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Alt 14.10.2015, 15:20
SmartM SmartM ist offline
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Standard AW: Das Rennen läuft

Heute mal wieder Neues aus der Boxengasse.

Gestern gab es wieder Druckbetankung mit Paclitaxel. Nachdem in der vorigen Woche aufgrund der Blutwerte die Dosis geringfügig reduziert wurde, gab es gestern wieder den normalen Schuss, weil die Leukos gemacht haben, was sie sollten.
Die Schleimhäute sind inzwischen ziemlich angegriffen, die Nase läuft, als ob ich Schnupfen hätte, beim Naseputzen ist Blut dabei. In der Speiseröhre brennt es bei jeder Mahlzeit und macht dieses Vergnügen eher zum Frust. Aber wenn dadurch etwas auf die Lebenszeit drauf kommt - gerne.

Morgen geht es dann bis zum Sonntag auf Enkelin-Besuch. Sie, mein persönlicher Sonnenschein, wird mich wieder aufmuntern und mir zeigen, wie schön das Leben sein kann.

Nächste Woche Boxenstopp mit Doppelbefüllung und am Mittwoch wollen wir unser kleines Ferienhaus an den Haken hängen, um damit noch ein paar Tage Ostseeluft zu tanken. Blöd ist, wenn ich vor so einer Reise stehe, schleichen sich die Gedanken ein, die ich nicht haben will, wie z.B. "...ist dies das letzte Mal, dass ich das Meer sehen kann?" Das macht mich kirre und ich finde nicht immer den Ausgang aus diesem Gedankenkreis.

Meistens funktioniert sich ins Gedächtnis zu rufen: Dort fragt dich keiner, "wie geht's dir" (früher betraf die Frage ein gosses Feld: Beruf, Famile usw., heute hat sich das auf meine Erkrankung reduziert, es geht also nicht um mich sondern um den Mist den ich in meinem Körper durch füttere). Ich weiß nicht, ob es anderen auch so geht, aber da hat man es geschafft, mal nicht an diesen verfluchten Krebs zu denken und es wächst schon etwas Gras darüber, kommt irgend eine blöde Kuh/blöder Ochse vorbei und frisst es mit dieser Frage wieder ab.

Dabei fällt mir ein: Meine Therapeutin erklärte mir in der letzten Sitzung, wir müssen unsere Termine strecken, da mein Kontingent sich zu Ende neigt. Verlängerungen werden von den Gutachter verworfen mit der Begründung: "wer Angst vorm Sterben hat, kann sich einer Selbsthilfegruppe anschließen".
Vielen Dank liebe Krankenkassen und ihr super Gutachter. Ihr könnt euch jetzt wohl denken, was ich euch wünsche!

Meine Therapeutin fügt aber hinzu: Notfalls werden wir etwas finden, was sie genehmigen müssen. Bin zwar dankbar dafür, aber muss man lügen um eine umfassende palliative Betreuung zu erhalten. Sollte man sich doch Gedanken über die einschlägigen Angebote aus der Schweiz machen? Scheinbar reduziert sich in diesem Land die Palliativmedizin nur darauf, Schmerzen zu lindern!
Bleibt zu hoffen, rechtzeitig einen Platz im Hospiz zu bekommen.

Das alles zieht mich im Moment ziemlich runter, das graue Wetter schafft den Rest.

Trotzdem, morgen sehe ich "meinen Sonnenschein" und damit geht es hoffentlich wieder besser.

Tut mir leid, dass ich heute mit meiner anderen Seite auf die Nerven gehe, aber auch Meckern tut einem mal gut. ...und ich glaube, hier verständnisvolle Leser/innen zu haben.

Dafür meinen ganz lieben Dank.

Liebe Grüße
Walter

Geändert von SmartM (14.10.2015 um 18:38 Uhr) Grund: Erklärender Weise etwas hinzugefügt