Thema: Stammtisch
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Alt 24.04.2006, 23:02
Misa Misa ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Hallo zusammen,

ich muss einmal etwas schreiben, was ihr vielleicht nicht verstehen werdet. Aber es geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Irgend jemand hat hier einmal geschrieben (ich weiss nicht mehr wer und ich will ganz sicher niemandem zu nahe treten), dass gesagt wurde, dass eine Trennung des Partners genau so schlimm sei, wie der Tod. Der/die jenige konnte das nicht verstehen und war erbost.
Dazu möchte ich etwas sagen. Ich hatte auch einmal einen Mann, der mich nicht mehr wollte, der sich von mir getrennt hat. Das war sehr schwierig für mich. Ich habe ihn immer noch sehr gern gehabt, aber er wollte mich nicht mehr. Ich war "gezwungen" ihn zu vergessen, ihn auch nicht mehr zu lieben. Er wollte mich nicht mehr sehen. Er wollte mich micht mehr haben. Ich musste irgendwie aufhören an ihn zu denken, aufhören ihn lieb zu haben. Das ist sehr schwer und auch sehr schmerzhaft.
Das ist natürlich nicht damit zu vergleichen, wenn der liebste Mensch, den man hat, sterben muss. Aber:

Mein Micha ist jetzt 33 Wochen tot. Ich habe immer noch nicht begriffen, dass er wirklich tot ist und nie wieder kommt. Aber ich brauche nicht aufhören ihn zu lieben. Er lebt in meinem Herzen. Er wollte mich nicht verlassen. Er wollte bei mir bleiben, wollte nicht sterben. Und ich kann immer noch etwas für ihn tun. Ich gehe jeden Tag zum Friedhof. Nicht, weil er mir da nahe wäre. Ganz und gar nicht. Ich bin auch nicht gläubig. Aber der Weg ist das Ziel. Ich habe das Gefühl, ich gehe jetzt zu Micha. Ich kann sein Grab pflegen, ich kann ihm Blumen bringen. Das ist das einzige, was ich noch für ihn tun kann. Aber ich kann etwas tun. Versteht ihr das? Die Liebe bleibt. Sie ist in unseren Herzen. Wenn man verlassen wird, ist das nicht so. Micha ist immer bei mir, auch wenn ich ihn nicht mehr sehen, hören oder berühren kann. Er ist da. Er wollte ja nicht gehen. Er hat mich geliebt. Bis zum Tod.

Ich weiss nicht, ob ihr das verstehen könnt. Ich kann das schriftlich auch nicht so rüber bringen. Gedanken in Worte fassen ist für mich sehr schwierig. Ihr könnt jetzt auch über mich schimpfen, aber das musste ich mal loswerden. Unsere Partner/Eltern/Kinder usw. wollte uns nicht verlassen. Sie haben uns geliebt. Und wir können sie weiter lieben. Der Tod eines geliebten Menschen tut verdammt weh und ich weiss, das ich mit dem Verdrängen, dem Funktionieren, dem nicht Verstehen, dem Versteinern sicher nicht auf dem "richtigen" Weg bin, aber im Moment ist es einfach so, dass die Liebe bleibt. Und die Gewissheit das mein Micha nicht gehen wollte, bei mir bleiben wollte, mich lieb gehabt hat, ist, wie soll ich sagen: Anders herum: für mich war es fast quälender nicht mehr gewollt zu werden. Aber: ich fürchte mich davor, wenn ich wirklich begreife, dass Micha tot ist. Vielleicht sehe ich das dann ja alles anders.

Wenn jemand zu mir sagt, du bist doch noch so jung, du findest bestimmt noch jemand anderen. Dann sage ich immer: Micha war mein Mann und IST mein Mann und er wird es IMMER bleiben. Auch wenn wir nicht verheiratet waren und er jetzt tot ist.

Nur wer vergessen ist, ist wirklich tot.

misa
(Sandra)
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