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Alt 06.04.2012, 03:02
Tina71 Tina71 ist offline
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Standard AW: bronchialkarzinom - hilflos

Liebe Missfesch,
ich lese in deinen Beiträgen so große Sorge und vor allem eine starke Angst heraus, die Mama zu verlieren - ganz natürlich bei dieser Erkrankung. Ich war vor vier Jahren in der gleichen Situation, nur andere Krebserkrankung ( Eierstockkrebs ). Meine Mutter entschied auch irgendwann, dass die Ärzte nur noch mit ihr sprechen sollten - vielleicht, weil sie spürte, dass ich auch in einem aussichtslosen Kampf für sie weiter kämpfen wollte ? Erst viel später habe ich verstanden, dass es IHR Kampf war und dass nur sie fühlen konnte, ob die Kraft vorhanden ist, weiter zu machen... manchmal nützt der Wille allein nichts. Das Loslassen fiel mir furchtbar schwer, ich wollte sie mit aller Kraft behalten. Ein viertel Jahr vor ihrem Tod beschloß sie, keine weitere Chemo mehr zu machen und zwei Wochen vor ihrem Tod sagte sie mir,"es sei in Ordnung, wenn sie bald geht, sie hätte ein volles und schönes Leben gehabt" und ich sagte ihr, dass es doch aber noch zu früh sei und ich sie nicht verlieren möchte.
Aus heutiger Sicht denke ich manchmal,habe ich viel wertvolle Zeit vertan, zu versuchen, diese fortgeschrittene Erkrankung "kontrollieren" zu wollen und letztlich irgendwie darauf zu warten, dass sie wieder gesund wird.
Was du schreibst, erinnert mich daran. Alles wissen wollen, schauen, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, ein Wunder ! Dabei hätte ich die Zeit, die wir hatten, einfach noch mehr nutzen sollen, um einfach bei und mit ihr zusammen zu sein, über verschiedene Dinge, nicht die Krankheit, zu sprechen. Du schreibst, du kannst nicht einfach über dies und das reden mit ihr, wenn du nicht genau weißt, was los ist. Das dachte ich auch - aber dann gibt man dem Krebs einen unendlichen Raum und das Leben verliert in DEM Moment an Qualität. Vielleicht spürt deine Mutter, dass es keine Heilung geben kann ? Und möchte ihre Zeit, die sich noch hat, leben und nicht vergeuden, in dem der Krebs permanent in den Mittelpunkt gerückt wird ? Deshalb möchte ich dir sagen, nutze die Zeit, die du mit deiner Mutter hast, egal wie lange das sein wird. Verausgabe deine Kraft nicht, indem du versuchst, alles zu kontrollieren, du wirst sie damit wahrscheinlich nicht retten können. Und wer weiß- vielleicht hat deine Mutter mit dem Arzt gesprochen und weiß, wie es um sie steht ? und möchte dich und deinen Vater schützen ?
Ich fühle so mit dir und kann dir sonst nichts Aufmunterndes schreiben. Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft und schicke dir viele herzliche Grüße, Tina

Geändert von Tina71 (06.04.2012 um 03:06 Uhr)
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