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Alt 02.12.2002, 21:13
Gast
 
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Standard Alles umsonst...

Hallo Forum,
meine Mutter sagte mir, bitte lass mich nicht im Krankenhaus mit all den Schläuchen an mir dran sterben. Das war letztes Jahr im Sommer und bis Oktober habe ich den Gedanken verdrängt, wie es werden soll, wenn sie pflegebedürftig wird. Ich arbeitete damals in Hamburg und meine Familie lebt in Leipzig. Die Entscheidung sie nach Hause zu holen, hätte ich vorher auch nicht planen können. Ich bin der Meinung, jeder muss entscheiden, wie die Kräfte sind und wie die häusliche Situation. Mein Arbeitgeber war sehr verständnisvoll, ich arbeite vom Home-Office aus in Leipzig (in einem New Economy Unternehmen gut machbar)und zusätzlich hatten wir den Pflegedienst. In diesem Moment war mir der Job aber auch egal, ich hätte mich für die Zeit auch freistellen lassen. Das Bedürfnis meiner Mutter ganz nah zu sein war stärker als meine Karriereplanung. Das ich so reagiere, hätte ich aber nicht vorraus sagen bzw. planen können. Die acht Wochen waren für meine ganze Familie so wichtig und wir sind ganz eng zusammen gerückt. Ich habe gelernt, was es heisst in Liebe zu sterben und für meine Zukunft viel Kraft geschöpft und in meinem Leben die Prioritäten neu geordnet. Meine Mutter fehlt mir natürlich gewaltig. Sie war erst fünfzig und wir hatten ein sehr enges Verhältnis. In den letzten Wochen hatten wir zum Glück die Zeit, ganz bewusst von einander Abschied zu nehmen.
Meine Empfehlung: jeden neuen Tag mit dem Angehörigen geniessen, sich in der Zeit auch intensiv mit dem Sterben beschäftigen und einfach akzeptieren, dass es zum Leben dazugehört. Ich selbst habe keine Angst vorm Tod, aber dass ich nicht in so einer Geborgenheit wie meine Mutter sterben kann, davor schon. Diese Geborgenheit kann auch im Hospiz oder im Krankenhaus da sein, man braucht die Menschen, die einen lieben und in der Zeit die Hände halten, den Rücken massieren oder Geschichten vorlesen...
Euch allen viel Kraft.
Grit
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