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Alt 19.10.2008, 14:12
Heiderose Heiderose ist offline
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Standard Mutmachereckchen für uns alle

Hallo an alle, die ihr mir in den letzten Wochen mit sehr viel Rat zur Seite gestanden haben!

Krebs - wau das ist eine Diagnose, die haut einen erst mal um, wupps da liegts du. Auf einmal ist man nicht mehr der Handelnde, man wird behandelt - manchmal auf unsägliche Weise, wie ich hier oft lesen konnte.

Ich denke immer noch an mein erstes Diagnosegespräch. Sie haben Krebs, wollen Sie einen Kaffee????????????? Operieren können wir nicht, ist aussichtslos, zu grosse Raumforderung?????????????????Wir fangen mal mit Chemo an, wenn sie einverstanden sind?????????
Ich war unsäglich verwirrt, habe nur noch nichts, aber auch gar nichts verstanden und habe mich auf meine beruflichen bedingt vorhandenen Rhetorikfähigkeiten besinnen müssen, um mich durchzusetzen und genauere Informationen zu erhalten. Aus den vom DOC wohl einkalkulierten fünf Minuten wurden 50 Minuten. Pech gehabt, Doc, aber ich bin ein mündiger Patient. Aber danach haben wir uns gut verstanden, er wusste mich einzuschätzen und ich habe mich auf unsere Gespräche gut vorbereitet. Langer Zettel, viele Fragen, Internetdurchsuche vorher. Ich glaube dass ich für seine grauen Haare mitverantwortlich bin. Aber bitte schön, das ist doch mein Leben, um das es hier geht. So viel Zeit muss sein. Auch wenn die DOCs meinen, dass ich nicht mehr viel Zeit habe.

Nach sechs Chemotherapien bei den DOCs grosses Erstaunen, bin wohl ein Klimawunder, weil meine Tumore wie Schnee in der Sonne schmelzen. Haben Sie noch nie gehabt, sagen sie. Wir können doch operieren, sagen sie. Wundert mich nicht, bin doch Gott sei gedankt ein Invidium. Ich bin keine Statistik Ich bin ein Mensch, kein TumorIch will leben Und ich bestimme letztendlich, was ich dafür auf mich nehme, weil ich muss es ertragen. Nicht der DOC

Nach der OP grosses Erstaunen, Primärtumor ist draussen (keiner hats geglaubt, ausser mir). Metastasen sind noch da. Nun will man einfach warten und mein Bauch sag mir, DAS IST FALSCH!

Erster Termin beim Spezialisten: Ich bin wieder nur ein Tumor mit Anhängsel Mensch, nein das will ich nicht. Ich sage es auch. Und wechsle den Spezialisten.

Tumorbiologie in Freiburg: Hier bin ich ein Mensch mit Anhängsel Tumor. Hier hat man nichts dagegen, dass ich eine eigene Meinung habe und Fragen stelle - auch unbequeme

Und hier rät man mir nicht dauernd zur Ruhe, sondern akzeptiert, daß ich aktiv bin, arbeite, wandere, Wein trinke (trotz Chemo), kurz gesagt, dass ich mein normales Leben (zu dem jetzt eben auch die Chemo gehört) weiterlebe.

Ich bin nicht nur Patient - ich bin auch Mensch. Ich fliege in Urlaub, obwohl ich einen Tag nach dem Urlaub wieder Chemo habe. Keiner schimpft, im Gegenteil man freut sich mit mir.

Ich feiere meinen Geburtstag (mit Wein), freue mich an meine Kids, an meinem Enkelsohn, an meiner Arbeit. Kurz gesagt, ich weigere mich einfach so zu sterben.

Und siehe da, das funktioniert.

Wie lange, das weiß keiner.

Aber letztendlich kommt es nicht auf die Quantität unserer Tage, sondern auf die Qualität unserer Tage an. Und gerade jetzt geniesse ich den Sonnenschein, den Hund auf meinen Füssen und ein unbändiges Glücksgefühl.

So sollte es uns allen gehen und immer wenn ich jemanden ein wenig Hoffnung geben, kann dass auch ein "krebsiges" Leben schön sein kann, dann bin ich froh und glücklich.

Alles Liebe an alle, die der gleichen Meinung sind

Heiderose