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Alt 15.06.2007, 21:20
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Junie Junie ist offline
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Registriert seit: 04.05.2007
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Standard AW: Für Claudia und Junie

Meine Lieben,

Junie wohnt ja jetzt bei mir auf der Palliativstation und hat für den Laptop eine WLAN Karte besorgt. Trotzdem kann ich nicht selber am Rechner lesen, weil ich nicht sitzen und nicht auf die richtige Entfernung an den Bildschirm herankomme. Deshalb macht sich Junie echt die Mühe und liest mir jedes einzelne Posting vor. Gestern waren wir beide schon zu müde, um alle Postings zu lesen, aber Michael hat mich heute früh auf das Posting von Benjamin aufmerksam gemacht. Leider können wir einfach aus Mengen- und Zeitgründen keine einzelnen Mails mehr beantworten, auch wenn mir das sehr schwer fällt. Aber Dir lieber Benjamin möcht ich doch ein ganz dickes, liebes, herzliches und extra warmes Dankeschön sagen. Ehrlich gesagt, weiß ich wirklich nicht, wie ich zu so einem "Denkmal" komme, aber ich muss sagen, ich fühle mich sehr von Euch allen getragen, gestärkt und unglaublich unterstützt.

Ihr kennt mich, ich bin Realist, und an ein Wunder mag ich nicht mehr glauben. Meine Leber, mein gesamter Bauchraum, die Därme, alles ist voller Metastasen. Es war mir aber spätestens ab dem Zeitpunkt, als die Leber- und Bauchfellmetastasen auftraten klar, dass jetzt das Finale beginnen würde. Ich habe so gern gelebt und hätte soooo gern noch dreißig weitere Jahre angehängt. Meine Sehbehinderung hat mir mein Junie ausgeglichen und so hatten wir ein sehr sehr glückliches Leben. Jetzt wo mein Körper in Auflösung begriffen ist, mir permanent schaumiger Aszites aus dem Bauch läuft, das rechte Bein und die Flanken auf monströse Ausmaße angeschwollen sind, ich mein rechtes Bein nicht mehr heben kann, ich nur noch mit größter Anstrengung nur einige Minuten sehr wacklig stehen kann, wird es einfach für mich Zeit, zu gehen. Ich habe eigentlich auch schon losgelassen, nur fällt es mir schon schwer zu sehen, wie sehr mein Junie und unsere Kinder leiden. Junie wäscht mich, füttert mich, pflegt mich Tag und Nacht. Ich bin unendlich froh, dass ich ihn habe, aber es ist für ihn eine Ochsentour - noch dazu, wo er sich mit seiner kaputten Bandscheibe kaum rühren kann. Deshalb wäre ich froh, wenn meine restliche Zeit bei möglichst guter Lebensqualität und so schmerzarm wie möglich bald ablaufen würde. Mein Befinden ist so wechselhaft, dass es sich 10-minütig komplett ändern kann. Dieses Vage und Unberechenbare macht mir sehr zu schaffen. Trotzdem bin ich unendlich dankbar, dass ich diese letzte Zeit mit meinem Junie und den Kindern so intensiv verbringen darf und nicht zuletzt auch dafür, dass ich derart von Euch getragen und in diesem Tsunami von Herzlichkeit in Wärme gehüllt werde. Ich habe lange überlegt, finde aber tatsächlich keine Worte für einen solchen Zusammenhalt. Ich weiß nicht, ob es etwas Derartiges im Krebs-Kompass schon mal gegeben hat. Ihr seid einfach großartig, wunderbar und so liebevoll, wie ich es wirklich noch nie erlebt habe. Ich werde versuchen, auch weiterhin hier gelegentlich mit Junies Hilfe zu schreiben, so lange es mir möglich ist.

Jetzt schließe ich Euch alle in mein Nachtgebet mit ein und danke dem lieben Gott, dass er mir so viele liebe Engel an die Seite gegeben hat.

Eure Claudia

P.S. Liebe Sybille und lieber Michael,
Euch beiden ein spezielles Dankeschön, dass Ihr die Infos über mich immer weiter gebt.

P.S. Auch ich möcht Euch für die vielen lieben Wünsche zum Gelingen der bevorstehenden OP herzlich danken.

Euer Junie