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Alt 29.09.2008, 01:13
parallele parallele ist offline
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Registriert seit: 08.04.2008
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Mir ist das Thema auch ein Anliegen - auch wenn es hoffentlich weit weg ist und ich noch viele Jahre vor mir haben werde. Jedenfalls ist der Tenor der medizinischen Auskunft: wir haben alles entfernt. Keine Metastasen. SIE SIND GESUND.
Und mir haben sich alle Haare gesträubt. Denn ob hier im Forum oder im Freundeskreis: ich kenne nun etliche, die mit dieser positiven (und alle Fragen oder Ängste versiegelnden) Auskunft recht bald an Rezidiven oder Metastasen erkrankten.

Meine Ängste und Gedanken kann ich auch nirgends hintragen. Die (erwachsenen) Kinder? Sind schon durch Diagnose und während der Klinik- und Bestrahlzeit ziemlich in die Knie gegangen. Mein Mann ist ein Optimist mit Schutzwall. Auch die Freunde.

Hauptgrund für eine psychologische Therapie, die ich gerade beginne, ist eben jenes Thema. Die Ängste um das Thema Tod. Nicht einmal vor mir selbst kann ich bislang (alles) formulieren, was bedrückt oder panisch macht. Ich hoffe, dass ich das unter fachlicher Führung tun kann. Mich nähern. Dem, was es für mich bedeutet. Wovor die Angst da ist. Nicht nur das primär Sichtbare wie Schmerzen. Das Aufhören der eigenen Persönlichkeit. Keinen Glauben haben - w i e dann ein (verfrühtes) Lebensende ertragen und annehmen? Und so fort.
Erschreckt hat mich, dass in diesem Thread zwei- oder dreimal erzählt wurde, dass auch bei der Psychoonkologin eine Abwehr gegen die Thematik herrschte.
Ich hoffe, ich bin in besseren Händen. Optimismus, Lebensfreude, Lebenswillen und -stärke will ich auch gewinnen. So, dass ich nicht wieder in Depressionen verfalle. Aber mit den Ängsten und der ... vorgezogenen Trauer über einen möglichen frühen Tod, ein verkürztes Leben, einen Verlust an Zeit und Freude und Er-leben möchte ich dort auch gut und unterstützt aufgehoben sein.
Hoffentlich ist das so.

Denn wie gesagt: auch ich weiß nicht, wohin mit dem Thema Sterben und Tod.

Vor vielen Jahren habe ich auch in einem Hospizkreis eine Schulung in 14 Abenden und zwei Drei-Tage-Seminaren gehabt. Damals war ich noch nicht krank - sondern hatte *nur* und unerklärlich große Todesfurcht. Auch damals nirgends Verständnis bei meinen Mitmenschen. Bis ich immerhin zugreifen konnte, mich im Rahmen der Hospiz-Seminare dem Thema Tod überhaupt zu nähern.
Wieviel Aberglauben und Abwehr das Tabu-Thema auslöst, habe ich dann in der engsten Familie erfahren. Mir wurde von meinen Eltern gesagt, dass man das nicht tun dürfe (sich so mit dem Sterben beschäftigen), damit "ziehe man doch den Tod heran". Und als dann mein Vater an einem plötzlichen Herzinfarkt einige Monate später starb, wurde zwar nicht ausgesprochen, aber von meiner Mutter signalisiert, ob nicht ich ...
Und dabei haben sie nur sich im Mittelpunkt gesehen. Dabei ist es doch mein bedrückendes Lebensthema gewesen, das Thema Sterben und Tod. Und was hilft und stützt, wenn man keinen Glauben mehr hat.

Ich bin froh, wie offen Ihr hier schreibt!
Danke.

die parallele

Geändert von parallele (29.09.2008 um 01:16 Uhr)
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