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Alt 21.01.2016, 13:18
Jan64 Jan64 ist offline
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Standard AW: System Therapie oder Immuntherapie

Hallo Ruth,

dazu muss man als erstes verstehen, dass es „den Krebs“ gar nicht gibt, sondern „Krebs“ ein Überbegriff für die verschiedensten bösartigen Erkrankungen ist. Also wird jede Art von Krebs ihre eigenen Therapien haben.

Der Nierenkrebs (Nierenzellkarzinom) hat in der Riege der soliden Tumoren auch noch eine Sonderstellung, weil er auf die bekannten Chemotherapien nicht bzw. sehr schlecht anspricht. Dort muss man andere Wege gehen.
Bis vor 10 Jahren hat man ihn mit einer unspezifischen Immuntherapie versucht zu bekämpfen, was aber nur in wenigen Fällen gelang und zu sehr starken Nebenwirkungen führte bis hin zu Herzinfarkten und Schlaganfällen. Diese Therapien werden heute nur noch bei sehr ausgesucht jungen und fitten Patienten angewandt. Eigentlich macht man das heute nicht mehr, ich glaube auch nicht, dass dies euer Onkologe gemeint hat, dazu später mehr.

Seit 2006 gibt es für die systemische Behandlung des metastierten Nierenkrebses eine relativ neue Art von Medikamenten (Angiogenese Hemmer oder Targetet Therapies) die, grob erklärt, die Blutzufuhr zu den Metastasen stören. Dadurch sollen die Tumorzellen in ihrem Wachstum gestoppt werden. Es gibt hier die sogenannten Tyrosinkinasehemmer kurz Tki wie Sutent (Sunitinib), Votrient (Pazozanib), Inlyta (Axitinib), und Nexavar (Sorafinib); die m-Tor Hemmer Avinitor (Everolimus) und Torisel (Temsirolimus); und den Antikörper Avastin (Bevazizumab). Diese Medikamente sind nicht kreuzresistend und können so nach Versagen durch ein anderes Medikament ersetzt werden. Dadurch kann man den Krebs lange in Schach halten. Zu den Nebenwirkungen steht viel im Nierenkrebsteil dieses Forums, z.B.: http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=49490 , http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=19379 . Beim Nierenkrebs Unterforum ist auch eine Patientenorganisation genannt, bei der man sich auch informieren kann http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=42651 . Auch die deutsche Krebshilfe bietet Informationen an http://www.krebshilfe.de/fileadmin/I...ierenkrebs.pdf oder da schaust bei beim Krebsinformationsdienst des deutschen Krebsforschungszentrums vorbei www.krebsinformationsdienst.de . Und nicht zuletzt eure Onkologen werden euch da mit Tat und Rat zur Seite stehen. Diese Therapie bewirkt meist keine Heilung, sie soll diese Erkrankung chronifizieren, so dass man mit dem Krebs ein akzeptables Leben führen kann ( wie z.B. bei Diabetes). Ich mache das schon seit mittlerweile 5,5 Jahren und andere noch viel länger ( z.B. Heino aus diesem Forum).

Und jetzt zurück zu dieser Immuntherapie, die eure Ärzte vermutlich gemeint haben. Es kommen demnächst zielgerichtete Immuntherapien auf den Markt (in Deutschland noch nicht zugelassen, keine Ahnung wie das in der Schweiz aussieht) in Form von Antikörpern (z.B.: Nivolumab, Handelsname Opdivo). In der Zulassungstudie hat man hier beim Nierenkrebs sehr gute Ergebnisse gesehen, allerdings nur bei ungefähr einem Drittel bis zur Hälfte der Patienten. Man muss sich das hier so vorstellen, die Tumorzellen können sich vor dem Körper eigenen Immunsystem verstecken, diese Eigenschaft machen diese Antikörper zunichte. Die Tumorzellen werden wieder vom Immunsystem erkannt und können wieder bekämpft werden. Auch diese Therapie wird sehr wahrscheinlich nicht zur Heilung führen, aber hier konnte in der Studie gezeigt werden, dass man diese Therapien auch gegebenenfalls lange unterbrechen kann, bis man wieder das Medikament bekommen muss. Infos zu Nebenwirkungen, bzw. Erfahrensberichte sind auf Grund der wenigen Patienten, die dieses bisher bekommen haben, noch sehr rar. Bei der oben genannten Patientenorganisation kann man sich auch hierzu informieren.

So, der Roman ist zu Ende, hoffentlich habe ich euch etwas Weiterhelfen können.

Viele Grüße Jan

P.S. Eine Operation der Metastasen ist nicht mehr möglich oder sinnvoll?
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