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Alt 05.07.2007, 11:06
Benutzerbild von Anke LE
Anke LE Anke LE ist offline
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Registriert seit: 07.05.2007
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Standard AW: Und plötzlich ist die Sonne dunkel.....

hallo anja,

ich habe immer ein sehr intensives verhältnis zu meinen eltern gehabt. wir haben uns einmal die woche gesehen, ansonsten oft telefoniert. nicht täglich, aber immer wenn was besonderes war: ne gute zensur bei den kindern, knatsch im büro oder sonstige tägliche aufregungen.
da hier immer viel davon geschrieben wird, die zeit, die einem noch verbleibt mit dem betroffenen zu verbringen, hab ich mit meiner mutti darüber gesprochen, wie sie es denn gern hätten. und soll ich dir was sagen? sie wollen keinen täglichen besuchs-kontakt haben, halten das für falsch, da das dann wie täglicher abschied rüberkommt. wir, also meine eltern und ich, sind immer im reinen mit uns gewesen, es gibt nichts zu klären oder irgendwas in der art. meine liebe und zuneigung zeig ich meinem papa, indem ich für ihn da bin, wenn es heisst, wieder zum arzt oder ins kh zu gehen. ich kämpf für ihn bei den ärzten, nehm meinen eltern wege ab, organisiere die pflege zu hause, mache schriftverkehr für sie. alles dinge, die meine eltern kräfte- und zeitmäßig nicht mehr schaffen und dankbar dafür sind, dass ich sie mach. sicher ist die zeit, die wir miteinander haben sehr begrenzt, leider. aber sich jetzt jede freie minute ans bett zu setzen, zu schweigen und die traurigkeit zu spüren halte ich für nicht richtig. wir integrieren diese krankheit in unseren alltag, weil wir müssen stark bleiben und die fäden in der hand halten. denn wenn wir keine kraft mehr haben - und dass kann verdammt schnell gehen - sind wir für unsere liebsten nicht mehr so da und können ihnen nicht zur seite stehen. und sich alle 2 oder 3 tage sehen ist in meinen augen für beide seiten aufregender, weil da gibt es wieder was neues zu erzählen. die zeit ist kurzweiliger und es ist nicht immer das gefühl eines krankenbesuchs im raum.
und trotzdem bin ich in gedanken oft bei meinem papa und er weiß, dass ich ihn lieb hab. aber er braucht auch ruhe, um zu schlafen und kraft zu sammeln. jeder von uns hier geht anders damit um, wie und in welchem umfang er sich um seine liebsten kümmert. und in meinen augen machen wir alle das richtig - nämlich jeder auf seine weise und so, dass es allen beteiligten relativ gut dabei geht.
herzlichst aus leipzig

anke
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Betroffener: mein Papa, geb. 21.11.1935
Diagnose erhalten am 5.5.07, Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Metastasen in Leber und Bauchraum

eingeschlafen am 09.07.07. friedlich, still und leise
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