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Alt 31.03.2006, 17:48
Mom 21 Mom 21 ist offline
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Standard AW: Seelischer Knacks durch Krebs???

Hallo, liebe Anne!
Oh Mann, ich kann so gut nachempfinden wie es dir geht. Bei mir ist es ähnlich.
Ich habe zwar Hautkrebs (Diagnose 3 Tage vor Weihnachten 2004), aber wo der Krebs sitzt ist ja völlig egal, die Angst ist die gleiche. Es ist das Wort Krebs, dass einem den Boden unter den Füßen wegreißt. Schließlich wird man ja von heute auf morgen mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert. Ich war wie gelähmt, als der Arzt mir sagte das ich Krebs habe. Ich bin auch in ein ganz teifes Loch gefallen....habe gedacht wie geht es weiter....geht es überhaupt weiter....wie sieht meine Zukunft aus...habe ich überhaupt eine.....sterbe ich bald.....was wird aus meinen Kindern (3 an der Zahl).....
Mann, es war schrecklich. und wenn man dann niemanden hat mit dem man sich austauschen kann, dann ist alles ja noch viel schlimmer. Deshalb ist es gut, dass du hier im Forum schreibst. Weißt du, ich denke, wirklich nachempfinden was es heißt diese Diagnose zu bekommen, kann nur einer der selbst betroffen ist.

In der ersten Zeit nach meiner Diagnosestellung wollte ich nur noch über Krebs reden. Was anderes war nicht in meinem Kopf, nur Krebs....Krebs....Krebs. Ich bin immer ziemlich neidisch, wenn ich hier im Forum lese, wie manche Partner sich um den Erkrankten bemühen, auch alles über die Erkrankung wissen wollen, mit zu den Untersuchungen gehen oder auch zusammen weinen. Habe ich auch alles nicht.

Letzte Woche war ich zur Nachsorge (alle 3 Monate) und als ich wiederkam fragte mein Mann "und, alles in Ordnung? Ich habe dann noch ein bisschen erzählt was so in der Klinik abgelaufen ist, da ist er einfach aus dem Zimmer gegangen. Ich konnte es nicht fassen. Ich wünschte mir auch, dass er ein bisschen interessierter an meiner Erkrankung wäre. Schließlich handelt es sich nicht um einen Schnupfen oder Fußpilz, sondern um eine Krankheit die mir das Leben rauben kann. Nach der Aktion habe ich mich auf die Couch geschmissen und bitterlich geheult.

Ich denke mal, die meisten Außenstehenden sind völlig überfordert. Sie wissen nicht was sie sagen sollen, da sagen sie lieber nix. Nachdem ich meiner "ältesten" Freundin gesagt habe das ich Krebs habe, hat sie nix mehr von sich hören lassen. Nach einem Jahr habe ich sie wiedergetroffen. Sie hat nicht mal gefragt wie es mir geht....hat mir erzählt das ihr Mann eine fette Erkältung hat, weil die Scheibe an seinem Auto kaputt ist und das der Sohn die Lehre geschmissen hat.......

Also, liebe Anne, was mir auf jeden Fall hilft ist Psychotherapie. Die mache ich seit ich die Diagnose bekommen habe. Ich rate dir dringend, das auch zu machen. Jeder, der Die Diagnose Krebs bekommt hat einen Anspruch auf mindestens 25 Stunden Psychotherapie. Und so wie ich deine Zeilen deute, befindest du dich wirklich in einer schweren Krise. Also nimm das Angebot wahr und rede mit einem Therapeuten. Wirst sehen, das tut gut.

Als ich deine Zeilen gelesen habe, musste ich fast mitheulen, weil ich so gut verstehe wie du dich fühlst. Wir können unsere Partner nicht mehr ändern. Und wenn wir mit ihnen nicht mehr reden können, dann müssen wir uns halt jemand anderen suchen.

Ablenkung ist auch immer gut. Gehe viel raus und unternehme was mit deinen Freundinnen. Ich schreibe das jetzt so leicht, aber ich falle auch jetzt noch des öfteren in ein tiefes Loch und kann es dann auch nicht praktizieren.

Belohne dich selbst, gönne dir was, kaufe dir ein paar "Blasenkrebsschuhe". Die hast du dir verdient.
Also, lass den Kopf nicht hängen. Es kommen bestimmt auch wieder bessere Zeiten. Das schreibt dir eine, die aus Erfahrung spricht. Und schreibe wieder hier im Forum, wenn es dir Sch.... geht.

Ich drücke dich mal ganz feste....
Liebe Grüße
Siggi

Geändert von Mom 21 (31.03.2006 um 21:52 Uhr)
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