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Alt 24.10.2017, 08:00
hierfalsch hierfalsch ist offline
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Standard AW: Einmal aushöhlen und auffüllen bitte!

Hallo teatime,

Warum ich es gelassen habe? *Puh* also, ich will Dir da echt nicht reinreden, ja? Aber da Du schreibst, Du willst alles wissen:

Also ich war wie gesagt in Köln. Ich wollte nach meiner Krebsdiagnose die doppelte Mastektomie - Gendefekt oder kein Gendefekt. Die Humangenetikerin dort sagte, es SEI auch möglich Brustkrebs ohne Brüste zu bekommen "Man kann halt nicht jede Zelle entfernen"" und zeigte mir die Zahlen.

Es hat wohl mal einen Versuch mit freiwilligen Hochrisikopatientinnen ohne Gendefekt gegeben. 100 Frauen (also viel zu wenige um statistisch relevant zu sein, aber halt doch genug, dass es MICH beeindruckt hat...) ohne Gendefekt bekamen eine hautsparende doppelte Mastektomie. Die Neuerkrankungsquote DIESER 100 Frauen entsprach EXAKT dem statistischen Neuerkrankungsrisiko OHNE Mastektomie. "Wenn es nicht an der Brustdrüse liegt, hilft es nicht diese zu entfernen"...

Als sie mir DAS erklärt hatte. Und ich DAS kapiert hatte -
DA habe ich es gelassen.

Ich habe geheult und mich scheußlich gefühlt. Ausgeliefert und dazu verflucht jetzt einen Brustkrebs nach dem anderen zu bekommen, bis zum Tod... aber ich habe halt gedacht, dass es bei DEN Zahlen ja sinnvoller wäre prophylaktisch den Blinddarm zu entnehmen oder sonst was... Für 0% statistische Chance meinen Chemo-geschwächten Körper durch Stress mit Krankenkasse und eine große OP treiben???
Schließlich will ich doch nicht auf Biegen und Brechen BRUSTKREBS vermeiden, dass wir schon bei 0% Verzweiflungstaten sind???!!!. Ich will doch eigentlich nicht STERBEN. Und es gibt sooooo viele Dinge, die das statistische Risiko WIRKLICH senken... z.B. wollte ich demnächst mal eine Koloskopie machen lassen zur Darmkrebsvorsorge. Z.B. Sport, Stress reduzieren, Psyche behandeln, gesunde Ernährung... Alles statistisch gesehen relevant!!!! Alles "könnte schlechter könnte aber auch besser sein" bei mir...

Neulich habe ich einen Artikel gelesen, dass in Amerika viele viele Frauen aus Angst - gegen die Statistik - die Brüste abnehmen lassen. Dieser Artikel sprach davon, dass man letztlich die Psyche operiere und die Frauen sich dann sicherer "fühlten", denn bisher seien keine Erfolge zu sehen...
Der Operateur einer Bekannten hat auf die Frage nach Mastektomie mit "Wir operieren hier Krebs und keine Angst" geantwortet. Und für den Krebs sei die brusterhaltende OP die richtige Wahl...

Ich würde besser schlafen, wenn ich glauben würde, dass es BEI MIR so einfach ist: Brüste ab, Eierstöcke raus und ich werde nicht krank. Klar würde ichs tun. Sofort.
Aber ...
Bei der Humangenetikerin in Köln habe ich es begriffen: Ich bekomme keine solche Sicherheit. Niemand weiß, wo dieser komische Hochrisikofaktor bei uns herkommt und die Wahrheit ist, dass mich auch eine doppelte Mastektomie nicht vor ihm schützt. Mein Risiko bleibt.

Ich bin herumgelaufen und habe "Mir wäre der Gendefekt lieber gewesen" gedacht. Und dann kam meine Freundin mit dem MSH6 Gendefekt. Und der ist DERMASSEN ekelhaft, dass sich DIESER Gedanke auch wieder verkrümelt hat.

Die Wahrheit ist, dass niemand weiß, wo bei uns in der Familie der Krebs ständig herkommt.
Die Wahrheit ist, dass alles was man prophylaktisch operiert daher eine blinde verzweifelte "Ich tue ALLES" Aktion wäre... Und ich bin diesem "tue ALLES" Prinzip ja auch durchaus zugeneigt. Aber ich bin nur ein Mensch. Und daher wird unter allem was ich TUE etwas anderes leiden, was ich dann nicht mehr schaffe. Und so versuche ich jetzt erstmal DAS zu tun, wovon bekannt ist, dass es das Brustkrebsrisiko SENKT... Sport. Gesunde Ernährung. Weniger Stress. Psyche anschauen. Dazu das Hochrisikoprogramm der Uni Klinik, regelmäßiger Untraschall der Leber...

Sicherheit sieht anders aus. Keine Frage. Aber ich frage mich halt, wo ich heute wäre, wenn ich in blinder Panik gegen meine Vernunft entschieden hätte. Was wäre nach der Mastektomie gekommen? Würde ich jetzt irgendwelche obskuren Kräuter schlucken oder nackt-um-die-Eiche-tanzen weil es ja helfen KÖNNTE???

UND außerdem war ich vor 4 Wochen zur Kontrolle. Alles in Ordnung...

Teatime, ich will Dir nicht abraten. Deine Situation ist eine andere als meine, ICH war ja schon krank. Was man mir gesagt HÄTTE, wenn ich keinen Krebs gehabt HÄTTE habe ich nicht gefragt. - Was hätte es geändert?... Sowas muss man selbst entscheiden.

Ich war allerdings völlig baff wie tief dieses "Brust ab und gut ist" in den Köpfen steckt... Ich hab mit meiner Freundin fast gestritten "Aber hierfalsch sei doch VERNÜNFTIG sieh mal Du brauchst die Titten doch nicht dringender als Dein LEBEN"... Klar hätte sie Recht. Ich brauche die Brüste ÜBERHAUPT NICHT!!!! Aber wenn es nicht hilft sie zu entfernen, DANN schadet es. Große OP, nur ein Mensch und so...

Ich wünsche Dir eine gute Entscheidung...
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