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Alt 18.07.2002, 11:55
Gast
 
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Standard Wer kann mir mit seinen Erfahrungen weiterhelfen ?

Liebe Sandra,
Liebe Andrea,

ich kann Eure Angst und Euren Kummer so gut verstehen. Es tut so schrecklich weh. Und auch, wenn Ärzte es natürlich nicht böse meinen und es ihnen bestimmt auch selbst immer wieder schwer fällt, Patienten und deren Angehörige mit solchen Aussagen zu konfrontieren, klingen sie in den Ohren der Betroffenen gemein und herzlos.

Vielleicht irrt er sich und Eurer Mutter und Schwiegervater geht es noch lange einigermaßen gut. Trotzdem solltet Ihr den Hinweis ernst nehmen und Euch auf jeden Fall umgehend informieren, welche Unterstützung Ihr vom Pflegedienst bekommen könnt, wo Ihr Hilfsmittel wie bspw. Infusionsständer, ein geeignetes Krankenbett, Toilettenstuhl o.ä. beziehen könnt und vor allen Dingen wie lange es dauert das alles zu beschaffen.

Wichtig ist auch, bereits jetzt mal mit den Hausärzten zu sprechen, was er leisten kann und wo seine Grenzen sind. Hausärzte haben oft keine Erfahrung in der Betreuung von Schwerstkranken und können nicht alles abdecken, was im Krankenhaus geleistet werden kann. D.h. allerspätestens, wenn eine Schmerztherapie notwendig werden sollte, wissen sie meist nicht weiter. Sollte es in Eurem Wohnort ein Hospiz geben, ist das häufig ein gute Anlauf-Adresse. Die Ärzte, die dort arbeiten, machen meist auch Hausbesuche oder können Euch geeignete niedergelassene Ärzte empfehlen.

Auf jeden Fall solltet Ihr rechtzeitig einen Pflegedienst beantragen. Selbst wenn Eure Angehörigen jetzt noch viele Dinge alleine können (bspw. waschen, auf Toilette gehen), haben sie eventuell Anspruch auf Hilfe in der Haushaltsführung. Für die Einstufung werden viele Fragen gestellt. Ihr solltet bei diesem Termin unbedingt dabei sein. Und legt bloß keinen falschen Stolz an den Tag! Bei unserem belasteten Gesundheitssystem gehen sie mit den Einstufungen eh nicht großzügig um. Meine Mutter hat damals nur eine, ich glaube 2-stündige, Hilfe genehmigt bekommen, dabei konnte sie kaum noch allein zur Toilette gehen. Es war ihr wohl peinlich, zuzugeben, dass sie Hilfe benötigt und sie hat alles beschönigt und runtergespielt.

Von den Pflegerinnen könnt Ihr Euch vieles zeigen lassen, was vielleicht bei der Betreuung einmal notwendig wird. Wie Ihr Eurer Mutter und Schwiegervater am besten aus dem Bett helft beispielsweise, wie Ihr sie beim Gehen stützen könnt, an welchen Stellen Ihr sie mit einer fetthaltigen Creme einreiben solltet, damit sie sich nicht wund liegen u.ä.

Das hört sich jetzt alles ganz furchtbar an, ich weiß. Hoffentlich braucht Ihr dieses Wissen noch ganz lange nicht, aber Ihr solltet Euch bereits jetzt informieren. Denn aus eigener leidvoller Erfahrung weiß ich, dass in unserem Gesundheitssystem nichts von heute auf morgen geht.

Ich wünsche Euch und Euren Familien ganz viel Kraft

Josefine
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