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Alt 14.08.2001, 23:10
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Standard Hiobsbotschaft

Hallo Biljana,

herzlichen Dank für deine schnelle Antwort. Ja, ich habe deine früheren Mails gelesen, und es tut mir sehr leid, dass dein Vater seinen Kampf nicht gewinnen konnte. Umso mehr bewundere ich dich, dass du hier immer wieder aufmunternde Worte findest!

Nein, ICH werde die Hoffnung noch nicht aufgeben, deswegen suche ich ja im Internet nach Informationen oder Kontakten mit anderen, die in einer ähnlichen Situation sind. Aber was tue ich, wenn mein Vater aufgibt?!

Er hat sich früher eigentlich immer durchgesetzt, und war eine starke Persönlichkeit - aber dem Krebs gegenüber ist er völlig hilf- und wehrlos und apathisch.

Die Therapie läßt er über sich ergehen, ohne wirklich daran zu glauben; wir versuchen alle ihm Mut zu machen, aber er winkt nur ab; er versucht nichtmal, sich über den Krebs oder Therapien zu informieren, wahrscheinlich weiß ich über seine Diagnose besser Bescheid als er, weil er den Arztbrief nie liest. Wenn er mit den Ärzten spricht, hört er nur "der Tumor ist weiter gewachsen", und danach macht er dicht und hört nicht weiter zu. Er gibt jegliche Verantwortung ab und hätte am liebsten, dass wir alle Termine für ihn machen und mit den Ärzten sprechen, aber nur er kann ihnen doch sagen, wie es ihm geht. Ja, er hört sehr genau auf seinen Körper und vor allem auf seine Schmerzen, so sehr, dass er nur noch die Schmerzen spürt und gar nicht richtig merkt, dass es ihm abundzu auch besser geht.

Verstehe mich nicht falsch, das klingt vielleicht alles sehr verständnislos seiner Situation gegenüber. Natürlich geht es ihm oft schlecht, und natürlich hat er Schmerzen. Aber sehr viel dürfte auch psychisch bedingt sein: es kommt oft vor, dass er auf der Couch sitzt und nach Luft ringt und kaum atmen kann - und dann klingelt es, es kommt Besuch für ihn, und von einer Sekunde auf die andere lacht er und läuft Treppen und beim Sprechen scheint er keine Atemschwierigkeiten mehr zu haben! Wenn man ihn darauf anspricht, wird er aggressiv, wir würden ihn nicht ernst nehmen. Aber das kann doch nicht nur alles Show nach außen sein, oder? Ich verstehe ja, dass er sich in der Familie mehr fallen lassen kann, aber wenn es ihm in der Familie scheinbar immer nur schlecht geht?

Ich bin mir auch nicht bewußt, dass wir ihn vielleicht falsch anfassen: Wir versuchen, so "normal" wie möglich mit ihm umzugehen, den Krebs nicht unser Leben beherrschen zu lassen - aber wenn er reden will, dann reden wir auch drüber. Ich wohne nicht bei meinen Eltern, aber wenn sie mich brauchen, bin ich da. Wie gestern nach der letzten CT - Anruf genügt. Was kann ich denn noch tun?

Es ist so deprimierend: die ganze Familie will kämpfen - aber der einzige, der wirklich kämpfen muss und der etwas bewirken kann - der gibt auf. Vom Kopf her WEISS er, dass eine positivere Einstellung ihm helfen würde, das sagt er sogar selbst - aber er kann es nicht ändern und verharrt in Apathie und Depression - Hilfe von außen mag er aber auch nicht annehmen.

Ich weiss nicht, ob du einen tipp hast, da dein Vater ja wohl eher das Gegenteil war - aber es tut schon einfach gut, sich mal bei jemandem ausgeheult zu haben.

Dir alles Gute und danke für dein Ohr,
liebe Grüße
Janka.
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