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Alt 28.08.2007, 16:10
chaosbarthi chaosbarthi ist offline
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Standard AW: Darmkrebs bei meinem Mann - bin hilflos - Fragen

Hi Nette,

Darmkrebs mit 42 kann auch ein Hinweis auf den erblichen Krebs HNPCC sein (Durchschnittsalter des Auftretens liegt bei 45). Gibt es weitere Krebsfälle in der Familie Deines Mannes (auch andere Tumorarten)? Zudem gibt es beim HNPCC auch spontanmutationen, d. h. er könnte auch der Erste in der Familie sein. Wird das Tumorgewebe darauf untersucht?

Der Krebs in jungen Jahren ist selten aggressiver (jedenfalls beim HNPCC nicht). Polypen entarten zwar schneller und es gibt häufig Folgetumoren, Rezidive und auch andere Tumorarten, aber insgesamt ist die Prognose dennoch viel besser, weil diese Krebsform seltener streut und zumeist gut operiert werden kann.

Über das "Nichtreden" mache dir mal keine Gedanken. Das ist ganz normal. Das hatte ich auch. Mir gingen Menschen (auch meine Liebsten) sehr auf den Zeiger, wenn sie in einer Tour geredet haben. Sei einfach da. Das reicht. Man muss nicht reden.

Ich weiß nicht, wie es Deinem Mann gerade ergeht. Bei mir war es so, dass ich mich irgendwie neu positioniert habe im Leben. Der ganze Alltagskram war plötzlich total unwichtig. Ich konnte nicht einmal verstehen, dass man darüber Worte verliert. Wenn mir Gespräche aufgedrückt wurden, war ich auch nicht immer freundlich. Ich spürte die Nähe des Todes, sah mich mit ihm konfrontiert und alles Andere verblasste daneben. Ein Hauch dessen hat mich bis heute - 2 Jahre später - nicht verlassen. Ich kann immer noch stundenlang schweigend dasitzen. Mitunter brauche ich das geradezu. Und nachdem ich jetzt 3x wirklich fast gestorben wäre, ist Vieles, was mich früher begeisterte, auch unwichtig für mich geblieben. Wer mit wem und warum, welches Essen, wer macht gerade was... alles völlig uninteressant. Was mir immer noch wichtig ist, ist der Zusammenhalt der Familie, das Wohlergehen meiner Kinder und mein persönliches Bestehen am Arbeitsplatz.

Ich weiß nicht, ob es Deinem Mann genauso geht. Gebe ihm einfach Zeit. Ich habe mich oft genötigt gesehen, etwas zu sagen, weil es eingefordert wurde. Glücklich hat mich das nicht gemacht und geholfen hat es mir auch nicht. Es braucht einfach Zeit, bis man als Betroffener mit der Situation umgehen kann und ins Leben zurückfindet.

Es ist für dich doppelt schwer, das weiß ich. Ich habe meinen Vater an den Darmkrebs verloren und kenne beide Positionen. Meine Meinung: Der Angehörige hat es schwerer. Der Kranke selbst, positioniert sich irgendwann und kann damit umgehen... die Lieben sind unsicher, voller Fragen, wissen nicht, was sie tun sollen und nie fragt einer nach deren Wohlergehen. Denke immer auch an Dich und tue dir etwas Gutes. Gebe Deinem Mann Zeit, seinen weiteren Weg zu finden und versuche, die gemeinsame Basis neu herzustellen.

Meinem Mann ist das gut gelungen, doch hat er so viel mehr leiden müssen als ich selbst als Betroffene, dass er auch heute noch völlig fertig ist, wenn über diese Anfangszeit gesprochen wird. Ich kann dir eigentlich nur diese Tipp sgeben: Fühle Dich nie durch sein Verhalten angegriffen, egal was er sagt, denn Du bist nicht wirklich gemeint. Gebe der Situation Zeit und sei einfach nur da, denn es wird irgendwann wieder besser.

LG chaosbarthi
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Sigmacarcinom 2005 (T4, G3, alles andere 0, HNPCC), Ileostoma

Nicht die Dinge selbst, sondern nur unsere Vorstellungen über die Dinge machen uns glücklich oder unglücklich.
(Epiktet, griech. Philosoph, 50-138)
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