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Alt 26.10.2002, 15:36
Gast
 
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Standard Onkologische Prognosen - mal anders

Liebe beide Brigitte
Echo aus der Schweiz ist angekommen – endlich! -)
Nein, ich sehe nicht, daß hier Kontra-Medizin diskutiert wird.....Nur, ich bin ne Wühlmaus (sagt mein Mann) und wenn ich was wissen will, dann genau,!( so gut es halt geht) ...Also, ich wollte wissen, welche Fortschritte hat die Medizin gemacht. Klar ist, daß in Chirurgie und Anästhesie gewaltige Fortschritte erzielt wurden – meine Bewunderung. Klar ist beispielsweise auch, daß der heutige Diabetiker sehr viel besser versorgt wird. Durch bessere Einstellung des Zuckers und der Medikamente. Dies hat zur Folge, daß die unvermeidbaren Spätfolgen hinausgezögert werden und das alltägliche Leben wesentlich erleichtert wurde. Nun wollte ich wissen, wie sieht es bei der Onkologie aus? In den 70 ziger Jahren wurde mit Reagan dem Krebs der Kampf angesagt, entsprechende Gelder ausgegeben und in den 90 zigern wurde der Kampf, vorerst, für verloren erklärt. Das Ziel, die Zerstörung des Krebskernes, war nicht erreicht worden. In Folge wurde Krebs für chronisch, systemisch erklärt. Es ging, sieh Diabetes, um Hinauszögern und Lebensqualität. Richtig ist sicher, daß heutige Chemos nicht mehr so hammermäßig sind. Hinzu kamen die neuen Medikamente wie Hormontherapie, die zur Hoffnung Anlaß gaben und geben. Was mich stört ( und das seit Jahrzehnten ) sind die jeweiligen Ankündigungen, wie „kurz vor dem Durchbruch“, „bahnbrechend“ – klingt schon sehr nach PR (übrigens Brigitte, das mit dem hüpfenden Widerspruch gefällt mir sehr -) ) Eigentlich ist es ja so, immer, wenn neue Therapien in Aussicht gestellt werden, erfährt man von den negativen Seiten der alten. Oder man muß zwischen den Zeilen lesen.
Auszug aus einem Bericht über PET
.....Da die PET den Zuckerumsatz im Gewebe wiedergibt, liefert sie auch quantitative Informationen. Dies ist entscheidend für eine frühzeitige Verlaufskontrolle der Chemotherapie. Gerade die hochdosierte Chemotherapie hat erhebliche Nebenwirkungen für die Patientin. Mit morphologischen Verfahren, wie etwa der Röntgen-CT, kann der Therapieerfolg ausschließlich anhand der erhofften Größenabnahme des Tumors kontrolliert werden, was im allgemeinen erst nach Wochen oder sogar Monaten sichtbar wird. Der Zuckerumsatz im Gewebe sinkt dagegen sehr schnell ab, wenn der Tumor auf die Therapie anspricht. Bereits nach wenigen Tagen (nach einem Chemotherapiezyklus) ist in der PET klar zu erkennen, ob der Zuckerstoffwechsel in den Krebszellen abnimmt. Ist dies nicht der Fall, hat der behandelnde Arzt Gelegenheit, die Therapie zu verändern und kann damit der Patientin erhebliche Nebenwirkungen durch therapeutisch wirkungslose Präparate ersparen....

Daraus kann man entnehmen, daß Chemo nicht immer wirkt, aber erhebliche Nebenwirkungen verursacht.
Die Statistiken haben mich auf meiner Suche halb verrückt gemacht und ich bedaure, wie Brigitte, daß hier nicht mehr Ärzte schreiben. Anna hat mir ja schon mal geantwortet und Brigitte hatte den Dialog mit dem jungen Arzt, den es vor paar Tagen hochgeschwemmt hat. Sonst hätte ich ihn nicht gesehen. Da wird gerechnet, daß von einer 50:50 Chance eine 60:50 Chance bzw. 65:50 wird. Also in der Buchhaltung geht so ein Prozentrechnen nicht, aber gut.
Dazu habe ich noch was gefunden:
.....Von einer anderen Art von Risiko wird in den Ergebnissen der Fisher-Studie gesprochen: Von den insgesamt 6681 Frauen in der Tamoxifengruppe erkrankten 85 an Brustkrebs (1,3%) gegenüber 154 Teilnehmerinnen (2,3%) in der Placebogruppe (6707 Frauen), d.h. das absolute Risiko sank im Studienverlauf um 1%. In den Studienergebnissen wird dagegen immer von der relativen Risikominderung um 45% gesprochen, die sich aus der Relation der in beiden Testgruppen tatsächlich erkrankten Frauen errechnet (154=100%, dann sind 85=55%, also Minderung um 45%). Allein diese beiden Zahlen (1% gegenüber 45%), die beide unter sehr unterschiedlichen, aber jeweils wissenschaftlich legitimen Voraussetzungen errechnet wurden, illustrieren den statistischen Umgang mit dem Risiko und die Instrumentalisierbarkeit von Forschungsergebnissen. Werbung und Wahrheit,
In Berichten über Studienergebnisse wird eher das relative Risiko angeführt, das dem zu erforschenden Mittel die Aura hoher Effektivität verleiht. Die Relativität dieser Größe bleibt jedoch häufig im Dunkeln. Wendet man die Ergebnisse nochmals, dann haben 1,3% der Frauen der Tamoxifengruppe trotz Prophylaxe Brustkrebs entwickelt, und über 97% wären sowieso nicht daran erkrankt.( Oder in noch anderer Perspektive: um eine Brustkrebserkrankung zu verhindern, müssen pro Jahr 376 gesunde Frauen regelmäßig Tamoxifen einnehmen.
Das Erkennen bestimmter Risiken und Gefährdungen kann unsere Lebensqualität verbessern – das sollte das Ziel aller mit Gesundheit befaßter Wissenschaften und auch der Biostatistik sein. Sie sollten jedoch nicht unnötige Ängste auslösen und gesunde Menschen zu potentiell Kranken stempeln. Ein Festklammern an biostatistischen Gesetzen erscheint deshalb als Teil archaischer menschlicher Wünsche nach magischer Bannung von Krankheit und letztlich Tod.

Wenn ich mich entscheiden muß, welche Behandlung ich haben will, dann will ich das wissen und wenn ich nicht die 98. Frau sein will weiß ich was ich zu tun habe. Damit genug für heute.
Liebe Wochenendgrüße
Anka
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