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Alt 05.08.2014, 19:02
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Taziana Taziana ist offline
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Standard AW: Mein Papa hat Lungenkrebs!

Hi Majesty...
Ich hab im Moment super viel um die Ohren. Ein Säugling ist im Haus!
Ich antworte dir auf deine tolle Nachricht, wie angekündigt.

Zitat:
Zitat von Majesty Beitrag anzeigen
Hallo @alle!
Es ging mir an diesem Tag sowieso nicht so gut. Das kam wahrscheinlich anders bei dir an!
Tut mir leid.
Das muss dir nicht leid tun!
Zitat:
Zitat von Majesty Beitrag anzeigen
Es ist gut mich mit euch auszutauschen. Da ich alles, aber auch alles von dieser sch...ß Krankheit wissen will. Ich möchte einfach alles verstehen. Ich möchte auch das Gefühl haben, das die Ärzte meinen Papa richtig behandeln.
Wirklich feststellen kann man das als Laie wohl nicht richtig. Das wichtigste ist, dass man sich in der Behandlung wohlfühlt und Ärzte und Pfleger um sich hat die auf Wünsche und Forderungen eingehen. Es kann unter Umständen im weiteren Verlauf der Krankheit zu raschen Entscheidungen kommen. Da sich der Zustand sehr schnell positiv und/oder negativ verändern kann. (Siehe Herzinfarkt weiter unten)
Zitat:
Zitat von Majesty Beitrag anzeigen
Eigentlich wollte ich eine gute Nachricht letzte Woche verbreiten. Und zwar diese, das bei meinem Papa vor der zweiten Chemo festgestellt worden ist, das der Lungenkrebs (Primärtumor) etwas kleiner geworden ist!
Top, so soll es sein! Denn wenn man den Krebs zurück drängen kann, ist die Chance, dass dein Papa noch länger ohne Beschwerden (oder nicht so starke Beschwerden) leben kann. Erschrecke bitte nicht, der Krebs wird sich höchstwahrscheinlich irgendwann wieder ausbreiten (rezidiv), das war bei meiner Mama auch so. Ich kannte mich damals noch nicht damit aus, und es war ein Schock für mich...
Dennoch ist das wirklich etwas worüber ihr euch zurecht freuen könnt.
Zitat:
Zitat von Majesty Beitrag anzeigen
Aber dann kam am Donnerstag die Nachricht, das Papa einen Herzinfarkt erlitten hatte.
Ich dachte wirklich, das darf doch nicht wahr sein. An diesem Tag sollte er eigentlich wieder nach Hause!
Einige Krebsarten neigen dazu Thrombosen auszubilden. Solltest du mal in meinem Profil gestöbert haben, gibt es einige alte Threats über den Krankheitsverlauf meiner Mama... Sie hatte 2 mal einen Schlaganfall. Die Thrombosen waren sehr schwer in den Griff zu bekommen. Weil sie die CLexane so schlecht vertragen hat und auch etwas gegen das Spritzen an sich hatte (alles voller blauer Flecke, das Gefühl wirklich krank zu sein wurde verstärkt und so weiter). Es wurde dann irgendwann mit Tabletten gemischt, dann musste sie nur noch 1 mal täglich spritzen.

Sollte der Tumor deines Papas (bei meiner Mama Adenokarzinom) dazu neigen Thrombosen zu verursachen und das die Ursache für diesen Herzinfarkt gewesen sein sollte, werden die Ärzte deinen Vater vermutlich schon medikamentös eingestellt haben. Durch die Chemo werden ja regelmäßig Blutkontrollen durchgeführt - hier kann man Trombosen dann frühzeitig erkennen und handeln.

Zitat:
Zitat von Majesty Beitrag anzeigen
Die Ärzte sagten uns, das der Infarkt sowieso passiert wäre. Also hat mit der Chemo nichts zu tun.
Ja, also... Eine Chemotherapie verursacht meines Wissens keine Thrombosen, somit wohl auch keinen Herzinfarkt, Schlaganfall oder andere Infarkte (Meine Mama hatte auch einen unerkannten Milzinfarkt). Die Chemo (unabhängig von der Zusammensetzung) zerstört idR schnellwachsende Zellen, deshalb wachsen bei vielen Chemotherapiepatienten keine Haare (Haarwurzeln sind schnellwachsende Zellen, wie die meisten Krebszellen).

Somit wäre mir neu, dass sowas einen Herzinfarkt verursacht und du kannst den Ärzten getrost glauben. Allerdings steigern (wie oben schon geschrieben) viele Tumorarten das Thromboserisiko.

Zitat:
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Papa versucht immer noch sehr stark zu sein. Leider wirkt er sehr traurig. Das tut mir sehr weh ihn so zu sehen. Denn, er tut zwar stark, aber er ist es nicht. Das darf er auch. Ich würde mir für ihn mal wünschen, daß er mal frei weinen kann. So lange wie er will.
Evtl. tut er das, wenn ihr nicht dabei seid. Ich verstehe ihn, du verstehst ihn. Willst du stark sein? Denkst du manchmal: "Ich kann jetzt auf keinen Fall weinen, dann denkt er - ich fühle mich schlecht, wegen ihm.", "Ich will ihm keinen Kummer bereiten.", "Ich sollte ihm eine Stütze sein und ihn nicht nochmehr runter ziehen". - Ich kann dir versichern, er denkt das auch.

Zitat:
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Es sind oft Situationen wie gestern morgen, wo ich bei ihm war, das er sagt: Ach den Infarkt habe ich überlebt. Ich lebe noch!
Fängt an zu Lachen und im nächsten Moment weint er. Aber immer nur kurz. Habe ihn dann in den Arm genommen und auch geweint.

Was muß wohl in ihm vorgehen???
Wie fühlt er sich???
Was denkt er wirklich???
Und nun werde ich zum ersten mal von den Fakten weggehen.
Das hat mich sehr traurig gemacht, als ich den Post zum ersten Mal gelesen habe... Weil ich das auch durchgemacht habe und weiß wie man sich fühlt.

Es ist vollkommen normal, was dort passiert. Dein Papa durchlebt etwas was vielleicht die schwerste Aufgabe unseres Lebens ist. Er muss sich damit abfinden, dass sein Leben endlich ist. Das bedeutet nicht nur, dass er alles verliert was ihm wichtig ist. Sondern er muss sich auch damit arrangieren, dass er zukünftiges nichtmehr mit erleben wird. Er wird seine Enkel nicht (mehr weiter, oder überhaupt nicht) aufwachsen sehen. Er kann keinen weiteren Hochzeitstag mit seiner Frau verbringen, er wird einfach "weg" sein.

Denn die Angehörigen leben mit dem Schmerz, wenn der Mensch tod ist. Ich lebe "ohne" meine Mama weiter. Das ist schmerzlich, aber diesen Schmerz spüren ist am schlimmsten JETZT wo es soweit ist. Erkrankte - und das wurde mir erst bewusst als sie tot war - haben diesen schlimmen Schmerz bereits lange vorher. Nämlich dann wenn ihnen bewusst wird, dass ihr Leben bald vorbei ist. Das sie keine Dinge mehr tun können, die sie gerne getan haben und das sie die Menschen, die sie lieben "einfach" zurücklassen. Das sie ihre Kinder nicht mehr unterstützen können. Das muss unglaublich hart sein. Und an der von dir beschrieben Situation kann man erkennen, dass dein Papa an diesem Punkt ist... Das ist nichts schlechtes, im Gegenteil. Aber es tut unglaublich weh. Sogar mir, obwohl ich deinen Papa und dich nicht mal kenne. Ich ziehe sofort die Paralelle und muss heulen...

Zitat:
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Er wollte eigentlich in knapp drei Wochen nach Italien. Er ist Italiener und hat seine Geschwister schon ein paar Jahre nicht mehr gesehen. Noch mal so lange er noch fit ist. Das Grab seiner Mutter und seines Vaters besuchen.
Er sagte gestern, wenn ich mich in drei Wochen so fühle wie heute, dann wird er nicht fahren...

Er tut mir so leid!
Aber ich kann ihm da nicht helfen.
Doch, du kannst. Bitte ermutige ihn seine Wünsche zu erfüllen. Wenn sein Zustand stabil ist (Reise mit Arzt abklären) sollte euch nichts aufhalten. Zwischen den Chemos sind ja abstände (3 Wochen?). Evtl. findet ihr eine Möglichkeit für wenige Tage zu fahren - solange er noch keiner Pflege bedarft. Meine Mama hat sich so sehr auf ihre Reha gefreut. Ihr "letzter" Urlaub. Beide Reha wurden abgesagt... Sie war so nidergeschmettert, das zu sehen war einfach so traurig... Wenn ihr das vermeiden könnt, wäre das ganz toll.

Zitat:
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Er sagt auch immer wieder, das er alles versuchen wird was Chemo anbelangt, damit seine 4 Kinder nicht hinterher sagen, er hätte nicht alles versucht!
Das ist löblich, allerdings sollte er sich trotzdem nicht quälen um euch einen Gefallen zu tun, wenn er merkt er verträgt keine Chemo, oder die Therapie tut ihm nicht gut, ermutige ihn nach Alternativen zu suchen (manchmal wird einfach eine andere Chemo genutzt)


Mein Text ist lang geworden! Deine Gesichte nimmt mich echt mit. Deshalb habe ich mir bewusst Zeit für diese Antwort genommen! Entschuldige bitte, dass es solange gedauert hat. Wie geht es deinem Papa? Gibt es Neuigkeiten?

Liebe Grüße
Tazi
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Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot. Der ist nur fern. Tot ist nur, wer vergessen wird.

Mama (Bronchialkarzinom) 05.05.1949 - 27.06.2014
Oma (Nierenzellkarzinom) 24.08.1925 - 03.01.2004
Opa (Bronchialkarzinom) 24.07.1929 - 06.10.2001
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