Thema: Hoffnung
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Alt 06.12.2005, 04:24
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Jutta Jutta ist offline
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Standard Hoffnung

Wie viele von den Usern wissen, hat es mich und meine Familie knüppeldick erwischt. Ich habe fast meine gesamte Familie (vorige Generation) an Krebs, beide Eltern innerhalb kurzer Zeit, so wie meine allerbeste Freundin, verloren.

Mein Mann bekam dieses Jahr seine Krebsdiagnose, welche aber in einem frühen Stadium entdeckt und entfernt werden konnte. Ich selbst leide seit Jahren unter einem vererbten Gendefekt, der immer wieder gut- wie auch bösartige Tumore produziert.

So schwer dieses Schicksal auch wiegt, habe ich meine ganze Kraft darauf verwendet, mir meine Lebensfreude nicht nehmen zu lassen. Es ist nicht immer einfach, aber mit einem großen Willen und einem deutlichen JA zum Leben konnte ich viele Hürden überwinden.

Die Krankheit, die Trauer und der Schmerz durften nie den Hauptanteil meines Lebens und meines Tages einnehmen. Ich suchte mir neue Menschen in meinem Umfeld, mit denen ich lachen und unbeschwert sein konnte, aber auch wenn notwendig ernste Gespräche führen kann. Morgens stehe ich wohl auf, und bin dankbar meine Beine noch über den Bettrand schmeißen zu können, meine erste Tasse Morgenkaffee zu machen. Habe meinen Lebensstil (außer was nicht anders ging) nicht wirklich verändert, sondern nur angepaßt.

Eines habe ich allerdings gelernt, unwichtige Dinge von den für mich wichtigen zu trennen. Wo ich früher in die Luft ging, kann ich heute nur noch ein Hauch von Lächeln rausschinden. Ich freue mich auf kommende Ereignisse, auch wenn es heißt z.B. wieder ein Jährchen mehr auf dem Gesicht, eine Falte mehr, einige graue Haare nachgewachsen. Sage dann, schön, daß ich sie alle noch erlebe. Suchte mir ehrenamtliche Betätigungsfelder, wo ich meine persönlichen Erfahrungen und mein Mitfühlen an andere Menschen weitergeben kann, Dinge die mich ausfüllen, die mir weniger Zeit zum Grübeln lassen und welche mich fordern.

Und das Allerwichtigste habe ich nie aufgegeben, die Hoffnung. Sie gibt mir unendlich viel Kraft das Leben soweit zu genießen wie die Krankheit es zuläßt, zu leben und zu erleben. Zu hoffen, daß ich irgendwann meine Kinder das Haus verlassen sehe, am Taufbecken meiner Enkel stehen werde, und vielleicht noch ihre Einschulung erleben darf. Die Hoffnung den kommenden Tag so zu nehmen, wie er sich mir bietet und das Allerbeste daraus zu machen. Mich nicht zu ärgern über Dinge, die ich sowie so nicht ändern kann, aber Dinge zu ändern, deren Verlauf in meinen Händen liegt.

Hoffnung auf noch so kleine Dinge zu legen, die man im Alltag zu schnell vergißt und übersieht. Leben, fühlen, erleben, was an Möglichkeiten mir bleibt, und das mit der größten Intensität, die in meiner Seele schlummert.

Ich werde und kann die Hoffnung und meinen unbeugsamen Optimismus für das Leben nie aufgeben.
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Jutta
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