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Alt 15.05.2018, 17:15
hierfalsch hierfalsch ist offline
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Standard AW: Klatskin-Tumor

Liebe Julsch,

tja...

Also ich kenne natürlich Deinen Vater nicht. Aber das Argument "Die Medikamente sind teuer und die Ärzte werden schon wissen was sie tun" würde ich in der Weise nicht unterschreiben.

Sieh es dochmal so:

Wenn die Ärzte zu Deinem Vater: "Wir wissen nicht, ob die Medikamente Ihnen helfen, dafür sind sie zu teuer, sterben Sie halt" sagen würden, wärst Du (mit Recht!) stinksauer.
Es ist nicht der Job der Ärzte Geld zu sparen. Es ist auch nicht der Job der Ärzte abzuwägen, was das Leben wert ist. (Was, wenn Du für 1 zusätzliche Minute mit Deinem Vater Dein gesamtes Hab und Gut abgeben müsstest? Was wenn Dein Vater in dieser Minute furchtbare Schmerzen hätte? Was wenn... ich denke es GIBT einen Punkt wo man "eigentlich" sagen "müsste" dass es nicht lohnt, dies "nur" ethisch nicht vertretbar ist, weswegen es keiner laut sagt... ) Es ist auch nicht der Job der Ärzte abzuwägen, was Dein Vater für wieviel Lebenszeit ertragen kann und ertragen will.
Es ist der Job der Ärzte das Leben Deines Vaters zu verlängern. Punkt. Mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen. Punkt.
Ob man das WILL muss jeder selbst entscheiden. Wie sollen das die Ärzte beurteilen können?

Ich hab meine Chemotherapie ausgesprochen schlecht vertragen, die Frage was ich nach meiner eigenen Chemotherapie Erfahrung täte ist daher kein Maßstab.

Aber was ich WIRKLICH glaube. Das ist, dass es so einfach wie "Es lohnt sich IMMER zu kämpfen, es gibt noch was, wir nehmen es, Punkt." nicht ist. Weil es eben auch wichtig ist, die Lebenszeit, DIE man hat mit Leben zu füllen.

Es tut mir leid das sagen zu müssen, aber Dein Vater klingt nicht gut. Eine Chemotherapie ist kein Kurzurlaub und die Frage "Sind die Chancen, die die neue Chemo ihm bringt es wert, dass er sich erstmal deutlich schlechter fühlt?" rückt dadurch noch mehr in den Vordergrund.

Meine Mutter hat gekämpft bis zum letzten. Ich wünschte, ich hätte damals das Wissen und die Größe gehabt ihr zu sagen, dass es genug ist. Ich wünschte, ich hätte sie nach Hause geholt, wo sie im Garten hätte sitzen können. Ich wünschte... Ich wünschte, ich hätte damals nicht gedacht wie Du jetzt denkst...

Ob die Situationen vergleichbar sind? Nein, natürlich nicht. Das sind sie doch nie. Meine Mama war was besonderes, Dein Vater ist was besonderes, jeder Krebs ist anders, die Situation war anders und es ist Jahre her. Dies ist auch kein Rat, hey, woher sollte ICH wissen, was für Euch richtig ist? Keine blasse Ahnung!!!

Aber die FRAGE. DIE zu stellen halte ich für wichtig. WIRKLICH zu stellen, nicht "Die Ärzte werden es schon richten". Frage: WILL man noch eine Chemotherapie machen? Oder nicht?
Die Ärzte sind nicht diejenigen, die sich das Gift in den Körper laufen lassen. Die Ärzte hängen nicht überm Klo, die Ärzte müssen da nicht durch. Die Ärzte können diese Frage nicht beantworten!!!
Ich verrate Dir etwas, was ich auf die harte Tour gelernt habe:
Es gibt ZWEI Antwortmöglichkeiten auf die Frage, ob man noch eine Chemotherapie macht oder nicht. Es gibt für BEIDE pro und contra Argumente. Man muss abwägen und man muss damit leben. In BEIDEN Fällen.

Die richtige Entscheidung und eine möglichst lange möglichst gute Zeit wünsche ich Euch!!!
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