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Alt 09.08.2008, 10:41
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Summer 175 Summer 175 ist offline
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Standard AW: Neu und Angstbeladen

Liebe Lissi!
Hab vielen Dank für deine ermunternden Worte - wie kann jemand, der selbst soviel Sorgen hat wie du, noch für andere da sein? Wie schafft man so etwas????

Was mich im Moment so ängstigt, irritiert, verunsichert - das ist diese elende Warterei auf Ergebnisse ... Vor 12 Jahren war das alles ganz anders: meine Mutter ist nach einem Jahr (!!!!) andauernder Halsschmerzen und Schluckbeschwerden (wofür gibt's denn Dobendan & Co.?) endlich mal zum HA gegangen, der hat eine Art "Geschwür" entdeckt, das war an einem Freitag (weiß ich noch wie heute ..) und dann ging alles sehr schnell! Montag Untersuchung in der Uniklinik mit sofortiger Gewebeentnahme, Dienstag der Bescheid "bösartig" und eine gute Woche später schon die erste OP ...
Und jetzt zieht sich das alles so hin - der erste Verdacht ("Schatten" auf der Lunge) schon am 10. Juni (!), erst vier Wochen später (!) dann über den HA ein erster Termin in der Uni, über zwei Wochen verteilt fünf verschiedene Untersuchungen, wieder Abwarten, Nachfragen beim HA nach Befunden (dabei haben meine Eltern durch Zufall erfahren, dass sie am nächsten Tag einen Termin in der Uni hätten - der Brief an sie ist dort im Sekretariat liegen geblieben) und jetzt noch mal bis übernächsten Montag warten ... Das wären vom ersten Verdacht (im Nachhinein meinte der HA, der häufige Schluckauf sei schon verdächtig gewesen ....) bis zur hoffentlich gesicherten Diagnose genau 10 Wochen - bei einem Lungenkrebs erscheint mir das unendlich lange ...

Ich wünsche dir, liebe Lissi, und auch allen anderen hier, ein Wochenende voller guter Gefühle, vielleicht sogar eins mit Sternstunden - das Wort "schön" erscheint mir einfach zu abgegriffen, zu pauschal ...
Herzliche Grüße,
Karin



edit um 13.45 Uhr:
Ich schäme mich - bin aber zugleich unglaublich wütend ...
Ich hatte einen ziemlichen Disput mit meinen Eltern. Es ging darum, dass ich meinen Eltern geraten habe, am Montag eine Liste der von meiner Mutter genommenen Medikamente (hat ja Diabetes, Bluthochdruck, Schilddrüsenprobleme, Schlafstörungen usw.) mit in die Uni zu nehmen. Ich denke mir, dass einige davon vielleicht Wechselwirkungen mit möglichen Krebs"medikamenten" zeigen könnten. Darauf zeigte mir meine Mutter eine Liste und ich stellte fest, dass ihre "Schlaftropfen" (mit dieser Bezeichnung angeblich von einer Nervenärztin verordnet - Wiederholungsrezept gibt's problemlos: anrufen, abholen, fertig - die Ärztin sieht meine Mutter so gut wie nie ...) darauf fehlten. Diese Schlaftropfen bekommt meine Mutter schon seit zwei oder drei Jahren und ist davon absolut abhängig. Es handelt sich um Trimipramin, ein klassisches Antidepressivum, aus der Familie der Benzdiazepine - was meine Mutter aber vehement abstreitet - "das ist nur, weil ich so schlecht schlafe ..." Sie hat mir die Dinger übrigens auch schon großzügig angeboten, wenn ich mal nicht gut schlafen könne ... Und abhängig sei sie davon ja üüüüberhaupt nicht (die Diskussion hatten wir vor einer Untersuchung kürzlich schon mal, wo wegen einer Narkose sämtliche Medikamente angegeben werden mussten) - aber sie hat immer zwei Flaschen davon im Haus, falls mal eine runterfällt, und sie vielleicht nicht am gleichen Tag ein neues Rezept bekommen könne ... Und jetzt meinte meine Mutter, sie würde von diesen Tropfen in der Uni sowieso nichts sagen - hintennach würden sie ihr die vielleicht auch noch wegnehmen .... Was soll ich da nur machen???? Ich hab sowieso Probleme mit dem sorglosen Umgang meiner Eltern mit Medikamenten - da werden gern mal die Dosen "modifiziert" (sehr empfehlenswert gerade bei Bluthochdruck und Diabetes ...), das Ganze in Kombination mit Alkohol genommen ("... ist doch nur Sekt, sowas meinen die in dem Beipackzettel doch gar nicht ..." - aber eine Flasche am Tag ist für meine Mutter ja das Mininum ...) usw. Ich muss dazu sagen, dass diese Suchtproblematik (mit einer kleinen "Auszeit") schon seit Jahrzehnten besteht. Als 12jährige fand ich nachts meine Mutter bewusstlos vor ihrem Bett (mein Vater war da auf Auslandsmontage), ich musste mich um alles kümmern, bis mein Vater am übernächsten Tag heimkommen konnte. Sie wurde am nächsten Morgen (wie ich heute weiß, wegen Entzugserscheinungen, nicht wegen Bettenmangel ...) vom Krankenhaus in eine psychiatrische Klinik verlegt und zwei Tage später entgegen ausdrücklichem ärztlichem Rat auf ebenso ausdrückliche Forderung meines Vaters hin auf eigene Verantwortung entlassen. Wie ich einige Jahre später herausfand, hatte sie sich bei ihrem abendlichen "Gute-Nacht-Schluck" vergriffen und statt 2 Tabletten Valium 3 genommen, das mit Bier hinuntergespült. Sie hatte sich von einem Arzt zum Schlafen Valium verschreiben lassen, von einem anderen "zum Wachwerden" Aufputschmittel - jeweils mit Bier ... Ihr kennt sicher den blöden Spruch "Sieben Pils sind auch ein Schnitzel ..." - so ungefähr war's in meiner Kindheit ... Meine Mutter hat dann nach dem Schock psychiatrische Klinik ein paar Jahre - soweit ich es mitbekommen habe - Alkohol vermieden, aber es war leider nicht von Dauer. Mein Vater - wohl in trauter Eintracht co-abhängig - trägt das mit und verharmlost es auch noch. Die Frage nach regelmäßigem Alkoholkonsum in Narkosefragebogen wurden verneint - mit der Begründung "Das kannst du doch da nicht ankreuzen - die Ärzte denken ja noch, deine Mutter säuft ...". Dass sich Alkoholgenuss - vor allem in Kombination mit Diazepam & Co. - auf die Narkose auswirken kann, konnte ich keinem von beiden begreiflich machen. Und es handelt sich ja nicht mal um ein Gläschen Rotwein zum guten Essen, sondern - wenn ich das bei 11 % Alkohol und 0,75 Liter Sekt pro Tag richtig gerechnet habe - um gut und gerne 80 g reinen Alkohol pro Tag ....

Jetzt schwanke ich zwischen meinen Befürchtungen, dass sich das negativ auf die Behandlung auswirken könnte, und meinem Zorn über soviel Unvernunft und dem Wunsch, einfach denken zu können "...was soll's? Sie sind ja schließlich erwachsen ..." - und dem Gedanken, ob man den jetzt überhaupt noch was verbieten oder kritisieren sollte ....
Kennt ihr sowas auch? Ist das normal?
Und sollte ich mich da irgendwie einmischen? Zum Beratungsgespräch würde ich gern mitfahren, aber meine Eltern halten es nicht für nötig - vielleicht fürchten sie aber auch, ich könnte die eine oder andere Frage stellen? Mich hinter den HA klemmen, hat wohl keinen Sinn - zu einem Allgemeinmediziner, der auf eigene Faust den vom Kardiologen verordneten Betablocker gegen einen ACE-Hemmer austauscht ("Probieren Sie mal die, vielleicht kommen Sie damit besser zurecht ..."), habe ich nicht allzuviel Vertrauen - abgesehen davon, dass er mir ja ohnehin nichts erzählen dürfte ...

Ich zähle schon die Tage, bis wir in vier Wochen für ein paar Tage zum Bergwandern fahren - ich möchte im Moment nur weg hier, außer Mann und Hund keinen um mich haben, die Natur genießen und an nichts Böses denken müssen ....

Vielen Dank schon jetzt,
Karin

Geändert von Summer 175 (09.08.2008 um 14:33 Uhr) Grund: ich schäme mich .... und bin noch hilfloser ....