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Alt 30.10.2009, 16:34
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wiebra wiebra ist offline
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Standard AW: Gefühlschaos, ich kann nicht mehr!!!!

Liebe Bitha,
ich fühle aus deinen Worten deine Verzweiflung. Ich spüre dein Ringen, die Familie auch in dieser großen Not zusammenzuhalten. Du mühst dich ab, weil du weißt, dass es sehr schnell vorbei sein kann. Ich verstehe dich so gut, wenn du schreibst, dein Mann lässt dich nicht an sich heran, er verschließt sich, er reizt sein Leben aus.

Ich hatte auch eine Tochter, die sagte, wenn es ihr einigermaßen ging „Mama, lass mich doch!“ und ich ließ sie und bin heute froh, denn so hat sie nach ihrem Willen sich ihre Zeit gestaltet, so gut es ging – heute habe ich diesbezüglich keine Schuldgefühle. – Vielleicht ahnte sie, spürte sie, dass sie ihr Leben gelebt hat. Sie hatte ganz tief wohl gespürt, dass sie ihre „Lebensaufgabe“ erfüllt hat. Sie schonte sich nicht: ging wieder in die Schule und zwischendurch zur Chemo, hielt sich nicht an gesundheitsfördernde Lebenweise – oft war ich still verzweifelt, aber halten konnte ich sie nicht.
Wir fanden nach ihrem Tod ein Schriftstück, in dem sie schrieb, dass sie froh und dankbar ist, dass sie sich bei uns, ihren Eltern fallen lassen kann. Hier brauche sie nichts zu tun, könne sein wie ihr gerade ist, keine Forderungen an sie gestellt werden. Das ist für uns ein großer Trost

Liebe Bitha, mein "Rat" kann deshalb nur sein: versuche zu nehmen, was gerade ist, was dein Mann dir geben möchte und kann. Zeige deine Liebe in möglichst wenig Forderungen. Versuche, so schwer es auch fällt, im Hier und Jetzt zu sein – ohne wenn und aber für deinen Mann, deine Kinder und vor allem für dich. Versuche das Kämpfen (für deinen Mann und gegen die Krankheit) ruhen zu lassen, um des Friedens des Augenblickes. Mache dir nicht länger Druck. Die Situation ist so ausnahmelos schwierig, sie fordert schon (zu)viel von dir. Verändern kannst du wenig, aber du kannst geben.
Es ist sooooo schwer, beiseite zu stehen und ohnmächtig zuzuschauen und nichts tun zu können für seinen Lieben. Und doch ist das Annehmen das Größte, das wir als Angehörige tun können.
Es ist so verdammt schwer und doch wird uns letztendlich nichts anderes übrig bleiben.


Liebe Bitha, fürs erste möchte ich mich verabschieden und drücke dich still und verstehend - schau mal unten den Spruch, den Annika uns auch als Vermächtnis hinterlassen hat.

Renate
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"Manchmal ist es ganz gut, am Fuß des Berges nicht zu wissen, wie hoch er wirklich ist; denn mit dem Wissen über die gesamte Strecke lässt es sich meist schlechter wandern als wenn man einfach bis zum nächsten Grashalm schaut" Annika 11/2006
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