ich bin ja neu hier, wie Du weißt, aber ich habe mir gestern bereits Deine Sorgen und Eure Probleme angesehen, insofern bin ich über Manni recht gut im Bilde.

Bei mir wurde es umgekehrt gemacht. Einen Knoten am Hals hatte ich selbst entdeckt und habe auf Untersuchung gedrängt. Zuerst (wie so oft leider) wollte man nicht so recht an die Sache ran: "Ist nur ein kleiner geschwollener Lymphknoten, kommt schon mal vor, der geht auch wieder zurück...". Aber ich kenne die Geschichte mit meiner Familie und habe darauf bestanden, den Knoten sofort zu entfernen. Tja, dann nahm alles so seinen Lauf. Der Skandal dabei ist allerdings, dass ich bereits in 2002 nach einer langwierigen Bronchitis der Sache auf den Grund gehen wollte und ein MRT habe machen lassen. Der HNO-Arzt wollte das Ergebnis an meinen Hausarzt senden. Diesen habe ich angerufen und hörte dort: "Ist nichts" oder so ähnlich. Jedenfalls war es ein Kommunikationsproblem, beim Hausarzt lag der Bericht nicht vor, und ich hatte es so verstanden, dass alles ok wäre. Im Nachhinein habe ich vom Hausarzt alle Befunde zusammenstellen lassen, nur der MRT-Bericht von 2002 fehlte (dies war im November letzten Jahres), woraufhin mein Mann die Praxis aufsuchte, und siehe da: dort war der Befund abgeheftet. Dick umrahmt, fett gedruckt und konversiv stand dort drin, dass ein Knoten gesichtet wurde, zweieinhalb cm groß, eine Abklärung sei dringend erforderlich. Und dieser A.... legt das einfach ab. Nun ja, zumindest konnte man so die Wachstumsgeschwindigkeit nachvollziehen. Nach 2 1/2 Jahren ums Doppelte vergrößert. Am liebsten würde ich dem ja ein Verfahren an den Hals hängen, aber letztlich wird sich wieder rausgeredet und irgendeine Gehilfin wird dafür beschuldigt werden, außerdem habe ich nicht mehr den Nerv dafür. Ändern würde es nachträglich auch nichts. Der Knoten war nun 5 cm groß. Und hatte jede Menge Geschwister. Daher konnte nicht gleich operiert werden. Weil ich konditionell sehr gut drauf war (ich hatte ja überhaupt keine Beschwerden, keine erhöhten Tumormarker, nichts, was mich beeinträchtigt hätte) und super durchtrainiert, entschied man sich in Marburg für die volle Gabe "kombinierte hyperfraktionierte akzelerierte Radiochemotherapie" mit 72 Gy. Also 40 Tage lang hintereinander je 1,8 Gy pro Tag. Ich nehme also an, dass Manni 36 Tage lang bestrahlt werden wird.

Wir haben dann den gleichen Therapieverlauf. Nur, dass bei mir die Neck-dissection NACH der Radio-Chemo durchgeführt wurde, was natürlich zum Nachteil hatte, dass das zu operierende Gewebe durch die Radio mächtig vernarbt und vorgeschädigt und die gesamte OP sehr kompliziert und langwierig war. Der entscheidende Vorteil war jedoch, dass man nun sehen konnte, wie gut die Radio-Chemo angeschlagen hatte, denn von links insgesamt entnommenen und untersuchten 27 und rechts 36 Lymphknoten waren allesamt tumorfrei. Und das war für mich sensationell. Ich denke, dass somit auch der Krebsherd, wo auch immer er gesessen hat und nie gefunden wurde, beseitigt wurde.

Hat man bei Manni auch Plattenepithel-Gewebe festgestellt? Es ist anzunehmen, dass der Krebsherd in diesem Fall im oberen Atemwegsbereich zu suchen gewesen wäre. Aber auch dort wurde, wohl wie bei Manni auch, weder bei der PET noch Panendoskopie, CT, MRT oder Ultraschall der Krebsherd gefunden. Erfahrungsgemäß liegt der Herd meist in der Nähe der größten Metastasen, daher wurde bei der Bestrahlung dieser Punkt, wo die große Metastase lag, besonders behandelt und zusätzlich mit Laser-Strahlen behandelt.

Tipp für Manni für die Radio: ordentlich und reichlich den Hals cremen nach jeder Radio. Egal, wer sonst auch dagegen plädiert. Mit Linola-Fett habe ich gute Erfahrungen gemacht. Die ersten 30 Bestrahlungen gingen völlig problemlos, erst ab da traten die ersten Hautreizungen auf. Hängt selbstverständlich vom Hauttyp ab. Meine Zimmermitpatientin, die gleichzeitig mit mir angefangen hat und die gleiche Dosis erhielt wie ich, wurde richtig schön braun um den Hals herum und ums Kinn. Wie grad aus dem Urlaub gekommen. Dafür wurde sie zunehmend heiser. Das trat bei mir erst viel später auf. Dafür hat meine Haut ziemlich gebrannt, aber, wie gesagt, erst nach 30 Bestrahlungen. Dank Behandlung mit Eichenrinde und Kristall-Violett (sieht allerdings ätzend aus, sollte er sich auch nicht in den Mund schmieren, der Zahnarzt hat sich nämlich sehr gefreut, weil das so tief saß, dass es nicht mehr weg ging!!!) war aber auch der Rest erträglicher.

Chemo? Phhh! War sehr locker, in der ersten Woche hatte ich zwar Dauergabe, aber immerhin konnte ich noch mit meinem fahrbaren Infusionsbäumchen und dem Infusomaten täglich runter in den Fitnessraum und Geräte stemmen, Rad fahren etc. Laut meinem Prof. stecken durchtrainierte Patienten das Gesamtprocedere wesentlich besser weg als untrainierte. Ich hoffe, Manni gehört zu den Ersteren. Das habe ich auch während der gesamten Radio-Chemo so durchgezogen, obwohl es später dann ziemlich anstrengend wurde und das Pensum verringert werden musste. Da muss jeder auf seinen Körper hören, wenn der müde wird, dann muss er halt ruhen. Und damit mein Mann auch mal was von allem hatte, durfte er gleich mit in den Fitnessraum. Hat seinem Bauch jedenfalls nicht geschadet. Der Junge wird immer jünger, muss ich sagen. Seit ich krank bin, blüht der richtig auf!

Das Einzige, was ich bei der Chemo nicht so vertragen habe, war die Zugabe von Kortison, aber das ist mir noch nie bekommen. Da bekam ich immer ein glühendes Gesicht udn erhöhte Temperatur, und das war halt unangenehm bei der Bestrahlung, besonders, weil die Gipsmaske so fest saß. Aber das ließ auch wieder nach. Ich bin ja fest davon überzeugt, dass es zu 80 % Kopfsache ist, ob jemandem auf die Chemo schlecht wird oder nicht. Teils haben auf meiner Station die Leute schon gekotzt, als nur die Vorwässerung lief. Ich habe halt versucht, die Chemo so nebensächlich wie möglich zu sehen und nicht für so schlimm zu befinden. Zwischendurch dachte ich zwar schon ab und zu einmal, wenn Übelkeit auftrat: "Schade, zu früh gefreut, jetzt wird's doch übel..." , aber das gab sich schnell wieder. Also: nicht gleich zu ernst nehmen. Könnte ja auch 'ne ganz normale Übelkeit sein, die auch ohne Chemo gekommen wäre. Tief durchatmen (Atmung ist überhaupt sehr wichtig), bewusst ein- und ausatmen und beim langen tiefen Einatmen denken: "ich bin ganz ruhig" und beim Ausatmen: "und entspannt" und die Luft ganz rauslassen. Das mehrmals wiederholen. Mir hat's geholfen.

Jedenfalls ist meine Mundtrockenheit nicht durch die OP entstanden sondern durch die Bestrahlung. Ein anderes Strahlenopfer klagt hier über vermehrten Speichelfluss, dem läuft alles nur literweise raus, bei mir ist das Gegenteil der Fall. Schätze, beides ist gleichermaßen unangenehm. Hat man Manni etwas gesagt, dass der Geschmack sich ändern könnte und dass Mundtrockenheit auftreten kann? Mein Rekord war, 7 Liter Wasser zu trinken an einem Tag. Leider muss das ja auch wieder raus. Tag und Nacht.

Hat jemand schon den Vorschlag gemacht, dass Manni sich vorsorglich eine PEG-Sonde legen lassen soll? Ich bekam den Tipp Gott sei Dank und habe es auch in Anspruch genommen. Also keine Sonde durch die Nase sondern durch den Magen. Ist ganz unproblematisch - damit konnte ich sogar schwimmen gehn. Leider habe ich sie in meinem Übermut und Selbstüberschätzung zu früh rausnehmen lassen. Jetzt steh ich da und weiß nicht, was ich mir heute einverleiben soll. In der Küche steht noch ein angebissenes Croissant, aber allein schon der Anblick von Futter macht mich mürbe und lustlos. Ich such' halt jemand, der mir einen Tipp gibt, wie ich das überwinden könnte, dieses ständige Ekelgefühl. Besonders schlimm ist es, einen richtig vollen Teller vor sich zu haben und zu wissen, dass ich dafür einen ganzen Tag brauchen werde - wenn ich's überhaupt schaffe, bevor die Maden mir zuvorgekommen sind.

So, liebe Renate, Zeit für ein Mittagschläfchen, muss um fünf zum Frisör, damit ich nächste Woche einen duften Haarschnitt habe und in Paris (mein Mann hat mir 5 Tage Paris zum Geb. geschenkt. Gut, gell?) nicht rumlaufe wie's Immetrittche vom Land. Ja, ja, wenn frau um den Kopf langsam so aussieht wie Angela Merkel ohne Cabrio, dann wird's Zeit, zum Frisör zu tigern.

So long, wenn ich Euch mit ein paar Tipps und Tricks aushelfen kann - gerne. Leider finden sich auch hier scheinbar nicht viele Patienten mit unserer Diagnose. Und ich hatte schon gehofft: WOW! Nächste Woche haue ich mir ein richtig anständiges 7-Gänge-Menue rein!

Grüß Manni von mir, er soll locker bleiben!

Liebe Grüße von Geli

P.S.: wie ist Mannis Halsbeweglichkeint nach der Neck-dissection?
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