Thema: Wahrheit
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Alt 06.10.2014, 06:23
Maxi3 Maxi3 ist offline
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Standard Wahrheit

Liebe Birgit, Tündel und Charlotte,

da mein Beitrag zu ausführlich im Thread „Nabelmetastasen“ wird, nun hier:

Hoffentlich habt Ihr nichts dagegen, wenn ich zu Prof. S. auch meine Meinung beisteuere...
Ich finde es sehr feinfühlig, wenn von Ärzten, und nicht nur von Prof. S., hie und da zu einer Notlüge gegriffen wird. Gerade am Anfang sollte man auch Hoffnung machen, denn es gab schon immer wieder Fälle, in denen schon Totgeglaubte sich wieder aufgerappelt haben. Also, ich habe darüber auch in den Medien gelesen und war über das asoziale Verhalten dieser Schläger total entsetzt!!

Ich möchte diesbezüglich auch was von meiner Erfahrung beisteuern. Ich ging ja mit einer Überweisung meiner Gyn ins KH, das zufällig zertifiziert ist, und sollte was abklären lassen. Die Gyn sagte zu mir nix, was sie im US sah. Der US wurde dann auch im KH gemacht und mir wurde geraten, zur genauen Abklärung eine Biopsie machen zu lassen. Gesagt, getan und in einer Woche sollte ich zur Besprechung kommen. Ich hatte keine Ahnung von EK, war nie hier im Forum usw.

Jetzt kommt der Vorfall, warum ich hier darüber schreibe. Dieser unglaublich nette Oberarzt nahm ein Blatt Papier und zeichnete mein Becken auf. Hier wäre ein Tumor am Eileiter und ansonsten kritzelte er durchgehend Pünktchen. Er sagte, „da müsse er nochmal ran“ und dabei aber mich diesmal aufschneiden. Ich sagte spontan wortwörtlich, „und wenn ich das nicht möchte“.... Da senkte er nur den Kopf und sagte nix.

Ich habe eigentlich damals noch nicht die Schwere meiner Erkrankung begriffen. Ich war in Gedanken bei meinem Hund, der in der Nacht davor geboren wurde!!! Das werden jetzt viele nicht verstehen, aber nur das war mir wichtig! Ich will nicht ausholen, aber ich musste meine Hündin vor mehr als 10 Jahren mit 17 Jahren einschläfern lassen. Das habe ich nie verwunden. Der Verstand sagte mir, dass ihre Zeit zu Ende war, aber mein Schmerz wurde dadurch nicht erträglicher. Als ich nach etlichen Jahren endlich wieder dazu bereit war, mir einen Hund anzuschaffen, habe ich mehr als ein Jahr gesucht und nie den passenden Hund gefunden. Jetzt hatte ich ihn gefunden, war beim Züchter mehrmals auf Besuch etc. Das war meine Vorstellung von einem erfüllten Leben, denn ohne Hund war mein Leben einfach nicht lebenswert.

Ich sagte zu dem wirklich sehr netten Oberarzt (es war übrigens ein Grieche!), schauen Sie, gestern ist mein bestellter Hund auf die Welt gekommen, den ich in 3 Monaten abholen kann. Nun darf ich feststellen, dass es das mit mir jetzt war. Ich hatte nämlich das Bild meiner viel zu früh an Krebs verstorbenen Mutter vor Augen.
Ich versuchte meine Fassung nicht zu verlieren, stand auf und sagte zu ihm, dass ich den Hund jetzt natürlich nicht holen werde, aber auch nicht zur OP kommen werde, egal was wird.

Da kam schon wieder die Schwester rein und sagte zum Doc, dass er dringendst gebraucht würde. Er sagte, geht nicht, hier werde ich auch dringendst gebraucht. Zu mir sagte er, dass er nicht locker lassen würde, wenn ich nicht komme. Ich darf mein Leben nicht wegwerfen!!!!
„Ich operiere sie (das war im Juni 2010) und spätestens im August sind sie wieder auf den Beinen und da wird es für Sie ganz wichtig sein, dass sie einen Lebensinhalt haben. Sie werden den Hund nicht absagen!!!“
Seine Überredungskünste haben mich letztendlich dazu bewogen, zur OP anzutreten. Damals wusste ich noch nicht, dass er mich quasi „angelogen“ hat bzw. zu einer Notlüge gegriffen hat. Aber ich bin ihm unendlich dankbar dafür!!!!!!!

In der Nacht habe ich trotz des Rates des Arztes, den Hund in 3 Monaten zu holen, eine E-Mail an das Züchterehepaar geschrieben (Familienzucht) und sie davon unterrichtet, dass ich den Hund nicht in 3 Monaten holen kann und sie sich sofort um einen anderen Platz kümmern sollen. Sie waren sehr nett, luden mich ein, sie immer wieder zu besuchen, auch wenn ich keinen Hund von ihnen abkaufe. Das war sehr tröstlich für mich. Ich wusste nämlich instinktiv damals schon, dass ich nie mehr die Verantwortung für einen Hund übernehmen kann. Meine 2 Vögel reichen ja auch völlig, aber das ist ja nicht mit dem Aufwand für einen Hund vergleichbar.

Im August war ich jedenfalls noch nicht zu Hause, die Ärzte waren froh, dass ich aufgrund der langen OP im Juni 2010 keinen Herzinfarkt hatte, aber aufgrund sonstiger Probleme (nicht „Problemchen“) in ein anderes KH verlegt werden musste. Im November kam dann die Sepsis dazu, die ich wie durch ein Wunder auch überlebt habe. Also, es wurde jedenfalls viel länger als die 3 Monate, die vom lieben Oberarzt gütig vorausgesagt wurden, bis ich einigermaßen wieder auf die Beine kam. Im Februar 2011 war ich erst wieder zu Hause und meine Vögel mussten 8 Monate (!) in der Pflegestelle ausharren.....

Ich hatte aber all die Monate genügend Zeit, mich mit dieser Krankheit auseinanderzusetzen, sie zu verarbeiten. Wenn mir gleich zu Beginn die volle „Wahrheit“ vor den Kopf geknallt worden wäre, ich glaube, ich hätte es nicht verkraftet.

Liebe Grüße
Christine

Geändert von Maxi3 (06.10.2014 um 06:43 Uhr) Grund: Ergänzung
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